Raumschiff Monitor - Alle sechs Romane
mußten wir auch diesen bestimmten Sonnenstrahl suchen, weil er das richtige Licht hat!«
»Ein Bildfunk-Empfangsgerät?« staunte Micha.
»Das Hologramm ist eine eingefrorene Bildnachricht«, murmelte Superhirn. »Aber dieses eingefroren' darfst du nicht wörtlich nehmen, Micha. Ich meine damit, es ist ein starres Bild. Hologramme sind eigentlich die Wiedergabe von bestimmten Lichtwellenmustern. Bei der Herstellung teilt man das Licht eines Lasers (genauer: eines einfarbigen Lichtverstärkers) in zwei Strahlen. Der erste fällt auf eine Person, einen Gegenstand oder eine Schrift – und wird von diesen angestrahlten Objekten auf eine Fotoplatte zurückgeworfen. Der zweite fällt direkt auf die Fotoplatte. Dabei entsteht das Lichtwellenmuster, das Hologramm! Wird das dann später vom Licht der gleichen Farbe wie bei der Aufnahme durchstrahlt, so werden die Lichtstrahlen so gebeugt, daß sie die festgehaltenen Objekte wieder sichtbar werden lassen.«
»Man sieht hinter der Kugelhaut, was längst vorher auf genommen wurde?« vergewisserte sich Gérard.
Superhirn nickte kurz.
Er hielt den Kugelball hoch, so das die Sonneneinstrahlung nicht durch seinen Kopf verdeckt wurde. Tati und Henri, die neben ihm auf der Bank standen, sahen das Bild jetzt so gut wie er. Im Vordergrund der Innenseite wie unter eine gekrümmten Farbfolie schien sich ein greulicher Anblick auszubreiten. Es war, als hätte die Kugel ein menschliches Ungeheuer eingefangen. Und wäre Professor Charivari den Beobachtern nicht als ihr bester Freund bekannt gewesen – sie wären von der Bank gesprungen und schreiend ins Freie gelaufen.
im Flimmern des Sonnenlichts entwickelte sich immer deutlicher das Gesicht. Erst flackerte es. Es schien, als strebten Nase, Kinn und Stirn in verschiedene Richtungen. Die Mundpartie zog sich ganz widerwärtig in die Breite, während die Ohren die Schläfen und Wangen einzudrücken drohten. Als Superhirn das Bild richtig ins Licht gedreht hatte, machte er kaum einen menschlicheren Eindruck: Der spitze Schädel war völlig kahl. Die Augenbrauen wirkten wie zwei starke, dunkle Striche, unter denen die Augen fast verschwanden. Das Auffallendste aber waren der dünnsträhnige, lange Kinnbart und die bartlosen, eingefallenen Wangen unter hohen Backenknochen.
»Warum hören wir nichts? Warum spricht der Professor nicht?« rief Micha.
»Hast du nicht begriffen?« sagte Henri unwillig. »Das ist kein gewöhnliches Fernsehgerät! Die Kugel zeigt uns ein Bild. Wenn Superhirn sie etwas dreht, sehe ich auch eine Tafel mit starrer Schrift. Aber keinen Film! Und Ton liefert das Hologramm nicht!«
.Dreh doch mal die Schrifttafel!« rief Prosper, der hinter der Bank auf Zehenspitzen stand und seinen langen Hals reckte. »Superhirn, was erkennst du?«
»Hier Professor Doktor Brutto Charivari«, las Superhirn laut ab, »ich hoffe, Superhirn hat alles folgerichtig kombiniert. Hier habt ihr meine Nachricht!«
»Was für eine Nachricht?« fragte Gérard, vor Spannung schnaufend. Superhirn las die folgenden Sätze vor: »Ich befinde mich auf meiner neuen Raumstation im Weltall.«
»Raumstation!« jubelte Micha. »Mal was anderes! Was ganz, ganz Großes! Nicht mehr Bodenstation, Unterwasserstadt oder Stützpunkt auf dem Mond!«
Superhirn verfolgte die Schrift im Innern der ballonähnlichen Kugel mit Argusaugen. »Die Orbitalstation heißt Monitor – nach dem ersten Raumschiff, in dem ihr manches Abenteuer bestanden habt. Sie kreist ständig um die Erde, nicht nur ein paar Monate wie die gewöhnlichen Besatzungen in ihren Weltraumlabors. Sie ist mit den üblichen Mitteln der Astro-Technik nicht zu orten – und außerdem unangreifbar. Kein Unbefugter weiß von ihrer Existenz, weil die Radarwellen aufgesogen und nicht zurückgeworfen werden. Unsere Station ist auch kein Versuchsobjekt mehr. Hier wird geforscht und produziert. Hier wird nicht mehr nur beobachtet, sondern Einwirkung auf die Erde genommen.«
»Das verstehe ich nicht!« maulte Micha.
»Wart´s ab!« zischte Tati.
Superhirn, auf die Schrift blickend, murmelte etwas von »Himmelserkundung, Ausbeutung der Sonnenenergie, Vermessung der Wüsten, Beseitigung von Umweltverschmutzung, Friedenslenkung, Kriegsverhinderung« und anderem, das für Micha langweilig war. Aber das nächste ließ ihn aufhorchen:
»Geht noch heute nachmittag nach Monton. Bereitet Euch auf eine Reise vor. Steigt in den letzten Waggon auf dem alten Verladebahnhof für Austern ...«
»Weiter!« forderte
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