Raumzeit - Provokation der Schoepfung
Expansion, mit der Konsequenz, dass die Abstände zwischen den Galaxien immer mehr zunehmen. Das bedeutet: Wäre die Menschheit vor sechs Milliarden Jahren schon existent gewesen, hätte sie wesentlich mehr Galaxien gesehen, als wir heute beobachten können.
Ferne Galaxien verlassen unser Blickfeld durch die Expansion. Nahe gelegene Galaxien rücken durch die gemeinsame Gravitation enger zusammen und bilden schließlich eine einzige Supergalaxis. In rund 80 bis 100 Milliarden Jahren werden die meisten Galaxien jenseits des Ereignishorizonts verschwunden sein.
In der fernen Zukunft wird es einsamer. Unsere lokale Gruppe, das heißt, die Milchstraße und die Andromeda-Galaxis inklusive der umlaufenden Zwerggalaxien, werden sich zu einem Supersternhaufen formieren. Alle anderen Galaxien verschwinden dann hinter dem Ereignishorizont ins Nirgendwo. Was bleibt, ist eine riesige Inselgalaxis, eingebettet in der dunklen RaumZeit.
Ob diese Vorstellung über die zukünftige Entwicklung unseres Universums korrekt ist, wird sich durch weitere Berechnungen und Messdaten erweisen. Ich danke Ihnen, dass sie mir Gelegenheit gaben, ihnen einen kurzen Überblick über meine Arbeit zu geben.«
Der deutsche Astronom erntet verhaltenen Applaus, sammelt umständlich seine Unterlagen zusammen und geht gemessenen Schrittes von der Bühne.
Der nächste Referent auf der Agenda ist der bekannte englische Mathematiker und Physiker von der Universität Oxford. Sein Vortrag trägt den Titel: »Die RaumZeit und der Thirring-Lense-Effekt und seine Bedeutung für die Quantengravitation.«
»Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Ladies and Gentlemen! Seit die österreichischen Forscher Joseph Lense und Hans Thirring bereits 1918 die These vorstellten, dass nicht nur ein massereiches Objekt die RaumZeit krümmt, sondern dass ein rotierendes Objekt die RaumZeit in seiner Umgebung mit sich zieht, haben sich zahlreiche Wissenschaftler mit diesem Konzept befasst. Dieser sogenannte Thirring-Lense-Effekt besagt, dass eine rotierende Masse die RaumZeit an ihren Rändern regelrecht mitschleift. Ganz gleich, ob Stern, Planet oder massereiches Schwarzes Loch, die RaumZeit wird durch die Rotation mitgezogen.
Das Konzept der beiden österreichischen Forscher, die sich ja in ihren Ideen auf die allgemeine Relativitätstheorie stützten, schien damals zwar faszinierend, konnte aber technisch nicht nachgewiesen werden. Und dennoch eröffnet der Thirring-Lense-Effekt die mögliche Antwort auf eine profunde Frage: Aus was besteht die RaumZeit? Die Vorstellung des Raums als Nichts, als die große Leere, kann, falls der Thirring-Lense-Effekt nachgewiesen würde, verabschiedet werden.
Es ist natürlich offensichtlich, dass die Krümmung der Raum-Zeit durch die Erde, zum Beispiel, und das Mitschleifen der RaumZeit durch die Erdrotation, äußerst gering und deshalb kaum zu messen ist. In der Zeit von Thirring und Lense, 1918, konnte der Effekt nicht nachgewiesen werden.
40 Jahre lang arbeiteten Physiker an einem 700-Millionen-Dollar-Projekt, um den Thirring-Lense-Effekt nachzuweisen. Es war eines der teuersten NASA-Grundlagenprojekte aller Zeiten. Am 16. Mai 2007 präsentierte der NASA-Wissenschaftler Barry Muhlfelder von der Stanford University das sensationelle Resultat des Forschungssatelliten Gravity ProbeB, das den Thirring-Lense-Effekt bestätigte.
In diesem Experiment wurden minimale Änderungen in der Ausrichtung der Rotationsachsen von vier Gyroskopen nachgewiesen. Es handelte sich bei diesen Veränderungen um 42 Milli-Bogensekunden durch den Thirring-Lense-Effekt. Die Abweichungen der Rotationsachse wurden mithilfe hochempfindlicher, supraleitender Quanteninterferenz-Detektoren (Squids) durchgeführt. Auch die RaumZeit-Krümmung konnte mithilfe der Gravity Probe B bestätigt werden. Außerdem haben die zwei Satelliten der Gravity Probe C gravitonmagnetische Effekte, die durch die Erdrotation verursacht werden, mit Erfolg vermessen. Der Nachweis des Thirring-Lense-Effekts, also des Frame Dragging Effect, auf das Gyroskopsystem hat unser Verständnis für die RaumZeit-Struktur inzwischen wesentlich verbessert. Wir arbeiten zurzeit daran, die RaumZeit mit der Gravitation als ein einheitliches Feld zu sehen.
Ich würde Ihnen gerne nach der Mittagspause Details über die Technik und die Messdaten präsentieren.« Der englische Mathematiker lockert seinen Schlips mit den Oxfordfarben und verlässt die Bühne über die Treppe.
Der österreichische Physiker
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