Raumschiff 3 - Tia
sie einen weiteren Klumpen aus dem Haufen und befreite ihn sorgfältig von seiner Umhüllung. Diesmal gab es keinen Zweifel, daß es sich um das Werk intelligenter Hände handelte. Unter der Schicht aus Sand, Gesteinsbrocken und pulvrigem Staub glitzerte eine Scherbe aus weißem
Porzellan, deren mattierte Kante einen Bruch anzeigte, der auch erklärte, weshalb man sie fortgeworfen hatte.
Ach du liebes Funkgerät – ich habe die Müllhalde gefunden!
Jedenfalls hatte sie einen kleinen Müllplatz entdeckt.
Vielleicht gab es hier nur diesen einen Abfallhaufen. Aber alles, was die EsKas zurückgelassen hatten, war wichtig, und ebenso wichtig war es, jetzt mit der Ausgrabung aufzuhören, die Stelle für den Fall zu markieren, daß es einen weiteren Sandsturm gab, der sie ebenso launisch zuschüttete, wie er sie launisch freigelegt hatte. Außerdem wollte sie ein paar Stücke mitnehmen, um Mum und Dad zu zeigen, was sie da gefunden hatte.
Nur daß sie keine Holokamera besaß. Und auch nichts, um damit einen Abguß anzufertigen.
Schließlich gab Tia es auf, sich zu überlegen, was sie machen sollte. Sie konnte nur eins tun: ihre beiden Funde
hineinbringen und vorzeigen. Der Stoffklumpen würde die Berührung durch richtige Luft möglicherweise nicht überleben, das Porzellan aber mit Sicherheit, denn anders als Glas war es widerstandsfähig gegen die Belastungen wiederholter
Temperaturschwankungen, und würde auch bei der ersten
Berührung mit Luft nicht gleich zu Staub zerfallen.
Tia kehrte in die Kuppel zurück und suchte eine Weile
herum, bis sie sich mit einem Nahrungsbehälter aus Plastik wieder zu den Artefakten begab, dazu ein Stück Plastikröhre und dem Plastikschwanz eines Flugdrachen, den sie noch nie hatte einsetzen können. Das war auch so ein wohlgemeintes, aber dummes Geschenk von einem Kollegen Dads; von
jemandem, der sich keinen einzigen Gedanken darüber
gemacht hatte, daß man auf einer marsähnlichen Welt nicht allzu viele Gelegenheiten hatte, einen Drachen steigen zu lassen…
Nachdem Tia den Fundort so gewissenhaft markiert hatte, wie sie nur konnte, und die beiden Artefakte in der
Plastikröhre versiegelt waren, kehrte sie wieder in die Kuppel zurück, wo sie ungeduldig der Rückkehr ihrer Eltern harrte.
Sie hatte gehofft, daß das Siegel des Plastikbehältnisses die Artefakte vor der Luft in der Kuppel schützen würde. Doch sobald die Luft in die Schleuse geströmt war, hatte sie feststellen müssen, daß ihr Versuch, sie sicher aufzubewahren, gescheitert war. Noch bevor sie ihren Helm abstreifte, fing das externe Anzugmikrofon das Zischen von Luft auf, die in den Behälter strömte. Und als sie die Plastikschachtel ans Licht hielt, ließ sich deutlich genug erkennen, daß einer der Klumpen begonnen hatte zu zerfallen. Tia riß den Deckel auf, um einen schnellen Blick darauf zu werfen. Der Staub ließ sie niesen. Der gepreßte Klumpen würde nicht mehr besonders eindrucksvoll aussehen, wenn ihre Eltern nach Hause kamen.
So ein Vakuum! dachte sie verärgert. Das ist einfach unfair!
Sorgfältig legte Tia ihren Fund auf die Theke; wenn sie ihn nicht weiter erschütterte, blieb vielleicht noch genug davon übrig, bis Mum und Dad zurückgekehrt waren, damit sie
wenigstens feststellen konnten, was er mal gewesen war.
Sie zog ihren Anzug aus und setzte sich. Sie versuchte ein Buch zu lesen, konnte aber kein Interesse dafür aufbringen.
Mum und Dad würden ja so überrascht sein – und was noch besser war: Jetzt würden die Psychos am Institut keinen Grund mehr haben, sie von Ausgrabungen der Klasse Zwei
fernzuhalten, denn das hier würde doch mit Sicherheit beweisen, daß sie wußte, was zu tun war, wenn sie zufällig auf etwas stieß. Die Ziffern auf der Uhr bewegten sich mit
qualvoller Trägheit, und sie erwartete sehnlichst den
Augenblick, da sie endlich zurückkehren würden.
Der Himmel draußen hinter der Sichtluke konnte zwar nicht mehr viel dunkler werden, aber die Schatten begannen sich in die Länge zu ziehen, und das Licht verblaßte. Jetzt, bald…
Schließlich hörte Tia ihre Eltern in der äußeren Luftschleuse, und ihr Herz begann zu rasen. Plötzlich war sie sich gar nicht mehr so sicher, daß sie das Richtige getan hatte. Was, wenn sie wütend darüber waren, daß sie die ersten beiden Artefakte auseinandergenommen hatte? Was, wenn es verkehrt gewesen war, sie von der Stelle zu bewegen?
Die Fragen türmten sich in Tias Kopf, als sie auf die
Belüftung der
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