Raumschiff 4 - Channa
fünfzig von ihnen blickten wütend zu ihm auf, als hätte er sich diese kleine Krise selbst ausgedacht. Die Gestalten der Schlepper und Schürfer im Innendock ragten riesig und
schattig hinter ihrem Rücken auf, denn bis auf eine Ausnahme waren sämtliche Deckenlampen gelöscht worden. Die Lampe warf eine Lichtlache über die versammelten Piloten und ihre Mannschaften. Er hatte diese Versammlung auf Simeons
Empfehlung so arrangiert, damit sie sich als Gruppe fühlten.
»Ihr wißt ja, was auf uns zukommt«, sagte er und sprach eindringlich, ohne dabei laut zu werden. »Unsere gesamte Schiffsflotte mit interstellarer Kapazität ist ausgerückt.«
»Nicht die gesamte«, widersprach eine Schürferin und fuhr sich mit der Hand über den grelltätowierten Schädel.
»Vergiß es, Shabla. Du schaffst vielleicht zehn Lichtjahre, wenn du nach Mineralien suchst. Das bringt dich aber noch lange nicht ins nächste System.«
Sie zuckte mit den Schultern und grinste die Umstehenden an.
»Was wir noch haben, sind die Schlepper«, sagte Gus, »und ein paar Minenkundschafter. Das ist nicht besonders viel gegen vier Kriegsschiffe der Fregattenklasse.«
»Das ist so gut wie überhaupt nichts«, meinte ein anderer.
»Es sei denn, du erwartest von uns, daß wir sie rammen.« Der Mann schien selbst nicht viel von der Idee zu halten, als er sie aussprach.
Rammen war nicht gänzlich ausgeschlossen: Wenn man
etwas, das mit hoher Geschwindigkeit auf einen zuflog, nur in kleine Stücke zerteilte, multiplizierte man damit lediglich die eigenen Schwierigkeiten. Wenn man sichergehen wollte,
mußte man es durch eine Explosion in Gas verwandeln oder es deflektieren. Alle Anwesenden verstanden das Prinzip und wußten auch um seine Begrenzungen.
»Rammen geht nicht«, widersprach Gus und schüttelte den Kopf, während er gleichzeitig heimtückisch grinste. »Nicht, wenn wir dabei von irgendwelchen Strahlenwaffen weggeputzt werden könnten, die sie auf uns richten. Aber«, und er wartete, bis hinter ihm auf dem Bildschirm der Grundriß eines
Standardschleppers erschienen war, »worüber verfügt ein Schlepper? Über ein großes Normalraumtriebwerk und einen großen Energiereaktor sowie über ein winziges homogenes Dreggfeld. Das gleiche gilt ungefähr für einen
Erzkundschafter, nur daß der auch noch über einen Probenlaser verfügt. Es hat also nicht viel Sinn, uns auf eine Schießerei mit Kriegsschiffen einzulassen.« Er bemerkte das allgemeine erleichterte Seufzen, das nun im Dock die Runde machte.
»Aber…«, und er reckte einen knorrigen Finger, »… es gibt durchaus ein paar Sachen, die wir tun können.«
Dann erklärte er ihnen anhand des Bildschirms die
erforderlichen Änderungen. Zufriedenes und leicht wölfisches Grinsen löste die mürrischen Mienen ab, als er die Strategie erläuterte, die mit solchen Änderungen umzusetzen war.
»He, warte mal«, warf Shabla ein. »Ich habe einen Ehemann
– genaugenommen sogar zwei – an Bord dieser Blechbüchse.
Verlangst du etwa von mir, die hier zurückzulassen, während der Laden besetzt wird?«
»Ganz genau«, entgegnete Gus. »Was willst du denn hier schon für sie tun? Dir den Kopf einschlagen lassen? In einem Korridor ein Feuergefecht anzetteln und die Druckhülle hochgehen lassen? Da draußen haben wir wenigstens eine Chance, etwas Nützliches zu unternehmen, um unsere Haut zu retten. Jeder von uns hat jemanden hier, jedenfalls die allermeisten. Und das hier können wir für die tun. Wer ist dabei?«
Das Gejohle klang schon mehr nach einem Heulen.
Er ist wirklich sehr viel attraktiver, wenn er nicht versucht, es zu sein, dachte Channa düster. Und wenn er wirklich arbeitet.
Was er auch tat.
»Und das geht schon so lange«, murmelte sie bei sich. Arnos drehte sich zu ihr um, seine Stirn furchte sich sorgenvoll.
»Haben Sie irgendwelche Probleme, Channa?« Er grinste. »Ich meine, abgesehen von unserem möglicherweise unmittelbar bevorstehenden Abgang?«
Sie gewährte ihm ein gequältes Lächeln. Natürlich muß er das erwähnen, dachte sie, wo ich mich gerade dazu durchgerungen habe, nicht mehr daran zu denken. Naja, da wir alle einmal sterben müssen – warum sollen wir dann nicht den Sprung wagen.
»Es geht mir langsam an die Nieren. Ich fühle mich so… so allein.«
Ihre Augen leuchteten auf, und eine wunderbare, federleichte Wärme kitzelte sie im Unterleib. Ihr Lächeln breitete sich zu einem Grinsen aus; er erhob sich von seinem Platz, trat zu ihr, um
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