Rausfliegen mit Erfolg
spontanen Abflug mit unbekanntem Ziel. Gedanken folgen Impulsen, die wir aufnehmen. Intern wie extern. Gedanken lassen sich nicht immer steuern. Sie fragen nicht, ob sie erwünscht sind. Scheinbar aus dem Nichts tauchen sie auf und schicken unseren Kopf auf eine Reise, die mehr oder weniger erholsam sein kann.
Ein aufmerksames Gegenüber registriert Ihre gedankliche Abwesenheit an Ihrem Blick und Ihrer Körperhaltung und versucht, Sie zurückzuholen: mit Blickkontakt, durch Verkürzung der räumlichen Distanz oder durch direkte Ansprache. Wenn, ja wenn Ihr Gegenüber nicht zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Und dies ist gerade bei Trennungsgesprächen sehr oft der Fall. Während Ihr Boss vielleicht gedanklich seine Argumente für Ihren Rauswurf immer wieder von Neuem ordnet, auf seine eigenen Körpersignale achtet, um halbwegs souverän zu wirken, merkt er gar nicht, dass er Sie schon nach Aussprache der Kündigung gedanklich verloren hat. Er löst in Ihnen eine wahre Gedankenlawine aus.
Betroffene berichteten in meinen Interviews von ihren ersten Gedanken, die ihnen spontan nach dem Ausspruch der Kündigung durch den Kopf schossen. Diese lassen sich grob in drei groÃe und eine Ausnahme-Gruppe teilen: 7
Blankes Unverständnis:
â Ich verstehe die Welt nicht mehr. Das passiert jetzt aber nicht wirklich mir. Das kann alles gar nicht sein. Das muss ein Irrtum sein, im Eifer des Gefechts ein Missverständnis. Liegt da eine Verwechslung vor? Warum habe ich nicht früher Feedback bekommen? Kürzlich bin ich von meinem Chef noch vor der ganzen Mannschaft gelobt worden. Er hat in einem Vier-Augen-Gespräch explizit gesagt, dass ich nicht von der Restrukturierung betroffen bin. Ich habe Gerüchte über andere gehört, aber ich? Ich hatte das komplexe Projekt erfolgreich abgeschlossen, das ist der Dank. Ich hatte meine Ziele übererfüllt und erwartete eine Beförderung. OK, ich habe das Angebot für den internen Karriereschritt vorerst abgelehnt, aber das kann doch nicht der Grund sein. Die Firma wird sich doch etwas einfallen lassen. Man wird mir einen Ersatzjob anbieten. â
Wie naiv kann jemand sein, der sich zu einem Meeting mit dem Thema âWir müssen was Persönliches besprechenâ in einem Konferenzraum befindet, wo er seinem Chef und einem Personalvertreter gegenübersitzt, zu glauben, es gehe ihm nicht an den beruflichen Kragen?
Nun, Sie kennen wahrscheinlich den klassischen Spruch vom âGehört ist noch nicht verstanden, ...â In der Geschäftswelt bedeutet GLAUBEN, jemandem etwas zuzutrauen. Wenn Sie einen Wohlfühljob in einer Wohlfühlfirma mit Wohlfühlunternehmenskultur haben, die mit kontinuierlich guten Ergebnissen auch den Wohlfühlfaktor der Aktionäre aufrecht erhält, wie realistisch schätzen Sie dann einen massiven Mitarbeiterabbau zur Ergebnisverbesserung ein? Wenn Sie von Ihrem Chef gelobt werden, von Ihrem Arbeitgeber ob Ihrer Performance einen Extrabonus ausbezahlt bekommen, wie sehr können Sie sich dann Ihren Rauswurf vorstellen? Eben. Manche Botschaften sind für den Empfänger im wahrsten Sinne des Wortes so unglaublich, dass sie erst einige geistige Hürden überwinden müssen, um ans Ziel zu kommen. Dass dies dem Arbeitgeber auch durchaus bewusst ist, möchte ich mit einem weiteren Zitat unterstreichen: â Ich habe von international die Aufgabe bekommen, dir zu sagen, dass wir uns von dir trennen. Das ist kein Scherz ⦠â
Innerer Kampf:
â ScheiÃe. Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht. Jetzt ist es raus. Endlich Gewissheit. Jetzt passiert es doch. Sie werfen tatsächlich mich hinaus. Dass sie wirklich so leicht auf mich verzichten. Warum ich? Warum bekomme ich keine Chance? Warum trifft es nie die Richtigen, sondern immer die Teuersten? Warum nur habe ich meinen ursprünglichen Verdacht verdrängt? Wie elegant sie mein Misstrauen abgewiegelt haben. Ich laufe sehenden Auges in meine eigene Kündigung. Ich habe den Kopf in den Sand gesteckt. Ich hätte es wissen müssen. Da laufen die längste Zeit Berater durchs Haus und ich glaube an die gute Fee. Der Chef hat auf die falschen Berater gesetzt. Jetzt hat sich bestätigt, dass mein Vorgesetzter eine schwache Führungskraft ist. Was hier passiert ist ungerecht. Wie können Sie mich so unfair behandeln. Das warâs dann wohl nach über 20 Jahren. Aus und vorbei. âNa
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