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Raumzeit - Provokation der Schoepfung

Raumzeit - Provokation der Schoepfung

Titel: Raumzeit - Provokation der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes von Buttlar
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gezwungen, Paris zu verlassen, gelang es den Mandelbrots gerade noch rechtzeitig, sich vor den Nazis in Sicherheit zu bringen.
    Nur mit dem Nötigsten im Gepäck, schlossen sie sich einem Flüchtlingstreck südlich von Paris an und erreichten schließlich die Stadt Tulle. Benoit kam dort für einige Zeit bei einem Werkzeugmacher als Lehrling unter. Es war eine Zeit tiefgreifender Eindrücke und Ängste, an die er sich später jedoch kaum noch erinnerte. Ihm blieben vielmehr die Zeiten im Gedächtnis haften, in denen er sich mit Lehrern angefreundet hatte, darunter angesehene Gelehrte, die infolge des Krieges nach Tulle verschlagen worden waren.
    Nach der Befreiung von Paris unterzog er sich den mündlichen und schriftlichen Aufnahmeprüfungen für die Ecole Normale und die Ecole Polytechnique. Dabei entdeckte Mandelbrot im Verlauf einer Prüfung in Zeichnen, dass er das Talent besaß, die Venus von Milo zu kopieren. Beim mathematischen Teil des Tests konnte er sein mangelhaftes Training mit seinem geometrischen Intuitionsvermögen wettmachen.
    Später war das mathematische Multitalent Mandelbrot dann in der Forschungsabteilung des Computerriesen IBM mit ökonomischen Problemen befasst.
    Sein besonderes Interesse galt dem chaotischen Preisdschungel in der Baumwollbranche, mit dem Ansatzpunkt der kurz- und langfristigen Preisfluktuationen. Als Mandelbrot die Preisschwankungen im Computer über einen längeren Zeitraum durchspielte, stieß er auf ein erstaunliches Ergebnis:
    Auch wenn die einzelnen Preisveränderungen zufälliger Natur und unvorhersehbar, also chaotisch zu sein schienen, verbarg sich langfristig ein konstanter Rhythmus, eine Ordnung dahinter. Im chaotischen Datenwust zeigte sich unerwartet ein geordnetes System. War er hier auf eine Gesetzmäßigkeit gestoßen, die alle Bereiche des Seins betraf? Hat Chaos Methode?
    In seinem Buch »Die fraktale Geometrie« beschreibt Mandelbrot ein Verfahren, das es ermöglicht, unregelmäßige Formen mathematisch zu beschreiben. In Anlehnung an die Vorarbeiten anderer Mathematiker entwickelte Mandelbrot eine Geometrie, die es ihm gestattete, unregelmäßig verlaufende Kurvenlinien, wie zum Beispiel eine Küstenlinie, mit Hilfe einiger mathematischer Größen, die er »Fraktale« nannte, zu beschreiben.
    Mit diesen Fraktalen verfügen Physiker und Ingenieure nun über ein Verfahren, das ihnen dazu verhilft, bis dahin nicht quantifizierbare Phänomene beschreiben zu können. Fraktale sind also geometrische »Bausteine«, mit deren Hilfe sich komplexe, unregelmäßige Formen darstellen lassen.
    Die Chaosforschung hat ergeben, dass auch, wenn langfristig chaotische Systeme mit ihrem scheinbar irregulären Verhalten nicht vorhersagbar sind, sie dennoch bestimmte Verhaltensmuster zeigen, die bei völlig unterschiedlichen Systemen universell bedeutsam sind.
    Ein besonderes Phänomen bei chaotischen Prozessen sind die »strange attractors«. Dabei handelt es sich um Fraktale mit einer komplizierten und scheinbar irregulären, inneren geometrischen Struktur. Diese seltsamen Attraktoren halten sich in einem begrenzten Gebiet des Phasenraums auf, sind unendlich lang und nicht periodisch.
    Bei der Erforschung der »strange attractors« werden die innerhalb von chaotischen Systemen wirkenden Variablen auf einem Computerbildschirm durch Punkte repräsentiert und können somit auf verschiedene Muster hinweisen. Werden diese Punkte untereinander durch eine Linie verbunden, stellt sich heraus, dass diese den Hang zur geometrischen Form hat. Außergewöhnlich ist, dass sich jeder einzelne Ausschnitt dieser »strange attractors« als verkleinerte Wiedergabe des Ganzen darstellt.
    Bei kontinuierlicher Vergrößerung kann diese geometrische Form sogar in unzählige kleiner und kleiner werdende Kopien ihrer selbst aufgelöst werden. Mit den »strange attractors« wurde ein weiterer Weg gefunden, um unterschiedliche chaotische Systeme auf bisher unvorhergesehene Übereinstimmungen hin zu überprüfen.
    »Eine Reihe von Wissenschaftlern ist der Ansicht, dass mit der Chaosphysik neue, unerwartete Erkenntnisse verbunden sind. Durch das Chaos werden die Barrieren zwischen den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen weggeräumt. Denn hier geht es um eine Wissenschaft, die alle Systeme betrifft und die Denker der gegensätzlichsten Gebiete vereint hat. Chaosgläubige – wie sie sich oft selbst bezeichnen –, Bekehrte oder Evangelisten, spekulieren über Determinismus und

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