Raumfahrergarn
ihre Suche Erfolg gehabt hatte, war sie doch traurig, daß sie Tee verlassen mußte. Sie paßten nicht nur körperlich zusammen, sie fühlten sich auch wohl beieinander. Sie und Tee waren mit den Vorlieben, Sehnsüchten und Gefühlen des anderen so vertraut wie zwei Menschen, die ihr ganzes Leben miteinander verbracht hatten. Sie war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, eine Suche zu beenden, die sie vor Jahren begonnen hatte, und der Sehnsucht, bei dem Mann zu bleiben, der sie liebte. Wenn es nur eine Möglichkeit gäbe, daß er sie begleiten könnte … Er wollte ihr die Chance nicht nehmen, ihr Leben nach den Erfahrungen im Kälteschlaf neu zu ordnen, und sie durfte ihm die Chance nicht nehmen, seines neu zu ordnen. Er hatte so hart gearbeitet und so viel verloren. Lunzie fühlte sich schon schuldig bei dem Gedanken, ihn zu fragen, ob er sie begleiten wollte. Aber sie liebte ihn auch und wußte, wie sehr sie ihn vermissen würde.
Sie verlagerte ihr Gewicht von seinem Arm und rollte in etwas Hartes, das sich in den Falten der zerwühlten Bettdecke versteckte. Neugierig schlug sie die Decke zurück und fand die Weinflasche.
»Ah, ja. Ein Cetus, Jahrgang 2755. Dein Geburtsjahr, glaube ich. Diesen Jahrgang sollte man frühestens nach achtzig Jahren trinken.«
»Wo sind die Gläser?« fragte Lunzie. »Ein solcher Wein hat Kristallgläser verdient.«
»Wir trinken aus der Flasche«, antwortete Tee und drückte Lunzie wieder an sich. »Ich rühre mich nur von der Stelle, um dir ein wunderbares Festessen aus all den Zutaten zu kochen, die ich auf dem Heimweg mitgebracht habe.«
Er ließ sich in die Kissen zurücksinken und fuhr mit den Fingerspitzen ihr Kinn entlang. Lunzie träumte mit offenen Augen und genoß die Berührung. Plötzlich schoß ihr ein Gedanke durch den Kopf. »Weißt du«, sagte sie und stützte sich auf den Ellbogen auf, »vielleicht sollte ich als Bordärztin nach Alpha Centauri fliegen. Auf diese Weise könnte ich einen Großteil der Reisekosten sparen.«
Tee tat so, als sei er schockiert. »Wie kannst du in einem solchen Moment an Geld denken? Frau, du hast keine Seele, kein Gefühl für Romantik.«
Lunzie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »O doch.« Sie seufzte. »Tee, ich werde dich furchtbar vermissen. Es könnte Jahre dauern, bis ich zurückkomme.«
»Ich werde hier warten und mich von Herzen auf dich freuen«, sagte er. »Ich liebe dich. Weißt du das etwa nicht?« Er öffnete die Weinflasche und bot ihr den ersten Schluck an. Dann trank er und beugte sich hinüber, um ihr einen Kuß zu geben, der nach Wein schmeckte.
Sie liebten sich noch einmal, aber langsamer und behutsamer. Für Lunzie war jetzt jeder Augenblick kostbarer und wichtiger als der vorhergehende. Sie prägte sich das Gefühl ein, von Tee sanft berührt zu werden, das zunehmende Verlangen seiner Berührungen, sein heißes Begehren, das ihres weckte.
»Es tut mir leid, daß wir uns nicht unter anderen Umständen kennengelernt haben«, sagte Lunzie traurig, als sie hinterher ruhig nebeneinander lagen. Die Weinflasche war leer.
»Ich bedaure nichts. Wenn du die EEC nicht gebraucht hättest, dann hätten wir uns nie kennengelernt. Ich bin Fiona dankbar dafür, daß sie dich mir in die Arme getrieben hat. Wenn du zurückkommst, können wir für immer zusammenbleiben«, schlug er vor. »Und nicht nur das. Ich würde gern ein Kind mit dir großziehen. Oder zwei.«
»Weißt du, ich habe mir immer noch ein paar Kinder gewünscht. Jetzt hört sich das lächerlich an, weil mein einziges Kind über siebzig ist. Ich bin aber noch nicht zu alt dafür.«
»Es bleibt genug Zeit, wenn du zu mir zurückkommst.«
»Ich werde zurückkommen«, sagte Lunzie. »Sobald mit Fiona alles geregelt ist, komme ich zurück. Dr. Root will sich dafür aussprechen, daß ich eine niedergelassene Ärztin werde – das heißt, wenn er noch mit mir redet, nachdem ich mich vor einer Schicht gedrückt habe!«
»Wenn er die Wahrheit wüßte, würde er dir verzeihen. Soll ich uns ein Abendessen machen?«
»Nein. Ich bin zu faul, um mich zu bewegen. Halt mich fest.«
Tee zog Lunzies Kopf an seine Brust, und sie entspannten sich gemeinsam. Als Lunzie gerade einnickte, knatterte das Komgerät leise vor sich hin. Sie setzte sich auf und wollte den Anruf entgegennehmen.
»Geh erst morgen früh wieder dran«, sagte Tee und zog sie ins Bett zurück. »Vergiß nicht, du hast eine dringende Familienangelegenheit zu erledigen. Ich habe
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