Rausch der Unterwerfung
als das. Er machte keinen Unterschied zwischen Job und Vergnügen, und seine Erwartungen an sie gingen über eine vergnügliche Affäre hinaus, sie machten Annes Besuch zu einer ernsthaften Angelegenheit. Darüber hatten sie nie gesprochen, auch nicht darüber, was letztendlich mit den Aufnahmen geschah, die er von ihr machte. Es gab so einiges, was er einfach voraussetzte, ohne sie gefragt zu haben. Schon mit dem Flugticket hatte er sie überrumpelt und ihr eine spontane Entscheidung abgenötigt, die vielleicht anders ausgefallen wäre, hätte sie Zeit gehabt, sich die Sache gründlich zu überlegen. Doch jetzt hatte sie das Gefühl, dass er Grenzen überschritt. Er benutzte sie, aber nicht so, wie sie gedacht hatte, nicht auf die Art, die sie erhoffte, nach der sie sich bereits zu sehnen begann.
Auf Liebesdienste ihrerseits konnte er offenbar mühelos verzichten, und nun hatte er auch noch ihre Mitarbeit bei seinen Sessions für überflüssig erklärt. Alles, was er wollte, war eine Marionette, die sich unter seinen Händen bog und streckte und dabei auch noch stumm blieb wie ein Fisch. Das tat weh.
Ob er bemerkte, wie sie mit ihren aufsteigenden Tränen kämpfte, war ihm nicht anzusehen. Zwar warf er ihr hin und wieder einen forschenden Blick zu, während er ihr Haar über die Schulter nach vorn zog und zu einem lockeren Zopf zusammenflocht, doch sein Gesicht blieb ausdruckslos.
„Den Rücken gerade, und beug dich etwas nach vorn“, war alles, was er sagte, als er sich schließlich vor ihr erhob.
Anne tat es und verfluchte die Hitze, die in ihr aufstieg. Angesichts ihrer gedrückten Stimmung empfand sie es als demütigend, dass ihr Körper unbeirrt auf ihn reagierte, zumal er überhaupt nichts gesagt hatte, was diese Reaktion rechtfertigte. Sie schob es der fertigen Bondage zu, deren Reiz sie sich schon seit einiger Zeit bewusst zu entziehen versuchte.
Die Arbeit war gelungen, elegant, kunstvoll, ein Meisterwerk zweifelsohne und im flackernden Schein des Feuers sicher ein atemberaubender Anblick. Doch Anne fiel es schwer, sich als Teil des Ganzen zu fühlen, und ihr Bedauern, dass Miguel es ihr faktisch unmöglich gemacht hatte, diesen wunderbaren Moment zu genießen, verwandelte sich allmählich in Wut. Er hätte alles haben können. Sie war mehr als bereit gewesen, seine Wünsche zu erfüllen. Nun war ihr klar geworden, dass er gar keine hatte.
Mit seinen Händen drückte er Annes Kopf zur Seite und strich eine lose Strähne hinter ihr Ohr.
„So bleiben“, hörte sie ihn raunen.
Dann ging er von ihr weg. Kurz darauf hörte sie die Verschlüsse des Alukoffers schnappen, der die Kamera barg. Sie vernahm das leise „Klick“, mit dem ein Objektiv einrastete, und wenig später das energische Zirpen, das sie schon am Abend zuvor kennengelernt hatte.
Endlich schien sie Miguel einen Anblick zu bieten, der ihn zufriedenstellte, würdig, von seiner Kamera festgehalten zu werden. Sie hätte am liebsten geschrien. Ihre Augen brannten erbarmungslos, und ihre Lippen begannen zu zittern wie die Flügel eines Kolibris. In ihrem Inneren bebte eine gefährliche Mischung aus Wut, Bitterkeit und unterdrückter Erregung, der sie kaum Herr wurde. Ihr war klar, dass sie sich seit Miguels Ansprache unmerklich in diese Stimmung hineingesteigert hatte. Nun konnte sie nichts mehr dagegen tun. Aber sie empfand eine gewisse Genugtuung, ihm zu zeigen, wie verletzt sie sich fühlte und dass sie nicht länger bereit war, zu kooperieren. Selbst, als sie die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte, empfand sie Triumph. Wenn sie damit die Aufnahmen ruinierte, war es ihr nur recht.
„Ja.“
Er hatte leise gesprochen, Anne hatte es trotzdem gehört. Die Kamera zirpte unentwegt.
Ja?
Annes Körper versteifte sich unwillkürlich, das Zittern verebbte, die Rinnsale auf ihren Wangen begannen zu versiegen. Mit einer trotzigen Geste hob sie den Kopf. Verdammt noch mal!
Als es laut in einem der glühenden Holzscheite knackte, zuckte sie regelrecht zusammen und merkte erst jetzt, wie angespannt sie war.
„Nicht bewegen! Bleib bei mir!“
Wieder ein Zirpen, diesmal aus einer anderen Richtung; Miguel wechselte seine Positionen lautlos, als wolle er vermeiden, dass sie wusste, wo er war.
Zischend stieß Anne die Luft aus ihren Lungen. Aber noch während sie darüber nachdachte, wie sie seine Arbeit als nächstes sabotieren konnte, ließ ihre Wut schlagartig nach.
Bei ihm bleiben? Die Worte klangen nach Nähe, wie eine Umarmung, wie
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