Raumschiff 2 - Nancia
lassen, um ihr diesen Auftrag zuzuschanzen, jetzt forderte sie einen Gefallen für ihre Kurierdienste ein, was wiederum bei ihrer Schwester
Schuldgefühle auslösen sollte, damit sie sich in etwas einmischte, was man eigentlich dem normalen Dienstweg der PHD-Verwaltung hätte überlassen sollen.
Aber der ›normale Dienstweg‹ würde eben auch dafür sorgen, daß die Loosies nicht die Hilfe bekamen, die sie brauchten.
Nancia seufzte.
»Wird es denn nie eine Bürokratie geben, die einfach nur tut, was man von ihr erwartet, ohne gleich in Korruption und Ineffizienz zu versinken?« fragte sie Forister.
»Wahrscheinlich nicht«, erwiderte er.
»Du hörst dich an wie Simeon – der hat mir auch geraten, die Korruption zu akzeptieren, weil sie doch allgegenwärtig ist!«
Forister schüttelte den Kopf. »Nicht im geringsten. Ich rate dir lediglich, keine Energie darauf zu vergeuden, dich überrascht zu geben und dich von etwas schockieren zu lassen, was doch völlig berechenbar ist. Kein System, gleich wo es ist, ist vor menschlichem Versagen sicher. Wenn es das wäre«, er zwang sich zu einem müden Lächeln, »wären wir Computer.
Deine Hyperchips mögen zwar narrensicher sein, Nancia, aber der menschliche Teil von dir macht Fehler – und das tun wir eben alle. Glücklicherweise«, fügte er hinzu, »können
Menschen ihre Fehler aber auch erkennen und ausbügeln –
anders als Computer, die einfach nur immer weitermachen, bis sie abstürzen. Und wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich hätte gern für eine Weile Zugang zu deinem
Kommunikationssystem. Ich möchte nämlich sehen, was ich tun kann, um Blaize vor einem Absturz zu bewahren.«
Während Blaizes Erklärungen sie zwar alle auf emotionaler Ebene zufriedengestellt hatten, stand er doch noch immer vor einigen rechtlichen Problemen. Gleich wie edel seine
Motivation auch gewesen sein mochte, unterm Strich blieb doch die Tatsache, daß er PHD-Berichte gefälscht, PHD-Lieferungen auf dem Schwarzmarkt verkauft und die Profite auf sein persönliches Netzwerkkonto überwiesen hatte. Ihn auf Angalia zurückzulassen, während die anderen
zurücktransportiert wurden, damit ihnen der Prozeß gemacht wurde, wäre wirklich die übelste Form von Nepotismus
gewesen. Forister konnte nur dafür sorgen, daß sämtliche Fakten vor Gericht in Protokollform zur Verfügung standen –
nicht nur, wie Blaize an das Geld gekommen war, sondern auch, was er damit getan und wie er das Leben der Leute, denen zu helfen er entsandt worden war, damit verbessert hatte.
»Es sind nämlich Leute«, meldete Forister Blaize mit Befriedigung.
»Natürlich sind sie das! Hast du das denn nicht gemerkt?«
»Was ich geglaubt habe oder was du geglaubt hast, ist völlig irrelevant«, antwortete Forister. »Was zählt, ist die
Entscheidung CenDips. Und dort muß es mindestens einen intelligenten Mann geben, denn dein Bericht wurde bereits empfangen und umgesetzt. Seit gestern haben die Loosies den ILS. Und diese Entscheidung ist mit dem Handabdruck von keinem geringeren als dem Universalsekretär des CenDip, Javier Perez y de Gras, unterzeichnet.«
Nancia vernahm es mit großer Befriedigung und widmete
ihre Aufmerksamkeit dem letzten Häftling. Fassa verbrachte den größten Teil dieser Reise genauso, wie sie den Flug von Bahati nach Angalia zugebracht hatte: auf dem Kabinenboden zusammengekauert, die Arme um die Knie geschlungen, vor sich hinstarrend und die Tabletts mit Speisen ignorierend, die Nancia ihr aus dem Speiseschlitz spendete. Unberührte
Suppenschüsseln, Körbe mit Scheiben süßen Brots,
verlockende Fruchtpürees und Synthogeflügelscheiben in Glühsoße verschwanden wieder in den Recyclingtonnen, um zu neuen Kombinationen von Proteinen und Kohlehydraten und Fetten synthetisiert zu werden. Trotz Nancias Angeboten an Speisen oder Unterhaltung erwiderte Fassa jedesmal mit einem stumpfen »Nein, danke« oder »Es spielt keine Rolle«.
»Sie müssen aber etwas essen«, sagte Nancia zu ihr.
»Muß ich das?« Fassa schien auf irgendeine seltsame Weise amüsiert. »Nein, danke. Ich habe genug davon, daß mir
Männer sagen, was ich zu tun und wer ich zu sein habe.
Wen kümmert es schon, wenn ich irgendwann zu dürr bin, um noch für irgend jemanden attraktiv zu sein?«
»Ich bin kein Mann«, versetzte Nancia. »Mein einziges
Interesse an Ihrem Körper ist, daß ich nicht will, daß Sie krank werden, bevor…«
»Bevor ich meinen Prozeß antreten kann«, beendete
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