Raumschiff 2 - Nancia
Pilotensessel sinken.
»Kann ich mich auf Sie verlassen?«
Nancia sah und hörte zu, ohne sich in das Gespräch
einzumischen. Bei ihrer früheren Begegnung hatte sie die Generalin Questar-Benn zwar gemocht, aber jetzt meinte sie, daß sie Forister zu sehr in die Enge trieb. Zum ersten Mal, seit er an Bord gekommen war, sah er so alt aus, wie er tatsächlich war. Das spitzbübische Funkeln, das sein Gesicht für Nancia so vertraut gemacht hatte, war verschwunden. Natürlich, begriff sie, deshalb hatte sie ja auch das Gefühl gehabt, Forister bereits zu kennen! Es lag nicht nur an seiner früheren Reise nach Charon. Es war das Funkeln in seinen Augen, als er sich summend in die Sommerlanddateien hineinhackte. Der rothaarige junge Blaize hatte genau den gleichen Ausdruck gehabt, als er Unheil ausheckte.
Doch Forister verfügte über jene Integrität, an der es Blaizes Charakter so katastrophal mangelte. Er hatte nicht versucht, Fassas Geschichten, die seinen Neffen belasteten,
wegzudiskutieren, und nun würde er sich auch nicht vor der Pflicht drücken, diese Geschichten zu bestätigen.
»Sie müssen nicht mit uns kommen«, teilte Micaya ihm mit.
»Wir können diesem Schiff auch einen anderen Piloten
zuweisen lassen. Sie haben sich eigentlich eine echte Kur verdient, nach dieser Geheimoperation in der
Sommerlandklinik…«
Forister hob den Kopf und musterte sie mit ausdruckslosen grauen Augen. »Im Sommerland haben Sie sämtliche Risiken auf sich geladen«, sagte er mit einer Stimme, die so gefühlsleer war, daß Nancia richtig nervös wurde. Sie schaltete ihre lokalen Sensoren auf eine höhere Verstärkungsstufe, bis sie den Puls an Foristers Schläfe pochen sehen konnte und das leise Klopfen seines Herzens. Der Mann stand eindeutig unter viel zu großem Streß.
»ICH WAR NUTZLOS«, ertönte seine verstärkte Stimme
krachend, und Nancia stellte hastig wieder eine normale Sensorstufe her, während ihre Nervenenden von dem
krächzenden Geräusch schmerzten. »Ich konnte ja nicht einmal Computeraufzeichnungen ausfindig machen, die Sie unterstützt hätten. Wenn überhaupt jemand einen Erholungsurlaub
verdient hat, Mic, dann sind Sie es. Und wenn irgend jemand die Unehrenhaftigkeit meines Neffen beweisen muß«, endete er matt, »dann will ich es sein. Wir werde die Sache nicht in der Familie behalten können, das weiß ich, aber ich muß genau wissen, was er getan hat und wie wir es wieder gutmachen können.«
»Es ist nicht gut, persönlich in seine Fälle involviert zu sein«, murmelte die Generalin Micaya Questar-Benn. »Das ist die erste Regel der Akademie.«
Forister richtete sich auf. »Nein. Die erste Regel lautet… zu dienen. Das ist alles, worum ich Sie bitte. Um eine Gelegenheit zu dienen, Wiedergutmachung zu leisten, falls das möglich ist.
Außerdem«, fügte er mit einer leisen Andeutung seiner alten Heftigkeit in der Stimme hinzu, »werden Sie auf dieser Seite des Subraums Bellatrix keinen anderen Piloten finden.«
»Ach, kommen Sie«, konterte Micaya. »Diese Leute mit der Pilotenausbildung überschätzen sich immer selbst. Ich wette, es wird allein im Subraum Wega mindestens ein halbes
Dutzend qualifizierter Piloten geben.«
Forister versteifte sich. »Keine, die für die neuen
hyperchipbestückten Gehirn-Schiffe qualifiziert sind. Unsere Nancia verfügt nämlich über diese Aufrüstung, nicht wahr, meine Liebe?« Wie immer richtete er beim Sprechen den Blick auf die Titansäule.
»Meine unteren Decksensoren und die
Hecknavigationsinstrumente sind mit Hyperchips bestückt«, teilte Nancia ihm mit, »und ich verwende auch einige davon in den Prozessorbanken. Ich stehe für die restlichen schon auf der Warteliste.«
»Sehen Sie«, sagte Forister zu Micaya. »Sie brauchen mich also. Und ich – muß das erledigen.«
»Sie brauchen diesen Auftrag ungefähr so sehr wie ich eine neue Prothese«, brummte Micaya, nahm aber mit einer
resignierten Miene Platz. »Und wie soll das so plötzlich kommen, daß Sie ausgerechnet für die neuen Chipschiffe qualifiziert sind? Sie sind doch CenDip seit…«
»… seit mehr Jahren, als es jedem von uns zu zählen lieb sein kann«, unterbrach sie Forister. »Und außerdem heißt es Gehirn-Schiffe, Mic, nicht ›Chipschiffe‹. Wir wollen unsere Dame doch nicht beleidigen.«
»Das ist schon in Ordnung«, warf Nancia ein. »Ich bin nicht beleidigt.«
»Aber ich bin es«, konterte Forister. Er atmete tief durch und richtete sich auf. Nancia konnte es
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