Rausfliegen mit Erfolg
rüpelhaft. Sie haben auch nichts gegen ihn. Sie haben nur andere Wertvorstellungen und Ihre Prinzipien, die Sie mit vielfältigen Gesten unterstreichen. Und deswegen fahren Sie genau so, wie Sie es für richtig befinden, nämlich extra langsam. Ein klares Signal an das Auto hinter ihnen.
Auch scheidende Mitarbeiter haben ihre Prinzipien.
Rausflieger pflegen ihr Abschiedsritual. Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlassen müssen, sind bestrebt, eine geordnete Ãbergabe sicherzustellen. Sie verhalten sich betont korrekt. Sie räumen ihren Schreibtisch auf, ordnen die Hängeregister, leeren den Papierkorb, richten die schief hängenden Bilder gerade, gieÃen nochmals die Blumen und drehen schlieÃlich eine Abschiedsrunde, bei der sie geborgte Sachen zurückgeben. Auch um jenen mit Versöhnung zu begegnen, die nicht gerade zu ihren Lieblingskollegen zählten. Sie setzen sich schlieÃlich mit Ãbereifer dafür ein, dass die sonst von ihnen bewältigten Aufgaben, seien sie noch so klein, auch am nächsten Tag ordnungsgemäà erledigt werden.
Umso gereizter reagieren sie auf eine übertriebene Beschleunigung der Abwicklung. Oft führen vermeintliche Kleinigkeiten dazu, dass sich Angestellte mit voller Aggression gegen ihre ehemaligen Arbeitgeber wenden. Und dies zu einer Zeit, zu der über die eigentliche Beendigung des Dienstverhältnisses bereits Einigung erzielt wurde. Jenen, die ihren aufkeimenden Ãrger tapfer hinunterwürgen, bleibt der Frust. Und dieser ist den Betroffenen auch Jahre danach immer noch anzusehen. Immer noch steht die Frage im Raum: Welchen Beitrag habe ich für meinen ehemaligen Arbeitgeber aus dessen Sicht eigentlich geleistet?
â Warum gab es zum Zeitpunkt meiner Kündigung noch keinen Nachfolger? Sie haben doch den Zeitpunkt bestimmt.
Warum bin ich eigentlich noch drei Wochen geblieben, wenn mir kein einziges Mitglied der Nachfolgeorganisation eine Frage gestellt hat?
Warum möchte keiner mehr die Unterlagen, die bis letzte Woche noch superwichtig waren? â
Wenn die Trennungsformalitäten geklärt sind, geht es dem Arbeitgeber um einen raschen Abschluss und Neubeginn, dem Arbeitnehmer um einen würdigen Abschluss vor einem Neubeginn. Nur ein abgeschlossenes Kapitel ermöglicht dem freigesetzten Arbeitnehmer die volle Konzentration auf eine neue Aufgabe.
Die Frage nach der Fairness in der Behandlung wurde von all meinen Gesprächspartnern ebenso stark an den âSoft factsâ gemessen wie an der finanziellen Abfertigung. Offensichtlich macht immer noch der Ton die Musik. Und offensichtlich liegen die gröÃten Missverständnisse immer noch in der Kommunikation.
Zuletzt Diplomatie
Worüber streiten Politiker beim Klimaschutzgipfel und PR-Manager bei der Vorbereitung des Jahresberichts?
Ãber den Wortlaut des zu verfassenden Dokuments. In unserer vernetzten Welt ist die Kommunikation nicht mehr Mittel zum Zweck, sondern das Produkt selbst. Das gilt in besonderem MaÃe für Unternehmenskommunikation.
Was früher als Mitteilung am Schwarzen Brett hing, geht heute in Sekundenschnelle übers Intranet hinaus. An alle also. Umso heikler sind die Formulierungen. Das âSahnehäubchenâ der Unternehmenskommunikation ist die Mitarbeiterinfo über organisatorische Ãnderungen. Keiner anderen Kommunikation wird so viel Aufmerksamkeit zuteil wie dieser. Fordert man für eine derartige Aussendung eine Lesebestätigung an, kann man in kürzester Zeit den Posteingang überquellen lassen. Die intensive Zuwendung steht jedoch oft im krassen Gegensatz zum Nutzen der Information. Glaubt man den Befragten, dann sind derartige Verlautbarungen nicht selten durch zwei Eigenschaften charakterisiert:
Sie kommen zur Unzeit.
Und dies in beiden Richtungen. Entweder viel zu spät, weil sich irgendjemand verplappert hat und so die organisatorischen Ãnderungen bereits von den Branchenmedien publiziert wurden. Oder zu früh, weil die Betroffenen noch nicht einmal die Möglichkeit hatten, ihre engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich zu informieren.
Sie enthalten nur Floskeln.
Nichts wird âdiplomatischerâ formuliert als der Abgang einer Führungskraft. Die Standardsätze dafür kennt jeder aufmerksame Leser aus den Karriereteilen der Fachmedien. So verlassen bei individuellen Freisetzungen die Arbeitnehmer meist ihre Firma, weil âes Auffassungsunterschiede
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