Raus aus dem Har(t)z IV!
Drei konnte ich erkennen, dass sie mindestens ebensolche Hoffnungen in das neue Jahr steckten, wie ich es tat. Hoffnungen, dass alles besser wird und nicht im Hartz IV endet. Im Harz, oder besser gesagt: dessen Ausläufern, wohnten wir ja schon.
***
Der Abend entwickelte sich tatsächlich weitaus positiver, als ich zuvor angenommen hatte. Wir machten Scherze, unterhiel ten uns ausgelassen und als das Thema schließlich auf das fiel, was Stefan letzte Woche vorgetragen hat, machten wir uns daran, konkretere Pläne zu schmieden. Es war tatsächlich so, dass wir uns alle inzwischen mit dieser zugegeben seltsam klingenden Idee der ‚Mastermind Gruppe‘ anfreunden konnten. Gemeinsam von dem Wissen jedes einzelnen profitieren, das war es, was unterm Strich stehen sollte. Das Prinzip, dass jeder einzelne für sich noch lang nicht so erfolgreich sein könnte, wie die geschickte und clevere Kombination aus den Stärken aller. Wir erkannten, dass diese Kombination weit mehr sein würde, als eine bloße Addition von vier Einzelstärken, sondern dass daraus etwas Erfolgreiches erwachsen könnte. Und je länger wir darüber sprachen, desto sicherer wurden wir uns alle. Endlich das Heft wieder selbst in die Hand nehmen. Und wenn es mit einer so unkonventionellen Idee wie die der ‚Mastermind Gruppe‘ war. Ein Gefühl des Aufbruchs und der Vorfreude stieg in mir auf und verdrängte alle Zweifel, die ich in diesem Moment noch an der Idee gehabt haben könnte. Die Minuten und Stunden schienen nur so zu rennen, während wir immer konkretere Pläne schmiedeten und unsere Idee zu mehr Gestalt verhalfen. Beginnen wollten wir schon in der darauf folgenden Woche, in der ein sehr großer Antik- und Flohmarkt in unserem Viertel stattfinden sollte. Der erste Test, die erste Härteprobe für diese immer noch sehr gewagte Idee, die mir viel zu einfach erschien, als dass darin nicht irgendein Haken verborgen sein könnte. Ein Fallstrick, der jetzt noch nicht zu sehen war und über den ich später stolpern könnte. Doch ich fand nichts. Ich fand noch keine Schwachstelle, wenn alles tatsächlich so laufen werden würde, wie wir es an jenem letzten Abend des Jahres gemeinsam planten. Ich sollte für die Aufspürung der Raritäten und wertvolleren Antiquitäten zuständig sein, bei denen ich davon ausgehen könnte, dass sie deutlich mehr Geld erzielen, als was sie uns kosten. Stefan und Tobias wollten sich darum kümmern, wie es am besten weiter verkauft werden kann, wobei Tobias den Teil bekam, der sich mit allem beschäftigte, was mit dem Internet zu tun hatte. Auch weil er sich selbst darin als Fachmann sah und genau wusste, wie man richtige Bilder macht, die auch ohne viel Text verkaufen können. Hinzu eine ausführliche Recherche, mit welchem Teil man es zu tun hat und welche Preise bislang für ähnliche erzielt wurden. Michael bekam ebenfalls die Aufgabe, in Sachen Investition zu recherchieren und aktuelle sich bietende Chancen zu erkennen und zu recherchieren. Jeder hatte seine Aufgabe und das Geld für den Anfang lag auch bereit. Jeder wollte mit 250 Euro den Startkapitaltopf auffüllen, sodass für unsere erste Investition insgesamt 1000 Euro zur Verfügung stehen würden. Wobei ich mir sicher war, dass diese Bereitschaft und vor allem diese Höhe nur dem Umstand geschuldet war, dass die Überweisung der Arbeitsagentur pünktlich bei den Jungs eintraf. Denn dass sie über großartige Rücklagen verfügten, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Es konnte also losgehen. Alles war bereit und wir lehnten uns zurück und prosteten uns zu, auf dass uns dieser Plan gelingen und die Zukunft zum Positiven verändern würde. Erst jetzt fiel uns auf, wie schnell die Zeit vergangen ist, während wir über unser Vorhaben nachgrübelten. Inzwischen war es Viertel vor zwölf. Nur noch fünfzehn Minuten bis zum Neuen Jahr! Wir nahmen unsere Gläser und gingen auf den Balkon, um das Feuerwerk sehen zu können. Ein Vorteil, wenn die Wohnung im elften Stock liegt, dass die Aussicht himmlisch sein kann. Aber eben nur ‚sein kann‘. Denn die Wohnung der Drei zeigte nach hinten heraus, zum benachbarten Plattenbau. Bei mehr als zwanzig Etagen blieb also nicht viel Sicht auf den Nachthimmel für das Feuerwerk übrig. Aber das sollte uns nicht stören. Wir hatten auch ohne Feuerwerk ein Strahlen in den Augen. Denn wir wussten alle, dass uns unser Vorhaben wieder eine Aufgabe und einen Sinn gab. Während wir alle auf dem Balkon standen
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