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Raumschiff Monitor - Alle sechs Romane

Titel: Raumschiff Monitor - Alle sechs Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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Schrägtasche deiner Weste.«
    Gérard lachte trübe. »Ein Geist, so ein winziger Taschenkobold, wird ja wohl nicht am Werk gewesen sein, obwohl es jetzt beinahe so aussieht!«
    »Was das Papier betrifft, hat kein Kobold seine Hände im Spiel gehabt – sofern solche Biester überhaupt Hände haben«, meinte Henri bitter. »Seht euch das Blatt mal an! Ist das etwa gewöhnliches Schreibmaschinenpapier, ein Originalbogen oder ein Durchschlag, wie man ihn im Laden kaufen kann?«
    Prosper krümmte seinen langen Hals zu annähernder Bananenform. Der kleine Micha reckte sich. Tati und Gérard schoben die Köpfe vor. Sie betrachteten den leeren Bogen. Eine Weile herrschte gespanntes Schweigen.
    »Laß mich mal fühlen«, forderte Tati. Sie rieb eine Ecke des leeren Blattes vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger. »Dünn wie Seidenpapier, aber es fühlt sich steifer an!«
    »Das ist kein Papier, sondern ein papierähnlicher Werkstoff«, meinte Gérard jetzt. »Ich brauche nicht Superhirn zu sein, um euch das zu erklären: Papier wurde früher aus Baumwollumpen und Leinenfetzen hergestellt. Heute nimmt man gewöhnlich Kiefern-, Fichten-, Pappel-, Buchen-und Espenhölzer dazu. Trotzdem werden selbst die finnischen und sogar auch die kanadischen Wälder in Zukunft nicht mehr ausreichen, um den Papierbedarf der Welt zu decken.«
    »Ja, aber was hat dein gelehrter Vortrag mit dem Blatt zu tun?« unterbrach Prosper. Gérard nahm es in die Hand. Und mit noch größerer Entschiedenheit erklärte er: »Das ist kein gewöhnliches Papier. Das ist irgendein Kunststoff, den man präpariert hat. Paßt mal auf. Kommt rasch in den Hausflur!«
    Die Gefährten und Loulou folgten ihm eilig.
    »Hier ist's dunkel – jedenfalls schattig genug«, fuhr Gérard fort. »Jetzt will ich euch etwas zeigen! Seht!« Er legte das Blatt gegen die hölzerne Tür, zog einen Ärmel seines wollenen Pullis herunter und hielt das Ende in der Hand fest. Dann begann er, mit dem gespannten Pulloverärmel über das Papier zu reiben.
    Als Prosper ungeduldig zu werden begann, ließ er von seinem Zauber ab: »So, und jetzt tippt mal vorsichtig drauf!«
    Micha zuckte zurück. »Ich hab einen Schlag gekriegt!«
    »Ach wo, das war nur ein leises Knistern«, meinte Tati. Henri streckte den Zeigefinger aus und tippte auf das Blatt. Er zuckte zusammen. »Es hat einen Funken zwischen Fingerspitze und dem Bogen gegeben!« bemerkte er.
    Tati kam ganz nahe heran. Plötzlich sträubten sich ihre Haare in Richtung des Blattes. Gérard ließ es los. Schon klebte es an der Haustür!
    »Henri, gib mir mal das Kuvert!« bat er. Er sperrte es so weit auseinander, daß es gerade nicht zerriß. Dabei blickte er lange und aufmerksam hinein. »Ha, da habt ihr's!« rief er. »Das, was uns der Professor geschrieben hat, liegt in Form von schwarzen Pulverkörnchen in der unteren Falte.« Er schüttete die winzigen Teilchen auf die Hand und näherte sich dem leeren Blatt an der Tür. Sofort wurden die Körnchen wie magnetisch von dem Bogen angezogen und blieben auf ihm haften!
    »Ich habe das ganze Blatt gerieben, und jetzt hält das Pulver überall. Wenn ich einen Reibschreiber hätte, würde es nur dort haften, wo ich geschrieben hätte«, fügte Gérard erklärend hinzu.
    »Aber diese – diese Pulverschrift des Professors ist doch wieder abgefallen«, hielt ihm Prosper entgegen. »Was heißt denn da haften?«
    »Schließlich sind wir hier an der Küste«, sagte Gérard. »Aber der Reihe nach: Eben habe ich nichts anderes getan, als das Blatt durch Reibung elektrisch aufgeladen. Man nennt diese Erscheinung Reibungselektrizität. Daher auch die Funken und die gesträubten Haare von Tati. Elektrisch geladene Dinge üben Anziehungskraft aus. Man kann sogar einen dünnen Wasserstrahl dadurch ablenken, der aus dem Hahn rinnt. Wegen dieser Anziehungskraft haben auch die Pulverkörnchen gehaftet. In der feuchten Luft schwindet die Anziehungskraft wieder. Vielleicht hat das schon angefangen, als wir den Brief geöffnet haben. Und dann in der Tasche: Bei diesem Wetter schwitzt man, das ergibt einen Dunst in der Kleidung, Nun, da ist die Schrift eben abgefallen. Das hat der Professor sicher vorausgesehen und auch beabsichtigt.«
    »Jetzt wird mir alles klar!« rief Prosper. »Das Schreiben war präpariert!«
    »Das Blatt war präpariert«, bestätigte Henri. »Es blieb uns Zeit genug, den Inhalt zu lesen, dann hat sich die Schrift vernichtet, wie Gérard es uns erklärte!« Er blickte auf das

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