Raumschiff 3 - Tia
mitgebracht hatte. Alles natürlich sorgfältig von den Lehrern am Institut überprüft, die über die Ausbildung eines jeden Kinds wachten, das mit seinen Eltern zusammen war. Doch selbst die Lehrer sahen nichts Bedenkliches in Geschichtsholos, sofern sie von entsprechendem erzieherischen Wert waren. Die Tatsache, daß die meisten dieser Holos eigentlich für Erwachsene gedacht waren, schien sie nicht zu stören.
Vielleicht war es ganz gut so, daß die Psychos nicht wußten, was Tia sich da ansah. Wahrscheinlich wären sie sonst in Hysterie verfallen.
Moira hatte die schier gespenstische Eigenschaft, immer nur die Produktionen mit den guten Drehbüchern und
Schauspielern auszusuchen – ganz anders als die für die Holoauswahl Zuständigen in der Abteilung für Fernunterricht.
Eine vierteilige Reihe über Alexander den Großen sah
besonders gut aus, da es sich nur mit seinem frühen Leben befaßte, bevor er ein großer Heeresführer wurde. Tia empfand eine gewisse Verwandtschaft zu jedem, dem man das Etikett
›frühreif‹ verliehen hatte; und obwohl sie bereits wußte, daß Alexanders Kindheit alles andere als glücklich verlaufen war, freute sie sich darauf, sich dieses Holo anzusehen.
Die Tatsache, daß Ted neben ihr war, um seine Kommentare zu flüstern, machte es noch vergnüglicher.
Doch am Ende des ersten Teils forderte sie Sokrates auf, alles abzuschalten, um sich dann in den Hauptraum zu begeben und Mum und Dad gute Nacht zu sagen. Das nächste Kurierschiff würde noch eine Weile auf sich warten lassen, und sie wollte das Vergnügen so weit in die Länge ziehen, wie sie nur konnte.
Beide waren so sehr in ihre Lesegeräte vertieft, daß sie sie am Ellenbogen rütteln mußte, aber dann erntete Tia Umarmungen und Küsse, ohne die leiseste Irritation über die Störung.
»Ich habe wirklich einen guten Dad und eine gute Mum«, erzählte sie Ted kurz vorm Einschlafen. »Nicht wie
Alexander…«
Am nächsten Tag hieß es wieder zurück in den gewohnten
Trott. Sokrates weckte sie, sie reinigte sich und kleidete sich an, ließ Ted auf dem sorgfältig gemachten Bett zurück, wo er auf ihre Rückkehr warten sollte. Als sie den Hauptraum betrat, waren Pota und Braddon bereits dort und blinzelten schläfrig über dampfenden Kaffeetassen.
»Hallo, Liebling«, begrüßte Pota sie, als sie sich ihre Milch und die Frühstücksflocken aus der Küche holte. »Hat dir Alexander gefallen?«
»Na ja, es war sehr interessant«, erwiderte Tia wahrheitsgetreu. »Und die Schauspieler und die Geschichte haben mir gut gefallen. Die Kostüme und die Pferde waren wirklich kosmisch! Aber seine Mutter und sein Vater waren irgendwie… merkwürdig… nicht wahr?«
Braddon blickte von seinem Kaffee auf, sein lockiges dunkles Haar hing ihm über ein braunes Auge. Er musterte seine
Tochter mit einem schiefen Grinsen. »Nach unseren
Maßstäben waren es klinische Fälle von Wahnsinn«, erwiderte er. »Aber schließlich war niemand dabei, der damals nach diesen Maßstäben verfahren wäre.«
»Und es gab auch kein Gesundheitsamt, um ihre Anwendung zu erzwingen«, fügte Pota lächelnd hinzu. »Vergiß nicht, daß nicht sie es waren, die den größten Einfluß auf Alexander hatten. Das blieb seinen Lehrern vorbehalten, in erster Linie natürlich Aristoteles, und seinen Ammen. Ich glaube, er war eher trotz seiner Eltern erfolgreich.«
Tia nickte klug. »Kann ich heute mitkommen und bei den
Ausgrabungen helfen?« fragte sie begierig. Das war eine der besten Sachen daran, daß ihre Eltern sich auf die EsKas spezialisiert hatten. Wo es praktisch keine Atmosphäre gab, brauchte man sich auch keine Sorgen wegen einheimischer Lebensformen zu machen. Im Alter von fünf Jahren hatte Tia bereits das Druckanzugprotokoll vollkommen beherrscht; es gab keinen Grund, weshalb sie nicht zu den Ausgrabungen mitkommen sollte oder dort unbeaufsichtigt umherschweifen konnte. »Der größte Sandkasten im ganzen Universum«, hatte Braddon es genannt. Solange Tia in Sicht-und Hörweite blieb, hatte keiner der beiden etwas dagegen, wenn sie draußen war.
»Heute nicht, Liebstes«, antwortete Pota entschuldigend.
»Wir haben einige Gläser gefunden und machen heute Holos.
Sobald wir damit fertig sind, machen wir die Abgüsse, und danach kannst du für uns ein paar Dinge erledigen.« In der dünnen und kalten Atmosphäre der Ausgrabung war es
schwierig, Abgüsse herzustellen; das war auch einer der Gründe dafür, weshalb Pota so viele davon
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