Raus aus dem Har(t)z IV!
was da in diesem Becher vor sich hin dampfte weit entfernt. Nach einem kurzen Schluck aus dem Becher drehte ich mich dann auch sofort wieder zu der Bude um, hinter deren Tresen die Verkäuferin voller Schuldgefühle anfing hektisch den Lappen zu schwingen, als sie meinen bissigen Blick erkannte. Vermutlich ahnte sie bereits, dass sie jeden Moment damit rechnen müsste, dass ich ihr dieses eingefärbte heiße Wasser über die weiße Kittelschürze schütten würde wenn sie anfängt freundlich zu schauen. Schuldgefühle gingen, das zeigte mir, dass sie sich schuldig fühlte. Waffenstillstand also. Wobei ich immer noch versucht eherauszufinden, mit welchen Zusatzgeräten es diese Verkäuferin schaffte, einen echten Kaffeeduft in der Halle zu verbreiten. Verbrannte sie die Kaffeebohnen hinter der Bude? Denn aus der Maschine konnte der Duft unmöglich kommen. Zumindest nicht aus der, aus der sie uns den Kaffee einschenkte. Michael schien von all dem nichts mitzubekommen. Er schlürfte aus diesem Schnabelbecher und blickte sich neugierig um. „Na, siehst Du schon was Interessantes?“ fragte ich ihn schließlich, als meine anfängliche Aufregung über den Becherinhalt nachgelassen hatte. „Nein, ich habe mir nur gerade gesagt, dass ich nächstes Mal vielleicht doch noch den Kaffee bei Dir trinke, den ich heute ablehnte. Denn um diese Zeit scheint ja wirklich noch nichts los zu sein.“ Ich musste lachen, als er das sagte. Aber mein Angebot zum Kaffee war eher der Höflichkeit geschuldet, denn ich war auch nervös, endlich hier auf den Markt zu gehen. Zumal es immer von Vorteil war, seine Runden drehen zu können, bevor alle Händler mit Auspacken fertig waren. Denn dann würden diese ebenfalls ihre Runden drehen und die besten Schnäppchen von ahnungslosen Verkäufern für sich einsacken, nur um sie dann selbst auf anderen Märkten weiter zu verkaufen. Dabei war ich schon öfter auf diesem Markt, eigentlich jedes Mal wenn er veranstaltet wurde. Nur bislang eher zum Schlendern und Bummeln und weniger, um gezielt nach etwas zu suchen, dass sich später teurer weiter verkaufen lässt.
Als der Kaffee, oder das, was hier unter diesem Namen verkauft wurde, getrunken war ( in Michaels Fall, in meinem Fall landete der volle Becher so wie er war auf dem Boden, rein zufällig natürlich ) machten wir uns auf die erste Runde über den Markt. Hindurch, durch die halbfertig aufgebauten Stände, entlang an geöffneten Kofferräumen, aus dem einige der privaten Händler heraus ihre Sachen verkauften und schließlich wieder zurück den ganzen Weg, wobei mit jedem Mal Schlendern Fortschritte im Aufbauen erkennbar waren. Nicht mehr lange, und wir würden wissen, was jeder verkaufen würde und bei wem wir die Chance hätten, die 1000 Euro loszuwerden, die es galt zu investieren. An einem fertig aufgebauten Stand musste ich zwangsläufig anhalten. ‚Bekannt aus dem TV‘ stand da auf einem roten Transparent, das quer hinter dem Stand aufgehängt war. Ich liebe ja diese Vorführungen von Wundermittelchen und Dingen, die man eigentlich nicht braucht, die aber so interessant aussehen und so tolle Dinge machen konnten. Vor einigen Monaten habe ich mir zum Beispiel so einen wunderschwamm gekauft, der auch an so einem Stand vorgeführt wurde. Der Verkäufer kippte Rotwein auf ein Teppichstück, dann Schwamm drauf und schon war der Fleck weg und fast die halbe Flasche Rotwein in diesem kleinen Schwamm drin. Ich war verblüfft und habe erst mal zwei davon mitgenommen. Die waren als Doppel ja deutlich günstiger. Dann zu Hause angekommen wollte ich diese Wunderwerke ausprobieren, hatte aber keinen passenden Fleck zur Hand. Kurz nachgedacht, zum Kühlschrank und die Bratensauce auf den Teppich geschüttet. Ich wollte selbst dieses Kunststück vollbringen, das der Verkäufer mit umhängtem Mikrofon am Stand der Menge vorführte. Doch dann die Ernüchterung. Ich konnte den Schwamm auf den Fleck tatschen so oft ich wollte, die Sauce blieb im Teppich. Der Fleck wurde eher noch größer als er ursprünglich war und die Farbe veränderte sich von dunkelbraun zu einem tiefen Beige. Nach stundelangem Rubbeln, scheuern und probieren hatte ich mich dann dazu entschlossen, die Wohnzimmermöbel neu zu arrangieren. Heute steht der große Sessel direkt über dem Fleck und ich bin froh, dass er sich nicht noch weiter ausgebreitet hat. Aber dennoch hatten diese Vorführer und redegewandten Verkäufer so etwas magisches, wenn sie die tollen Sachen vorführten,
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