Raumschiff 3 - Tia
verwarf. Doch kein Artefakt durfte von der Stelle bewegt werden, bevor nicht ein guter Abdruck davon genommen und Holoaufnahmen aus
allen möglichen Winkeln aufgenommen worden waren – nur zu oft zerfiel ein Artefakt trotz vorsichtigster Behandlung zu Staub, sobald man es bewegte.
Tia seufzte. Holos und Abgüsse bedeuteten, daß sie sich nicht einmal der Ausgrabungsstelle nähern durfte, weil die
Schwingungen ihrer Schritte sonst stören könnten. »Na
schön«, willigte sie ein. »Aber kann ich wenigstens nach draußen? Solange ich in der Nähe der Luftschleuse bleibe?«
»Bleib in der Nähe der Schleuse und nimm den Notkarren mit, dann wüßte ich keinen Grund, weshalb du draußen nicht spielen solltest«, meinte Pota nach kurzem Überlegen. Dann lächelte sie. »Und wie steht es um deine Ausgrabung?«
»Meinst du wirklich, oder hast du nur so getan als ob?«
wollte sie wissen.
»Natürlich nur getan als ob«, warf Braddon ein. »So zu tun macht immer viel mehr Spaß als die Wirklichkeit. Deshalb sind wir doch überhaupt Archäologen geworden – weil wir manchmal monatelang so tun können als ob, bis es wieder ernst wird und wir Aufsätze schreiben müssen!«
Er gewährte ihr ein verschwörerisches Grinsen, und Tia
kicherte.
»Na ja«, sagte Tia und schnitt eine Grimasse, genau wie es Doktor Heinz Marius-Llewellyn tat, wenn er im Begriff stand, seine ganze Zuhörerschaft in den Schlaf zu dozieren. »Ich habe das Dorf einer Rasse von Primitiven gefunden, die eine
Feuersteinkultur hatten und von den EsKas an eurer Grabungsstelle als Sklaven benutzt wurden.«
»Das hast du!« Pota ging sofort auf das Spiel ein. »Na, das erklärt aber wirklich, weshalb wir keine Servomechanismen gefunden haben. Sie müssen wohl Sklaven für ihre körperliche Arbeit eingesetzt haben!«
»Ja. Und die Feuersteinleute verehrten sie als Götter, die vom Himmel kamen«, fuhr Tia fort. »Deshalb haben sie auch nicht rebelliert; alle Sklavenarbeit war eine Form des Gottesdienstes.
Sie kehrten in ihr Dorf zurück und versuchten dort, Werkzeuge aus Feuerstein zu bauen, die genau wie die Dinge aussahen, welche die Himmelsgötter verwendeten. Wahrscheinlich haben sie auch Töpferwaren hergestellt, aber ich konnte bisher nichts als Scherben finden.«
»Na ja, Töpferwaren halten sich auch nicht besonders gut unter solchen Umweltbedingungen«, pflichtete Pota ihr bei.
»Bei den extremen Oberflächentemperaturen werden sie sehr schnell brüchig. Was hast du denn bisher gefunden?«
»Eine Zerstäuberpistole aus Feuerstein, ein
Armbandsprechfunkgerät aus Feuerstein, eine
Feuersteintaschenlampe und ein paar weitere Dinge«, erklärte Tia ernst. »Ich habe zwar keine Pfeil-oder Speerspitzen gefunden, aber das liegt wohl daran, daß es hier nichts zu jagen gibt. Sie waren Vegetarier und aßen nichts als Flechten.«
Braddon schnitt eine Grimasse. »Furchtbar. Schlimmer als das Essen in der Institutskantine! Kein Wunder, daß sie nicht überlebt haben – wahrscheinlich hat die Nahrung sie zu Tode gelangweilt!«
Pota stand auf und sammelte Teller und Tassen zusammen, um sie säuberlich im Geschirrspüler zu verstauen. »Na, dann mal viel Spaß bei deinem Unterricht, Tia. Wir sehen uns zum Mittagessen.«
Tia lächelte, umarmte sie beide zum Abschied, bevor sie ihre Druckanzüge anlegten, dann begab sie sich ins Schulzimmer.
Nach dem Unterricht holte sie an diesem Nachmittag ihren eigenen Druckanzug aus dem Regal neben der Innenluke der Luftschleuse. Ihr Anzug etwas anders konstruiert als der ihrer Eltern, wies an Handgelenken, Ellenbogen, Knöcheln und
Knien Akkordeonfalten auf, um auf die Wachstumsschübe
eines Kindes vorbereitet zu sein. Der Anzug war brandneu, denn aus dem letzten war Tia herausgewachsen. Er gefiel ihr sehr viel besser als der alte, der war mit einem kitschigen Blumenmuster versehen gewesen. Sie hatte sich geschämt, von irgend jemandem in dem scheußlichen Ding gesehen zu
werden. Sie meinte, daß der Anzug ihr das Aussehen eines kleinen Clowns verlieh.
Sie hatte ihn aus zweiter Hand von einem Kind an einer
Ausgrabung der Klasse Drei bekommen – wie die meisten
Dinge, die die Cades anschafften. Forschungsausgrabungen hatten einfach keine hohe Priorität, wenn es darum ging, mehr als das Allernotwendigste anzuschaffen. Aber Tia hatte die gute Idee gehabt, die Vorgesetzten ihrer Eltern um einen neuen Druckanzug zu bitten, als ihr Geburtstag vor der Tür stand.
Und als sich herausstellte, daß sie ihre
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