Raumschiff 2 - Nancia
Missetaten abgeschlossen hatte, hakte Sev zur Kontrolle nach.
»Ich habe mir die Berichte über diese erste Reise einmal angeschaut«, sagte er beinahe beiläufig. »Ihr wart zu fünft, nicht wahr? Du, Dr. bint Hezra-Fong, Overton-Glaxely,
Armontillado-Perez y Medoc und ein weiterer: Polyon de Gras-Waldheim, frisch von der Akademie entlassen. Welche Rolle hat er denn bei dieser Wette gespielt?«
Fassa preßte die Lippen zusammen und schüttelte leise den Kopf. »Mehr kann ich dir nicht sagen«, flüsterte sie. »Nur –
laßt sie mich nicht nach Shemali verbannen. Bring mich lieber vorher um. Ich weiß, daß du mich nie gemocht hast, aber ich bitte dich von Mensch zu Mensch – bring mich vorher um.
Bitte!«
»Du irrst dich, wenn du glaubst, daß ich dich nie gemocht habe«, erwiderte Sev nach langem Schweigen.
»Das hast du doch selbst gesagt.«
»Du hast mich gefragt, ob ich wenigstens etwas für dich übrig habe«, berichtigte er sie. »Und das habe ich auch nicht.
Du bist eitel und egoistisch und hast möglicherweise einen guten Mann umgebracht, hast aber bisher nicht das geringste Interesse an Calebs Schicksal gezeigt. Ich habe überhaupt nichts für dich übrig.«
»Ja, ich weiß.«
»Leider«, fuhr er ohne jede Veränderung seiner Miene fort,
»scheine ich, ob es dir gefällt oder nicht… scheine ich dich zu lieben. Nicht«, fügte er beinahe sanft hinzu, »daß es uns beiden unter den gegebenen Umständen allzuviel nützt, aber ich dachte schon, daß du es erfahren solltest.«
KAPITEL 11
Caleb erholte sich erstaunlich schnell. Zwei Stunden, nachdem er in die Klinik eingeliefert worden war, vierzig Minuten nachdem Alpha bint Hezra-Fong das Gift in seinem Blut analysiert und Reizpflaster mit dem entsprechenden
Gegenmittel appliziert hatte, hörten die Nervenkrämpfe bereits auf. Nancia wußte genau davon, denn inzwischen hatte sie daran gedacht, Sev Bryley mit einem im Kragen seiner
Uniformjacke verborgenen Kontaktknopf in die Klinik zu schicken, wo er an Calebs Krankenhausmantel diskret einen weiteren Knopf anbrachte. Während Forister als offizieller Bewacher an Bord blieb, hing Sev in den Besucherräumen der Sommerlandklinik herum und versuchte, wie ein besorgter Freund oder Verwandter auszusehen, während er mit den
genesenden VIPs plauderte.
Nancia konnte die Klinik aus zwei verschiedenen
Blickwinkeln beobachten: durch die von Calebs Krampf
anfallen zitternden Ansicht einer rissigen weißen
Zimmerdecke, wie von Calebs Kontaktknopf übertragen, und die sich wiederholenden Anblicke künstlicher Topfpalmen und tatternder alter Prominenter, mit denen Sev sich unterhielt. Im großen und ganzen waren die Topfpflanzen ergiebiger als die Prominenten; wenigstens vergeudeten sie Sevs Zeit nicht mit ihren Erinnerungen an Ereignisse, die schon ein Jahrhundert zurücklagen.
»Keiner dieser Leute weiß irgend etwas über Hopkirk«,
flüsterte sie durch Sevs Kontaktknopf.
»Das ist mir auch aufgefallen«, antwortete er, während der senile Direktor a. D. der Musikhochschule von Bahati, seines Zeichens einhundertundfünfundsiebzig Standardzentraljahre alt, zu seinen nachmittäglichen Untersuchungen
davonschlurfte.
»Kannst du nicht etwas Produktiveres tun?«
»Laß mir Zeit. Wir dürfen nicht auffallen. Und hör auf mit mir zu flüstern. Sonst denken die noch, daß ich
Selbstgespräche führe und Stimmen höre.«
»Nach allem, was ich bisher von diesen verwirrten feinen Leuten mitbekommen habe, würdest du damit gut reinpassen.«
»Nur«, erwiderte Sev grimmig, »wenn sie die Stimmen nicht auch hören.«
Nancia ließ es zwar nur ungern zu, daß er das letzte Wort behielt, aber im Augenblick war sie abgelenkt. Irgend etwas war passiert – oder hatte aufgehört zu passieren. Calebs Sensorknopf übertrug plötzlich kein zuckendes Bild mehr; vielmehr war das Bild jetzt still und völlig klar.
Nein, doch nicht ganz still: Eine regelmäßige, sanfte
Bewegung versicherte ihr, daß er noch atmete.
Einen Augenblick später tauschten zwei Helfer ein
Kauderwelsch leiser, aber doch überwiegend fröhlicher
Kommentare an Calebs Bett aus. Nancia verstand nur, daß es sich um eine gute Nachricht handeln mußte; sein (dreisilbige griechische Wurzel) war wieder hoch, sein (viersilbige lateinische Ableitung) war tief, sie setzten ihn gerade auf eine regelmäßige Dosis (denebianisches Doppelwort), und sobald er wieder bei Bewußtsein war, würden sie ihm eine
Physiotherapie angedeihen lassen.
Sie
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