Raumschiff 4 - Channa
bei der selbst ich anfangen würde, mir zu wünschen, ich wäre Pirat geworden.«
Gus nickte. »Das klingt machbar, obwohl es mir mißfällt, auch nur ein einziges Schiff von den
Evakuierungsbemühungen abziehen zu müssen.«
»Das verstehe ich, Gus, aber rechne einmal die vielleicht Dutzend Menschen, die auf der Jacht evakuiert werden
könnten, gegen die über fünfzehntausend Leute auf der Station, deren Leben in Gefahr ist. Dann halte ich dieses Opfer doch für vertretbar«, erwiderte Simeon. Als er feststellte, daß seine Zuhörer aufmerksam lauschten, fuhr er fort. »So, und um den Rest der Station auf das Eintreffen der Piraten vorzubereiten, möchte ich, daß alle unersetzlichen Geräte abgekoppelt und versteckt werden oder, wenn sie sich nicht transportieren lassen, daß man sie tarnt oder abbaut, bis keine Teile davon mehr zu sehen sind. Alle Menüs auf sämtlichen
Computerterminals werden verändert. Ich habe vor, sie so verwirrend und schwerverständlich zu machen, daß jeder Außenstehende, der versucht, unser Gerät zu benutzen, so viele furchtbare und katastrophale Fehler begeht wie möglich. Die Notmannschaften müssen rund um die Uhr einsatzbereit
bleiben.«
Zwanzig mürrische Mienen saßen um den Tisch.
»Einen Augenblick mal«, warf Channa schleppend ein.
»Willst du damit etwa sagen, daß wir diese… diese Ungeheuer die Station besetzen lassen sollen?«
»Wir können sie nicht daran hindern«, erklärte Simeon
geduldig. »Wir können nicht einmal ein einziges echtes Kriegsschiff daran hindern, einen Marschflugkörper in den Stationsäquator zu feuern und alle fünfzehntausend bis ans Ende der Galaxie zu pusten. Mir gefällt das ja auch nicht, Channa. Aber wir müssen sie daran hindern, allzu großen Schaden anzurichten, bevor die Marine nicht eingetroffen ist –
und wie lange das dauert, wissen wir schon. Wenn wir sie lange genug an der Nase herumführen können, bis die Marine sie zu packen bekommt, brauchen wir uns keine Sorgen mehr darum zu machen, wie wir sie loswerden.
Sobald sie erst einige katastrophale Fehler begangen haben, werden sie es doch vorziehen, unsere Leute einzusetzen.
Weshalb sollten sie auch ihr eigenes Hirn bei dem Versuch anstrengen, zu lernen, wie man eine Station führt, die sie ja doch nur solange besetzt halten wollen, bis sie sie geplündert haben? Ich will, daß unsere und nicht deren Leute die
wichtigen Positionen innehalten. Egal, wie es ihnen erscheinen mag, will ich, daß die wirkliche Kontrolle über die Station in unserer Hand verbleibt. Für diesen Vorteil bin ich bereit, einige Risiken einzugehen.«
»Aha«, sagte Channa vorsichtig. »Klingt vernünftig.«
»Doktor Chaundra, das nächste werden Sie wohl
verabscheuen.«
»Sie möchten, daß ich Leute krank mache.«
»Volltreffer. Wie haben Sie das erraten?«
»Ich gehe davon aus, daß Sie wohl wissen, daß ich nicht Arzt geworden bin, weil es mir Freude bereitet, Menschen leiden zu sehen«, erwiderte er ruhig. »Töten werde ich nicht. Aber davon abgesehen – wem soll ich es antun und weshalb?«
»Ich möchte eine Quarantäne der Stufe zwei ausrufen
können, damit die Angreifer zögern, den Wohntrakt zu
betreten. Wir können sie nicht völlig davon fernhalten, es sei denn, wir erklären, daß auf der Station eine tödliche Seuche ausgebrochen ist, aber dann könnten wir den Laden auch gleich selbst in die Luft sprengen und ihnen die Rakete ersparen. Ich möchte, daß das Lazarett von Freiwilligen überquillt, die qualvoll vor sich hin stöhnen, damit alles echt aussieht. Am wichtigsten aber ist, daß ich möchte, daß jeder der Piraten, der den Wohntrakt betritt, mit dem Erreger wieder herauskommt, den Sie verwenden wollen, und das Vieh soll dann auch sein Bestes tun. Die Piraten werden schon bald begriffen haben, daß sie ihre Kommunikation mit den
Stationsbewohnern besser auf Holobilder beschränken
sollten.«
Chaundra lächelte gequält. »Lepröser, unrein, unrein«, sagte er mit Singsangstimme. Patsy war neben Simeon die einzige am Tisch, die seine Anspielung verstand. Dann schüttelte Chaundra den Kopf. »Nicht genug Zeit, um diese Krankheit vorzutäuschen. Also! Einverstanden, ich werde mir einen geeigneten Virus suchen. Wir können schnell einen synthetisch herstellen – aber wir müssen hoffen, daß die… Kolnari unfähige Mediziner sind und keine entsprechenden
Versorgungseinrichtungen dabeihaben.«
»Patsy?« fing Simeon an.
»Ja, Geliebter.«
»Sobald wir ein paar
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