Rausch der Unterwerfung
verschränkte sie ihre Hände vor sich und schaute sich um.
„… und mach es dir bequem.“
So gastfreundlich das klingen mochte, in einem Raum, der keinerlei Sitzmobiliar enthielt, nutzte ihr das herzlich wenig. Zwar entdeckte sie unter dem Küchentresen zwei hohe Hocker mit Sitzflächen aus Leder, doch es erschien ihr unangemessen, in diesem hinteren Winkel des Raums auf Miguels Rückkehr zu warten. Also blieb sie auf dem weißen Teppich stehen und richtete ihren Blick zur Treppe.
Von oben kamen allerlei Geräusche, manche konnte sie einordnen, wie aufgezogene Schubladen etwa oder Miguels Schritte, andere nicht. Nach einer ganzen Weile hörte sie Wasser rauschen.
Das durfte doch nicht wahr sein! Duschte er etwa in aller Seelenruhe, während sie hier unten fast nackt auf ihn wartete und sich plötzlich nur allzu bewusst wurde, wie verdreckt sie selber war? Am Morgen hatte sie zwar, wie von ihm gefordert, eine lange Zeit in der Badewanne verbracht, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt des Tages lieber geduscht hätte, aber im Laufe der letzten Stunden war sie mehrmals aus ganz unterschiedlichen Gründen arg ins Schwitzen geraten. Anne schaute an sich herab. Die Fußteile ihrer Strümpfe verdienten die Bezeichnung weiß schon lange nicht mehr. Sie hatten sich deutlich sichtbar mit dem Staub der Straße angefreundet, und nur der Schattenriss ihrer Riemchensandalen zeichnete sich hell auf dem schmutzigen Grau ab.
Das Rauschen der Dusche verstummte. Die Gelegenheit, sich wenigstens schnell in der kleinen Küche frisch zu machen, war ungenutzt verstrichen. Sie ärgerte sich.
Es dauerte jedoch noch eine ganze Weile, bis Miguel endlich auf der Treppe erschien. Beinahe hätte Anne vor Erleichterung geseufzt, hatte sie doch schon befürchtet, bis ans Ende ihrer Tage hier stehen zu müssen. Allein sein Anblick hielt sie davon ab.
Sie beobachtete ihn, wie er langsam auf sie zukam. War dieser Auftritt etwa inszeniert?
Wie ein Gott … oder Satan höchstpersönlich erschien er ihr plötzlich. Er trug eine lange, weite Hose aus schwarzer Baumwolle, die am Bund von einer weißen Kordel zusammengehalten wurde, sonst nichts. Seine bloßen Füße hinterließen auf den schwarzen Fliesen Spuren, die sich jedoch schnell verflüchtigten. Winzige Wasserperlen glänzten auf der gebräunten Haut seines Oberkörpers, und sein von der Dusche noch feuchtes Haar hatte er am Hinterkopf zusammengebunden, obwohl das winzige Büschel, das aus dem Haarband hervorragte, kaum die Bezeichnung Zopf verdiente. Die Frisur ließ sein Gesicht strenger erscheinen, auch wenn er leicht lächelte, als er schließlich vor ihr stand.
„Ich hoffe, dir war nicht langweilig“, sagte er.
Sie schüttelte den Kopf.
„Gut!“
Er wandte sich ab und ging erneut weg. Anne seufzte unterdrückt. Er hatte nicht einen einzigen Blick auf ihren Körper geworfen, schon gar keinen begehrlichen. Obwohl sie zugeben musste, dass sie einen solchen im Moment kaum verdiente. Mit seinem Erscheinungsbild hielt er alle Trümpfe in der Hand, und Anne fühlte ihr Ego auf Mausgröße zusammenschrumpfen.
Mit der schwarzen Sporttasche, die er in der Zwischenzeit aus dem Auto geholt hatte, kehrte er zurück und ließ sie neben Anne auf den Boden fallen. Dann hockte er sich davor nieder, öffnete sie und schüttelte den gesamten Inhalt auf den Teppich.
Annes Augen wurden kugelrund. Damit war er durch die Handgepäckkontrolle gegangen?
Ein buntes Sammelsurium verschiedenfarbiger Seile, Ketten, Ledermanschetten, Handschellen, Fußfesseln, Karabiner und andere Metallteile, deren Sinn sie nicht sofort erkennen konnte, breitete sich zu Annes Füßen aus.
Miguel lachte, als er ihren Gesichtsausdruck sah und ihre ungestellte Frage sofort richtig deutete.
„Es ist immer wieder ein Genuss, den Damen und Herren am Flughafen zu erklären, wozu ich all das hier brauche. Aber sie können nichts machen, es ist nicht verboten.“
Sie lachte leise und versuchte, sich die Szene vorzustellen.
Als er das wilde Durcheinander ein wenig sortiert hatte, stand er auf und schaute sie zum ersten Mal richtig an.
„Wie fühlst du dich?“
„Ehrlich gesagt“, begann Anne vorsichtig. „Ich würde auch ganz gern …“
„Ich weiß“, unterbrach er sie schroff. „Aber heute möchte ich dich so und nicht anders.“
„Ich stinke bestimmt zum Himmel“, wand sie noch einmal ein.
„Nur ein bisschen“, sagte er daraufhin und nahm ihre Handgelenke. Er hob ihre Arme ein Stück in die Höhe und
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