Raumschiff 2 - Nancia
Aussicht.«
»Ich hatte nicht vor«, erwiderte Forister gefaßt, »Ihnen ein derartiges Angebot zu unterbreiten.«
Der Rhythmus der einstürzenden und sich neu ausbildenden Subräume ging ihnen langsam in Fleisch und Blut über.
Inzwischen störten Polyon die Zwangspausen beim Sprechen nicht mehr.
»Ich hatte eher an etwas wie Ihr eigenes Angebot gedacht«, fuhr Forister bei der nächsten Gelegenheit fort. »Geben Sie Nancias hyperchipgestützte Computersysteme frei, dann wird sie uns aus der Singularität herausbringen – und Sie werden überleben.«
»Wie haben Sie das erraten?«
Forister wirkte überrascht. »Logische Schlußfolgerung. Sie haben die Hyperchips entwickelt. Sie haben mich mit einem Trick dazu gebracht, ein Programm zu aktivieren, das Nancias Computersystemen etwas antat. Die Fehlerprotokolle, die ich gerade las, bevor Sie hereinkamen, wiesen genau auf jene Bereiche, wo sie sich Hyperchips hat installieren lassen, nämlich im Unterdeck und im Navigationssystem. Seitdem haben Sie Stimmkontrolle über Micayas hyperchipgestützte Prothesen ausgeübt. Offensichtlich enthält Ihre
Hyperchipkonstruktion eine Hintertür, durch welche Sie persönlich jede Installation kontrollieren können, die mit Ihren Chips arbeitet.«
»Raffiniert«, meinte Polyon. »Aber nicht raffiniert genug, um Sie aus der Singularität zu bringen. Ich versichere Ihnen, daß ich nicht vorhabe, einem GehirnSchiff wieder die volle Rechenhoheit zu übertragen, das inzwischen wahrscheinlich verrückt geworden sein dürfte.«
»Wie kommen Sie darauf?«
Polyon hob die Brauen. »Wir wissen doch alle, was
sensorische Deprivation einem Schalenmenschen zufügen
kann, Forister. Muß ich wirklich noch Einzelheiten nennen?«
»Es braucht mehr als fünf Minuten in der Dunkelheit, um meine Nancia aus der Fassung zu bringen«, antwortete Forister nüchtern.
Polyon bleckte die Zähne. »Inzwischen, alter Mann, hat sie schon weitaus mehr als das hinter sich. Das erste, was mein Hyperchipwurm anstellt, ist ein Anschlag auf jegliche
Intelligenz, die an jene Computer angeschlossen ist, in denen er sich wiederfindet. Diese Reizüberflutung würde jeden Menschen dazu zwingen, die Verbindung sofort abzubrechen.
Ich fürchte, daß ›Ihre‹ Nancia, die dieser Verbindung leider nicht so leicht entfliehen kann, inzwischen völlig wahnsinnig geworden ist. Deshalb meine ich, daß Sie mir, sollten Sie überleben wollen, jetzt sofort den Rest des Zugangskodes nennen sollten.«
»Ich denke nicht«, erwiderte Forister gelassen. »In Ihrer Kalkulation steckt nämlich ein fataler Rechenfehler.«
Die Transitionsschlaufe erstickte jedes Gespräch für die endlose Dauer der verschlungenen, verschlauften Augenblicke des Durchtritts durch schrumpfende und verzerrte Räume.
Polyon ignorierte die Sinnestäuschungen der räumlichen Transformationen und dachte angestrengt nach. Als der
Normraum zurückkehrte, griff er aus seinem Sessel nach dem Solido von Nancia als junger Frau. Ganz gezielt und Foristers Gesicht dabei im Auge behaltend, ließ er das Solido aufs Deck fallen und zermalmte das zerbrechliche Material unter seinem Stiefelabsatz zu Scherben.
»Das ist alles, was von ›Ihrer‹ Nancia noch übrig ist, alter Mann«, sagte er. »Wollen Sie Ihre Liebe zu einer Frau, die niemals lebte, zu unser aller Tod werden lassen?«
Foristers Miene war schmerzerfüllt, doch als er sprach, klang es gelassen wie immer. »Meine… Gefühle… für Nancia haben mit dieser Angelegenheit nicht das geringste zu tun. Ihr Fehler ist viel fundamentalerer Art. Sie glauben, daß ich es eher zuließe, Sie freizusetzen, um das Universum Ihrer Gewalt zu unterwerfen, als hier in der Singularität zu sterben. Das ist falsch.«
Er sagte es so ruhig, daß Polyon einen Augenblick brauchte, um die Worte zu begreifen, und in diesem Moment verschlang die Transitionsschlaufe den Raum und entstellte die darin stattfindenden Bewegungen. Als sie wieder durch den
Normraum kamen, stand Fassa del Parma zwischen Forister und Darnell, so als glaubte sie, den Piloten vor einem direkten Nadlerbeschuß abschirmen zu können.
»Er hat recht«, sagte sie. »Ich hatte vorher keine Zeit, darüber nachzudenken. Du bist ein Monster.«
Polyon lachte humorlos. »Fassa, Liebes, für rechtschaffene Seelen wie Forister und Generalin Questar-Benn sind wir alle Monster. Ich hätte mich daran erinnern müssen, wie du ihnen vorher in den Arsch gekrochen bist, wie du ihnen geholfen hast, mich
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