Raumschiff 3 - Tia
alle
Dockmannschaften Pause machten, tauchte noch ein Mann in einer ebenfalls neuen Uniform auf.
»Alex?« fragte sie beunruhigt. »Dort draußen geht irgend etwas vor, was mir nicht gefällt.«
Er hob den Blick von Hanks Holos, die er hatte ausdrucken lassen, um sie auf dem ganzen Boden zu verteilen. »Was ist los?«
Tia erläuterte es ihm schnell, als eine dritte und vierte Person in der gleichen Uniform aufs Dock geschlendert kam.
Nun befanden sich schon vier Dockarbeiter während der
Essenspause auf Station. Und alle vier waren sie in einem Dockabschnitt, wo es weder Schiffe zu beladen noch zu löschen gab.
»Tia, das gefällt mir auch nicht«, erklärte Alex. Er stand auf und schritt zur Hauptkonsole. »Ich möchte, daß du den Stationsmanager auf Leitung holst und schaust, was…«
Wie auf ein Signal ließen die vier Männer plötzlich alles fallen und stürmten auf ihren Anlegeplatz zu.
Binnen Sekundenbruchteilen fällte Tia ihre Entscheidung. Sie schlug ihre Luftschleuse zu, doch einer der Männer hielt eine schwarze Kiste in der Hand; sie mußte damit rechnen, daß die Männer ihre Kontrollen ausschalteten. »Alex!« schrie sie, während sie gleichzeitig panisch ihre Triebwerke hochfuhr.
»Sie kommen an Bord!«
Alex warf sich auf seine Andruckliege, während sie dem
Stationsmanager einen Datenstoß übertrug und die
Notsteuerung auf ihrer Seite des Docks aktivierte.
Die dockseitigen Schleusenluken schlugen den Männern
buchstäblich vor der Nase zu. Ein weiterer Datenstoß an die Andockkontrollen löste eine Notentkopplung aus – es gab nicht allzu viele Piloten, die diese Notsteuerung kannten. Tia aktivierte ihre Höhenschubwerke und löste sich gänzlich vom Dock. Hastig schaltete sie die externe Optik an und hielt Ausschau nach einem freien Weg hinaus in den Tiefenraum.
Als ihr Adrenalinspiegel in die Höhe schoß, steigerte sich auch ihr Reaktionstempo, während alles um sie herum nur noch wie in Zeitlupe zu geschehen schien. Alex segelte unelegant durch die Kabine, sprang auf seinen Sessel zu. In Tias Subsystemen liefen Rechenoperationen, die sie kaum bemerkte, als sie von Kamera zu Kamera schaltete.
»Zum Sessel, Alex«, preßte sie hervor – gerade rechtzeitig, um eine Baudrohne auszumachen, wie sie für Montagearbeiten an der Station verwendet wurden, die direkt auf sie zuhielt.
Dahinter
schritten zwei Männern in schwebenden
Schweißanzügen. Irgend jemand hatte Stationsgeräte gestohlen oder requiriert; man wollte in ihr Schiff eindringen, egal um welchen Preis.
Raumunfälle ließen sich so leicht arrangieren…
Alex war noch nicht angeschnallt. Doch Tia konnte nicht warten.
Sie wirbelte herum, riß ihn dabei von den Beinen und
sprengte aus dem Stationsraum.
Alex schlug mit dem Gesicht auf die Liege, schrie
schmerzerfüllt auf und klammerte sich mit beiden Händen fest.
Ein weiteres kleines Fahrzeug kam wie ein Rammbock auf sie zu. Tia erhöhte die Geschwindigkeit, während alle Alarmanlagen und SOS-Signale aufheulten und Alex sich stöhnend umdrehte und anschnallte. Blut quoll aus seiner Nase hervor.
Tia tauchte unter den Bug eines Schleppers, zwang ihren Verfolger, einen Moment innezuhalten.
Wer steckte dahinter? Etwa die Hochfamilien?
Bestimmt nicht…
Sie beschleunigte noch weiter, strahlte ihre Notsignale sogar den Relais entgegen, gab alle paar Sekunden Echtzeitmeldungen in Datenstößen ab. Vor ihr nahte ein weiterer Schlepper, sie wich ihm im letzten Augenblick aus, schoß so dicht an dem KI-gesteuerten Schiff vorbei, daß es seine Neigungsdüsen in alle Richtungen gleichzeitig aktivierte, weil die KI durch ihr wirres Flugmanöver völlig verwirrt wurde.
Das Schiff hinter ihr hielt immer noch Schritt; es holte zwar nicht auf, hing aber auch nicht mehr zurück.
Doch bei dem Getöse, das Tia veranstaltete, konnte nicht einmal die Station Presley die Tatsache ignorieren, daß jemand versuchte, sie zu entfuhren. Vor allem nicht angesichts der Tatsache, daß jeden Tag Inspektoren vom Zentralsystem eintreffen konnten – und in Anbetracht Tias Taktik, den Relais ihre Aufzeichnungen zu überspielen. Falls ›sie‹ mit der Station unter einer Decke stecken sollten, würden ›sie‹ es nicht schaffen, alles abzufangen und auszulöschen. Sollte AH Eins-Null-Drei-Drei verschwinden, würde es ihnen jedenfalls außerordentlich schwerfallen, die Behauptung
aufrechtzuerhalten, alles sei nur ein ›Versehen‹ gewesen…
Hoffe ich jedenfalls.
Während Tia weiterhin
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