Raumschiff 4 - Channa
eine besonders abstoßende Schattierung von Rosablau trug, die nicht im mindesten vorteilhaft aussah – dafür aber recht auffällig war.
Die beiden Nichtmenschen brauchten nichts anderes zu tun, als sich unter die düsteren Mienen zu mischen. Die wissen, daß irgend etwas passiert ist, aber wenigstens sind sie gekommen, um es sich anzuhören, im Gegensatz zu den anderen, die gleich abgehauen sind.
Ach, was soll’s, dachte er, wir werden eben verwenden, was uns zur Verfügung steht, und wir wollen froh darüber sein, daß wir es überhaupt nutzen können.
Als die Kapitäne in den Raum geströmt kamen und einige am Tisch Platz nahmen, war Channa, die in ihrem hellblauen Anzug viel zu elegant aussah, an den Kopf des
Konferenztischs getreten. Nachdem eine weitere Minute
verstrichen war, ohne daß noch jemand den Raum betrat, öffnete sie ihren Notizschirm auf dem Podium und musterte die versammelten Kapitäne. Sie wartete darauf, daß Ruhe einkehrte. Vor allem, nachdem zwei von Vickers
Teilzeitpolizisten unmittelbar hinter dem Eingang erschienen, bewaffnet mit Atemmasken und Gasprojektoren, dazu
Schockstäbe und Betäubungspistolen. Channa machte sich eine Notiz, Vicker daran zu erinnern, daß der Feind noch nicht eingetroffen war und daß auch niemand sonst an seiner Stelle zum Feind gemacht werden sollte.
»Danke, daß Sie alle gekommen sind«, fing sie an.
Wahrscheinlich werden Sie sich fragen, weshalb ich Sie heute zusammengerufen habe, dachte Simeon in Vorwegnahme von Channas Eröffnungsworten.
»Zweifellos wundern Sie sich, weshalb wir Sie
hierhergebeten haben«, sagte Channa.
Dicht dran, aber was solls .
»Auf der Station SSS-900-C herrscht gegenwärtig der
Notstand. Ich bin Channa Hap, Partner von Simeon, und wir berufen uns auf Abschnitt zwei, Artikel zwei der
Stationsverfassung.« Worauf sie versuchte, diese Artikel vorzulesen, damit auch jedermann wußte, daß die Station fortan über sein Fahrzeug verfügen konnte.
Ein Brüllen – überraschend laut für so wenige Kehlen, obwohl die Nichtmenschen dabei recht hilfreich waren – hallte durch den Raum und erstickte ihre Worte. So konnte man nur ein gelegentliches »wiewohl« oder »besagter Kapitän«
vernehmen.
Sollen sie sich ruhig abreagieren, dachte Simeon. Es war schließlich verständlich: Das Nichteinhalten der Fahrpläne würde teuer kommen, vor allem für die kleinen Gesellschaften und die Unabhängigen. Hoffentlich waren sie später
kooperationsbereiter. Auf jeden Fall hatte er Zugriff auf sie, entweder weil ihre Schiffe an die Station angedockt waren oder weil ihre Skipper an dieser Konferenz teilnahmen. Und es würde niemand von hier fortgehen, ohne zuvor einen Auftrag übernommen zu haben. Kein einziger der hier versammelten Kapitäne besaß auch nur eine Unze Altruismus, aber die Garantiescheine der Station würden überall unterwegs ihre Gültigkeit behalten. Wenn sich der Staub erst einmal wieder gelegt hatte, würde es Versicherungsgelder geben, doch psychologisch
gesprochen war natürlich weder ein
Garantieschein noch eine Versicherung annähernd so
beruhigend wie Bares auf die Hand.
Endlich hatten sie sich wieder gefangen. Simeon drehte seine Lautstärke fast auf Schmerzhöhe.
»Bitte nehmen Sie Platz.«
Das mechanische Brüllen füllte den Raum aus. Simeon gab einige unhörbare Frequenzen hinzu, die dafür sorgen würden, daß die Menschen sich verunsichert und geduckt fühlten.
»Nun, da ich Ihre vollständige Aufmerksamkeit habe«, fuhr er in verbindlichem Ton fort und drehte die Lautstärke auf ein erträglicheres Niveau herunter, »möchte ich Sie doch ganz gern daran erinnern, daß wir soeben ordnungsgemäß den
Ausnahmezustand ausgerufen haben.«
Er hielt inne und musterte die trotzigen, zornigen Mienen.
»Die Station rechnet damit, bald Gegenstand eines Angriffs zu werden.«
Erneutes Gebrüll – diesmal aus Angst.
»RUHE!« Eine Pause. »Vielen Dank. Wir stecken alle
zusammen in der Sache. Nur daß die verehrten Herrschaften sich in Sicherheit bringen können, was weitaus mehr ist, als sich für den Rest von uns sagen läßt. Bitte behalten Sie das im Auge.
Als nächstes«, fuhr er fort, »werden wir jeden evakuieren, den wir können: Kinder unter zwölf und schwangere Frauen natürlich als erstes. Das sind ungefähr achthundert.«
Tatsächlich waren es nicht ganz so viele, aber die
Passagierunterkünfte auf Frachtern waren im allgemeinen entweder nichtexistent oder bestanden nur aus scheußlich
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