Raumschiff Monitor - Alle sechs Romane
meinst du, Superhirn?«
Der spindeldürre junge mit dem scharfen Verstand hatte die ganze Zeit geschwiegen. Jetzt erklärte er:
»In gewöhnlichen Raumschiffen mangelt es an Platz und an Schwerkraft. Da liegen die Leute angeschnallt nebeneinander wie die Heringe in einer Büchse, und wenn sie sich losbinden, schweben sie.«
»Na, was hat das denn mit diesem langweilen Freizeit-Center zu tun?« unterbrach Prosper.
»Abwarten«, fuhr Superhirn unbeirrt fort. »Aus dem, was ich angedeutet habe, ziehe ich meine Schlüsse!«
»Jedenfalls von weit her«, meinte Gérard kopfschüttelnd.
»Nichts ist von weit her, wenn es dazu dient, einer Sache auf den Grund zu gehen«, mahnte Superhirn.
»Paßt auf: Ihr wäret imstande, euch hier ein paarmal umzugucken, in den Kommandoraum. zurückzusteigen und Henri zu melden: Fehlanzeige! In diesem Freizeit-Center ist überhaupt nichts los! Stimmt´s?«
»Klar!« rief Micha ungebärdig. »Was sollen wir denn hier? Wenn wenigstens eine große Schere da wäre, damit ich mit Tati Friseur spielen könnte!«
»Untersteh dich!« Der bloße Gedanke entsetzte das Mädchen.
»Nun hört zu!« mahnte Superhirn wieder. »Ich gehe davon aus, daß Charivari die knifflige Frage der künstlichen Schwerkraft gelöst hat. Wir bewegen uns hier wie auf der Erde, nicht wahr? Zweitens: Es ist nicht einzusehen, warum der Professor in diesem Monitor sinnlos Raum verschwendet haben sollte: Bisher war alles, was wir sahen, vollständig zweckberechnet. Weshalb sollte das hier anders sein?«
Gérard kratzte sich am Kopf. »Klingt ganz überzeugend, hm. Aber ich sehe nichts Überzeugendes!«
»Dann sperr mal die Augen auf, ob du überhaupt was siehst«, sagte Superhirn und grinste.
»He, ja – da!« rief Prosper. »Ich sehe was!« Er deutete auf das Wandstück neben der Tür. »Eins, zwei – vier sechs kleine Schubladen!«
Alle liefen darauf zu. Die kleinen Schubladen ragten aus der Wand; sie waren kaum größer als Zettelkästen.
»Spielkarten!« stellte Micha enttäuscht fest.
»Noch dazu ganz blöde«, grollte Gérard. »Ganz und gar unbrauchbar für einen ordentlichen Skat! Sie sind ja alle durchlocht!«
»Das ist was für Kleinkinder!« empörte sich Tati. »Nicht mal Micha würde damit spielen!«
»Hihi!« kicherte Prosper. Er schüttelte den Kopf. »Hihihi!«
»Scheint ein Quartettspiel zu sein«, meinte Gérard mißmutig. »Hier ist eine Karte mit Elefanten, Löwen und Giraffen drauf. So was Albernes ...«
»Gib mal her!« sagte lächelnd Superhirn. Blitzschnell nahm er dem Freund die Karte aus der Hand und steckte sie in einen schmalen Schlitz über den Schubladen.
Plötzlich war in dem eben noch so langweiligen Freizeit-Center der Teufel los. Ja – befanden sich Superhirn, Gérard, Prosper, Micha, Tati und der Hund Loulou überhaupt noch im Freizeit-Center? Waren sie denn noch an Bord des Raumschiffes Monitor?
Ober ihnen war keine Decke mehr, sondern lichtblauer Himmel, und die Sonne stach auf sie herab. Über ihre Köpfe schossen bunte Vögel mit schrillen Schreien dahin. Die Wände waren zurückgewichen. Sie standen in einer weiten afrikanischen Landschaft, umgeben von fliehenden Giraffen, rüsselschwenkenden Elefanten und brüllenden Löwen.
Plötzlich fuhr den Freunden ein jäher Buschwind durch die Haare. Sie sahen, wie sich die Gräser bogen und wie die Zweige schwankten.
Der Zwergpudel Loulou geriet fast außer sich. Und Micha war wie von Sinnen. »Die Löwen fressen den Hund!« schrie er. »Superhirn, nimm ein Gewehr! Schnell, Superhirn, schnell!«
Irgend etwas künstlich Rotes schwebte in Griffhöhe über einem Zweig, auf dem sich soeben ein entsetzenerregend widerwärtiger Geier niedergelassen hatte. Unerschrocken streckte Superhirn seine Hand aus und drückte auf das Rote, Schlagartig war der afrikanische Busch mit all seinen Eindrücken ausgelöscht, die Gefährten standen wieder in dem kahlen Raum.
»Haben wir das alles nur geträumt?« schluckte Prosper.
»Ganz und gar nicht«, amüsierte sich Superhirn. »Es hatte auch nicht das geringste mit Spuk zu tun. Erst habe ich die Karte mit den afrikanischen Tieren in den Schlitz gesteckt – und als euch vor Schreck das Herz bis sonstwohin rutschte, tippte ich auf die sichtbar gewordene Kontaktplatte. Da war der Film aus!«
»Film?« fragte Tati verständnislos.
»Ja«, nickte Superhirn. »Gewissermaßen. Auf jeden Fall, Freunde, ist dies kein langweiliges Lehrerzimmer öder noch weniger – wie Micha gemeint hat
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