Raumschiff 5 - Carialle
Fliesen gekachelten Gang lief. An der Tür mit dem grünen Rand drehte er sich um und legte die Hand auf den Griff.
»Holla!« Brannel drehte sich wieder um. Ein
hochgewachsenes Fellgesicht mit fünf Fingern kam auf ihn zu.
Er hatte ein seltsames Antlitz mit flacher Nase, und seine Augenwinkel schossen steil in die Höhe; aber er sah dabei durchaus stattlich aus, fast so stattlich wie ein Zauberer. »Du bist fremd hier. Was glaubst du, was du da tust?«
»Ich bin von der Zauberin geschickt worden«, sagte Brannel und lehnte sich dem Hausdiener mit der ganzen Aggression eines Kämpfers entgegen, der schon die schlimmsten
Situationen überlebt hatte. Der Diener wich einen Schritt zurück.
»Wer? Welche Zauberin?« wollte er wissen. Verächtlich musterte er Brannels starkes Kinn. »Du bist keiner von uns!«
»Das bin ich tatsächlich nicht«, sagte Brannel und plusterte sich etwas auf. »Ich bin der Schüler der Zauberin Plennafrey.«
Diese Erklärung und der wie beiläufig benutzte Name der Zauberin erschreckte den Hausdiener fast zu Tode. Bestürzt riß er die Augen auf.
Brannel beachtete ihn nicht weiter und ging durch die Tür.
Der Raum war mit Stoffbildern verhangen. Er trat ans vierte Bild, von der Tür aus gerechnet, schob die Hand dahinter und betastete die Wand in Kniehöhe. Vorsichtig holte er ein dickes Bündel aus der verborgenen Tasche. Er zwang sich zum Gehen, nicht zum Laufen, als er durch die Tür zurückging, vorbei an dem verstörten Hausdienern, den Gang entlang und wieder hinaus auf den offenen Balkon.
Mit einemmal erschien der Streitwagen über der niedrigen Mauer am Rande des Abgrunds und erschreckte ihn. Keff stieß einen Jubelschrei aus, als Brannel das Bündel hochhielt, und winkte ihn ans Ende des Sessels.
»Gut gemacht, Brannel! Wo bist du, Cari?« fragte der Zauberer Keff die Luft. »Wir sind auf dem Rückweg zur Ebene. Ja, ich habe sie! Cari, ich kann sie sogar beinahe lesen!«
Der Schwebesessel schoß einmal mehr in die Höhe. Nun, da sein Werk vollbracht war und ihm der Lohn winkte, gestattete Brannel es sich, die Aussicht zu genießen. Eines Tages würde auch er, genau wie jetzt, in seinem eigenen Streitwagen über die Berge fliegen. Wie Alteis dann wohl gaffen würde?
»Sind die Papiere das, was sie zu sein scheinen?« fragte Carialle von ihrer Position über dem Südpol aus.
»Ja! Es sind technische Handbücher eines Raumschiffs«, sagte Keff hocherfreut. »Eines von unseren Raumschiffen.
Sie sind in Menschenstandard geschrieben, aber alt. Sehr alt.
Der Syntax nach schätze ich sie auf neunhundert bis
tausendzweihundert Jahre. Bitte überprüf doch einmal deine Datenbank für diesen Zeitraum, und zwar geht es um die«, er hielt einen zitternden Finger unter die Bezeichnung, um sicherzugehen, daß er sie auch richtig vorlas, »CW-53 TMS
Bigelow. Schau mal nach, wann sie gestartet und wann verschollen ist; denn über ihre Landung hier gibt es ganz bestimmt keine Unterlagen.«
Keff blätterte die zerbrechlichen, vergilbenden Dokumente Seite um Seite durch und hielt jede davon vor die Implantate, damit Carialle sie einscannen konnte.
»Dieses Dokument ist kostbar und nicht sehr robust«, sagte er. »Sollte mir irgend etwas zustoßen, bevor ich am Ziel bin, haben wir wenigstens eine vollständige Aufzeichnung davon.«
Umschlag und Seiten bestanden aus einem feingemaserten, flexiblen, inzwischen aber brüchig gewordenen Plastik. Es sprach für eine tausend Jahre alte Technologie, daß der Laserdruck immer noch vollkommen schwarz und sehr gut lesbar war. Staunend ging Keff das Dokument durch und stellte sich vor, was die ursprünglichen Besitzer wohl gesagt hätten, wenn sie jetzt sehen könnten, welchem Zweck ihre Aufzeichnungen dienten.
»Sind diese Dokumente gut?« fragte Plennafrey, das
Rauschen des Flugwinds übertönend.
»Mehr als gut!« erwiderte Keff und beugte sich vor, um ihr die Schiffsskizze und die Klassifikation zu zeigen, die im inneren Umschlagdeckel der ersten Mappe wiedergegeben war. »Sie beweisen, daß du die Nachfahrin einer
Raumschiffbesatzung der Zentralwelten bist, die vor tausend Jahren hier gelandet ist. Du bist menschlicher Herkunft, genau wie ich.«
»Das macht ja alles erst richtig wunderbar!« rief Plennafrey und ergriff sein Handgelenk. »Dann gibt es ja überhaupt keine Schwierigkeiten für uns, zusammenzubleiben. Wir könnten sogar Kinder haben!«
Keff schluckte. Wenn er nicht gerade beleidigend werden wollte, blieb ihm im
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