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Raumzeit - Provokation der Schoepfung

Raumzeit - Provokation der Schoepfung

Titel: Raumzeit - Provokation der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes von Buttlar
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einhundert Billionen Verbindungen. Das ist im Endeffekt unser Instrument der Wahrnehmung.
    Es stehen uns damit drei Beschreibungsverfahren zur Darstellung der sogenannten Weltwirklichkeit zur Verfügung. Die Sprache und ihre Symbolmittel, die den Inhalt unseres Denkens bilden, jeweils bedingt durch die Ergebnisse unserer Sinneswahrnehmungen, als Folge dynamischer Wechselwirkungen. Die Mathematik als spezieller Beschreibungsbereich der Sprache und des Denkens, mithilfe des Messens, als Ausdruck der Verhältnisfeststellung zwischen dynamisch bewegten Teilen und ihrer relativen Wechselbeziehung, je nach Bezugssystem und Bezugsposition. Und schließlich die mathematische Formelsprache der Chemie. Um die Fähigkeiten unserer Sinnesorgane zu verbessern und zu erweitern, haben wir Megateleskope und effiziente, datenverarbeitende Quantencomputer entwickelt, zum Beispiel unser ALMA-Projekt in der chilenischen Hochwüste Atacama. Wie Sie wissen, besteht unser Atacama Large Millimeter Array aus 50 Schüsseln von jeweils zwölf Metern Durchmesser. Die ganze Anlage steht auf 5000Metern Höhe. Auch unser Paranal-Observatorium, das VLT, ist zurzeit eine der größten und technologisch fortschrittlichsten optischen Teleskopanlagen.
    Unsere neueste Errungenschaft allerdings ist geradezu atemberaubend. Unser Hundert-Meter-Overwhelmingly Large Telescope (OWL) liefert uns nie gekannte Details von weit entfernten Galaxien, aber vor allem von anderen Planetensystemen, sodass wir eine ganze Reihe von extrasolaren, erdähnlichen Planeten entdeckt haben.
    Auch die Hubble-Konstante konnten wir wesentlich genauer definieren. Selbst wenn sich unser wahrnehmbarer Horizont durch unser innovatives High-Tech-Instrumentarium verbessert hat, insbesondere durch das adaptive Optikverfahren, stoßen wir auf Grenzen. Wir haben es mit einer Fülle neuer Modellvorstellungen zu tun, deren Verifizierung problematisch ist. Zum Beispiel kann ein Multiversum, das weit jenseits unserer observierbaren Grenzen existiert, überhaupt nachgewiesen werden? Das Multiversum ist ja ein Resultat bestimmter quantenmechanischer und Gravitations-Theorien.
    Ein weiteres Beispiel ist hier das sogenannte Inflationsszenario. Um die Ursachen und den Mechanismus dieses Prozesses schlüssig in Einzelheiten zu verstehen, müssten wir die Bedingungen vor dieser Inflation untersuchen können. Wir sind weit gekommen, was die Strukturen der Galaxien angeht, und gehen inzwischen davon aus, dass kleine Galaxien sich zusammengeschlossen haben, um große zu bilden.
    Wir kennen die Rotationsmechanismen im Zentrum der Galaxien – die Schwarzen Löcher –, wissen aber nicht, wie es in Wahrheit im Inneren dieser Einstein-Rosen-Brücken aussieht. Wir wissen inzwischen viel über das Wie, aber das Warum bleibt uns nach wie vor verschlossen.
    Unsere riesigen Radioteleskopanlagen sammeln und registrieren eine Datenflut, die wir in Statistiken einordnen. Aber wir sind gezwungen – und lassen Sie mich bekennen, dass ich froh darüber bin –, philosophische und theologische Betrachtungen dabei auszuklammern. Die Kosmologen und die Elementarphysiker sollen sich ruhig weiterhin mit dem Rätsel Raum, Zeit und Gravitation auseinandersetzen. Wir als Astronomen haben bisher weder die Raum-, Zeit- noch die Gravitationsquanten entdeckt. Das ist natürlich auch nicht unser Spezialgebiet. Wir können nur so viel feststellen, dass unsere astronomischen Beobachtungen übereinstimmend darauf hinweisen, dass wir in einem beinahe flachen Universum leben, dominiert von dunkler Materie, angetrieben in seiner beschleunigten Expansion durch dunkle Energie …
    Im Allgemeinen befassen wir Astronomen uns mit der Vergangenheit und sind damit so etwas wie Astroarchäologen. Die Entwicklungsgeschichte der Sterne und Galaxien ist ohne Zweifel faszinierend. Die kosmische Evolutionsgeschichte führt letztendlich zum Grundstein der Urknallkosmologie, und dieser ist die Nukleosynthese. Mit der Abkühlung der Temperatur im frühen Universum zwischen einer und zehn Milliarden Kelvin konnten leichtere Atomkerne zu schwereren verschmelzen.
    Diese Urknall-Nukleosynthese dauerte allerdings nur eine kurze Zeit. Das Universum expandierte und wurde kühler. Aus jener Zeit stammt der Löwenanteil des kosmischen Heliumund Deuteriumvorrats. Es ist aber doch auch verständlich, dass sich unser Blick und Interesse nicht nur auf die Vergangenheit richtet, sondern auch auf die Zukunft.
    Seit rund sechs Milliarden Jahren beschleunigt sich die

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