Raumschiff 2 - Nancia
wir unseren Job nicht möglichst professionell erledigen sollten, nicht wahr?« Während sie mit Caleb sprach, ging sie schnell die Bände der
Kurierdienstvorschriften durch, die man bei ihrer Bestallung in ihre Datenbanken eingespeist hatte. Im dritten Megahedron müßte eigentlich etwas sein… ah, da war es ja schon. Genau das, wonach diese Situation verlangte. Aber sie würde es jetzt noch nicht erwähnen. Caleb hatte es eilig, von Wega 4.2 zu starten, bevor die Familie Thrixtopple anfing, sich über ihre beengte Lage zu beklagen, und sie konnte es ihm nicht
verübeln.
Unter Berücksichtigung von Calebs geschwächter Kondition führte Nancia diesen Start so sanft und langsam aus, wie sie nur konnte. Schließlich war es nicht seine Schuld, daß die Psychoabteilung der Zentrale ihre persönlichen Kodes
praktisch in denselben Datenstrom zwang. Und sie wollte den Mann ja auch nicht auf seinem Weg nach Hause umbringen.
Als sie schließlich in den schwerelosen Flug übergingen, schnallte Caleb sich vom Andrucksessel ab und bewegte sich durch die Kabine, allerdings ohne die Langsamkeit, die er nach dem ersten Start unter Beweis gestellt hatte. »Bist du immer so sanft zu Zivilisten?« fragte er. »Ich meine mich erinnern zu können, daß du erheblich schneller starten kannst, wenn dir danach zumute ist, XN.«
»Ich… Ich sah keine Veranlassung zur Eile«, murmelte
Nancia. Zum Teufel mit dem Mann! Er war viel zu verklemmt, um zuzugeben, daß auch er von einem etwas sanfteren Start profitieren könnte!
Caleb wirkte leicht belustigt. »Nein. Wenn man bedenkt, daß es jetzt keinen Vorwand mehr gibt, sie angeschnallt zu lassen, und daß wir wahrscheinlich gleich diese Bälger auf unserem Schoß haben, bis du die Singularität erreicht hast… da hätte ich es auch nicht eilig gehabt.«
Wie auf ein Stichwort schlug der junge Thrixtopple in diesem Augenblick durch den Blendenverschluß der Luke. Nancia schmerzte es, mitansehen zu müssen, welchen Schaden er ihren flexiblen Membranen damit antat. Sie hielt die Luke weiterhin offen, damit Gouverneur Thrixtopple, der seinem Sohn in gravitätischem Tempo durch den Korridor folgte, ihr nicht noch weitere Gewalt antat.
»Okay, jetzt sind wir im Raum, jetzt laß mich mit dem
Computer spielen!« verlangte der Junge.
Nancia versperrte ihre Datenlesegeräte, als der Junge sich näherte, und löschte alle Schirme. »Das tut mir sehr leid, junger Herr. Nach den Kurierdienstvorschriften Band XVIII, Abschnitt 1522, Unterabschnitt 6.2, Paragraph mcmlii ist unbefugten Passagieren eindeutig jeglicher Zugang zum
Schiffscomputer und jede freie Bewegung innerhalb der
Zentralkabine untersagt. Dieses Verbot dient zum Schutz gegen ungesetzliche Manipulation von Kurierdiensteigentum.«
»Also jetzt hören Sie mir aber einmal zu… Sie redende Hülse, das gilt ja wohl kaum für Leute wie uns!« polterte Gouverneur Thrixtopple los, als er die Kabine betrat.
»Die offiziellen Anweisungen, die mir zu Beginn dieser Reise von CenCom übermittelt wurden, erwähnen Ihre Familie nicht, Gouverneur Thrixtopple«, erwiderte Nancia. Sie machte kleine Pausen zwischen den Worten und verlieh ihrer Stimme einen etwas metallischen Unterton, damit die Thrixtopples das Gefühl hatten, mit einer Maschine zu reden, die sich weder einschüchtern noch bestechen ließ. »Ich selbst bin nicht autorisiert, solche Anordnungen zu ändern, es sei denn, auf direkte Anweisung von CenCom.«
»Aber die Basis Wega hat Sie doch beauftragt, uns zur Zentrale zu befördern!«
»Ja, und es ist mir auch immer eine Freude, meinen lieben Freunden auf der Basis Wega einen Gefallen zu tun«,
erwiderte Nancia zuckersüß. »Dennoch steht es nicht in meiner Macht, die Vorschriften zu beugen. Sollte CenCom Sie
rückwirkend autorisieren, Zugang zu meinen Computern zu erhalten, werde ich Ihnen selbstverständlich – rückwirkend –
die Erlaubnis dazu erteilen. Bis dahin muß ich Sie darum ersuchen, in Ihren persönlichen Kabinenbereich
zurückzukehren. Ich fände es bedauerlich, diese Anordnung eigens durchsetzen zu müssen, doch sollten Sie wissen, daß ich über die Kapazität verfüge, sämtliche lebenserhaltenden Bereiche mit Schlafgas zu fluten.«
Gouverneur Thrixtopple packte seinen Sohn am Kragen und zerrte ihn aus der Zentralkabine. Die Iris der Lukenmembran schloß sich wieder.
»Das«, bemerkte Caleb bewundernd, »war einfach brillant, XN. Absolut brillant. Ich nehme doch an, daß es tatsächlich eine solche
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