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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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Rest vergessen. Ich habe mir was überlegt. Ich mache deine Stirn ganz heiß und lasse sie ihn anfassen …«
    »Nein.«
    »Keine Sorge, ich verbrenne dich schon nicht …«
    Sie hat es nicht kapiert. »Er soll mich nicht anfassen.«
    »Ach so«, sagt Ma. »Nur einmal, versprochen, und ich bin gleich neben dir.«
    Ich schüttele weiter meinen Kopf.
    »Doch, das könnte klappen«, sagt sie. »Vielleicht könntest du dich an den Heizungsschlitz legen …« Sie kniet sich hin und tut ihre Hand unter Bett neben Bettwand, dann runzelt sie die Stirn und sagt: »Nicht heiß genug. Vielleicht … ich könnte dir ja, kurz bevor er kommt, einen Beutel mit ganz heißem Wasser auf die Stirn legen. Du liegst im Bett, und wenn wir hören, dass die Tür piep piep macht, verstecke ich den Wasserbeutel.«
    »Wo?«
    »Spielt doch keine Rolle.«
    »Spielt doch eine Rolle.«
    Ma sieht mich an. »Du hast recht. Wir müssen an jedes Detail denken, damit nichts unseren Plan vermasselt. Ich lasse den Beutel mit dem heißen Wasser unters Bett fallen, okay? Und wenn Old Nick dann deine Stirn fühlt, ist sie superheiß. Sollen wir das mal probieren?«
    »Mit dem Wasserbeutel?«
    »Nein, leg dich erst mal nur ins Bett und versuch, ganz labberig dazuliegen, so wie bei Toter Mann.«
    Das kann ich richtig gut, mit runterhängendem Mund und so. Sie tut so, als ob sie er ist, mit ganz tiefer Stimme. Sie legt mir ihre Hand über die Augenbrauen und sagt ganz knurrig: »Mann, ist das heiß.«
    Ich muss kichern.
    »Jack!«
    »Tut mir leid.« Jetzt liege ich mucksmäuschenstill da.
    Wir üben noch ewig weiter, bis ich irgendwann keine Lust mehr habe, krank zu spielen, und Ma lässt mich aufhören.
    Zum Abendessen gibt es Hotdogs. Ma isst von ihrem gar nicht viel. »Also, kannst du jetzt den Plan?«, fragt sie.
    Ich nicke.
    »Sag ihn mir.«
    Ich schlucke das letzte Stück von meinem Brötchen runter. »Krank, Laster, Krankenhaus, Polizei, Ma retten.«
    »Prima. Und bist du jetzt so weit?«
    »Wofür?«
    »Für unsere spannende Flucht. Heute Abend.«
    Ich wusste gar nicht, dass es schon heute Abend ist. Ich bin gar nicht so weit. »Warum heute Abend?«
    »Ich will nicht mehr länger warten. Wo er jetzt schon den Strom abgeschaltet hat …«
    »Aber er hat ihn doch gestern Abend wieder angeschaltet.«
    »Ja, nach drei Tagen. Und Pflanze war tot, weil es so kalt gewesen ist. Und wer weiß, was er morgen macht?« Ma steht mit ihrem Teller auf, sie schreit beinahe. »Er sieht vielleicht aus wie ein Mensch, aber in ihm drin ist gar nichts.«
    Ich kapiere nicht. »Wie ein Roboter?«
    »Noch schlimmer.«
    »Einmal war bei Bob der Baumeister so ein Roboter, der …«
    Ma platzt dazwischen. »Weißt du, wo dein Herz ist, Jack?«
    »Bumm bumm.« Ich zeige auf meine Brust.
    »Nein, ich meine das, womit du fühlst, wo du traurig bist oder ängstlich oder lachst und solche Sachen.«
    Das ist weiter unten, ich glaube, in meinem Bäuchlein.
    »So was hat er nicht.«
    »Ein Bäuchlein?«
    »Etwas, womit man fühlt«, sagt Ma.
    Ich gucke mein Bäuchlein an. »Was hat er denn sonst da?«
    Sie zuckt die Achseln. »Einfach ein Loch.«
    Wie ein Krater? Aber Krater sind Löcher, wo mal was passiert ist. Was ist passiert?
    Ich verstehe immer noch nicht, warum wir den listigen Plan schon heute Nacht machen müssen, nur weil Old Nick ein Roboter ist. »Können wir es nicht an einem anderen Abend machen?«
    »Na gut«, sagt Ma und lässt sich in den Stuhl fallen.
    »Okay?«
    »Ja.« Sie reibt sich die Stirn. »Es tut mir leid, Jack. Ich weiß, dass ich dir zu viel auf einmal zumute. Ich selbst hatte ja einen Haufen Zeit, über alles nachzudenken, aber für dich ist das alles ganz neu.«
    Ich nicke wie verrückt.
    »Die paar Tage mehr spielen wohl auch keine Rolle mehr. Außer ich gebe ihm wieder einen Grund, sauer zu sein.« Sie lächelt mich an. »Vielleicht in zwei Tagen?«
    »Vielleicht wenn ich sechs bin.«
    Ma starrt mich an.
    »Genau, wenn ich erst sechs bin, dann bin ich auch so weit. Dann trickse ich ihn aus und wir gehen ins Draußen.«
    Sie tut ihr Gesicht auf ihre Arme.
    Ich ziehe an ihr. »Nicht.«
    Als sie wieder hochkommt, hat sie ein Angstgesicht. »Du hast doch gesagt, du wärst mein Superheld.«
    Ich glaube nicht, dass ich das gesagt habe.
    »Willst du denn gar nicht fliehen?«
    »Doch. Nur nicht wirklich.«
    »Jack!«
    Ich linse nach dem letzten Bissen vom Hotdog, aber eigentlich will ich ihn nicht. »Können wir nicht einfach dableiben?«
    Ma schüttelt

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