Raumschiff 2 - Nancia
Aufzeichnungen über Meta-und Hyperchiptransaktionen der vergangenen fünf Jahre
irgendwelche Spuren seiner kriminellen Aktivitäten zu finden sein – denn sie konnte sich nicht vorstellen, daß er den Plänen gänzlich entsagt hatte, die er während ihres Jungfernflugs angekündigt hatte. Nicht Polyon de Gras-Waldheim.
Nicht einmal der Zugang zum Netz wurde immer in
Sofortzeit hergestellt, vor allem dann nicht, wenn man sämtliche zur Verfügung stehenden öffentliche
Aufzeichnungen über Verkauf, Transfer oder Gebrauch von Hyperchips in der bekannten Galaxie abrief und
zusammenstellte. Und so verzögerte Nancia und hoffte darauf, daß ihre Passagiere nicht bemerken würden, wie lange ihre Reise dauerte.
Zum Glück schienen sie alle ihre eigenen Sorgen zu haben.
Fassa, Alpha und Darnell wurden in separaten Kabinen
festgehalten und beschäftigten sich jeder auf seine Weise mit den langen Einzelhaftstrafen, die nun vor ihnen lagen. Alpha erbat sich medizinische und chirurgische Fachzeitschriften aus den Netzbibliotheken und studierte das technische Material, das Nancia dort für sie abrief, mit intensiver Konzentration, als glaubte sie, irgendwann einmal Erlaubnis zu erhalten, wieder in ihrem eigentlichen Beruf arbeiten zu dürfen. Nicht, wenn es nach mir geht, schwor sich Nancia. Doch in Wirklichkeit hatte sie auch nicht viel zu sagen. Sie konnte ihre Aussage
aufzeichnen und die Bilder, die sie über die Kontaktknöpfe empfangen hatte, und dieses Beweismaterial würde bei Alphas Prozeß verwendet werden. Danach würde es jedoch bei den Normalpersonen liegen, die auf den Zentralwelten die hohen Gerichte besetzten. Die meisten stammten aus Hochfamilien; die Hälfte von ihnen hatte irgendeine Verbindung,
verwandtschaftlicher oder finanzieller Art, mit dem Hezra-Fong-Klan. Alpha könnte durchaus ungeschoren
davonkommen – vielleicht nicht sofort, aber vielleicht in fünf oder zehn oder zwanzig Jahren, ein bloßer Augenblick im Leben eines Mädchens aus den Hochfamilien, das kaum
dreißig chronologische Jahre hinter sich hatte und Zugang zu den allerbesten Verjüngungstechnologien besaß, um ihre Lebensspanne auf bis zu zweihundert Jahre zu verlängern.
Das ist nicht meine Entscheidung, erinnerte sich Nancia und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die beiden anderen. Als Sicherheitsmaßnahme ließ sie rund um die Uhr ihre
Kabinensensoren eingeschaltet, versuchte aber, ihnen nicht allzuviel Beachtung zu schenken, sofern nicht die
Sensorrezeptoren aufblitzten, um ungewöhnliche Aktivitäten zu melden.
Darnells Aktivitäten waren durchaus gewöhnlich, dachte Nancia, für jemanden, der mit den erbärmlich eingeschränkten Sinnesrezeptoren einer Normalperson gestraft war. Er hatte Smaragd-Sekt verlangt, rigellianisches Räucherhuhn und einen Satz von Dorg Jesens Pornhedra; Nancia hatte ihm statt dessen nichtalkoholisches Bier, Synthogeflügelscheiben und die Hedra geliefert, von denen Forister ihr mitgeteilt hatte, daß sie unter den in ihrer Bibliothek vorhandenen Werken Pornos am nächsten kämen. Darnell verbrachte den größten Teil seiner Zeit damit, auf der Koje zu liegen, Synthogeflügel und kandierte Kleiekuchen mit dem Bier herunterzuspülen und sich das Remake eines Romans von der Alten Erde immer und
immer wieder anzuschauen. Nancia konnte nicht begreifen, was er an den datengespeicherten Abenteuern dieses Tom Jones fand, aber schließlich ging es sie ja auch nichts an.
Blaize war in der Kabine gegenüber von Darnell
untergebracht. Nach einem heftigen Streit darüber, wer denn nach »seinen« Loosies schauen sollte, während man ihn zur Zentrale zurückbrachte, hatte ihn Nancias Versprechen
beschwichtigt, dafür zu sorgen, daß sich ihre Schwester Jinevra persönlich darum kümmerte, wen man als Ersatz für ihn nach Angalia schickte. »Eins muß man der Perez-Linie lassen, sie sind alle hoffnungslos ehrlich«, meinte er resigniert. »Jinevra mag zwar nicht kreativ sein, aber wenigstens wird sie nicht zulassen, daß dieses Schwein von Harmon sie wieder an die Angel bekommt. Ist dir klar, daß meine ganze Arbeit
vergebens war, wenn die diesjährige Ernte ausbleibt?«
»Das ist mir klar«, antwortete Nancia geduldig. »Vertraue nur auf Jinevra.« Und als sie einen allgemeinen Netzruf an Jinevra abschickte, um ihrer Schwester die Situation zu erklären, fragte sie sich schuldbewußt, inwieweit sie sich überhaupt von den Bälgern der Hochfamilien unterschied. Papi hatte seine Beziehungen spielen
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