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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Augen, in deren Tiefen ein Funke von Trauer und Müdigkeit glomm, in die Welt zu blicken. Auch jetzt erfasste er mit einem raschen Blick die Örtlichkeit und flüsterte seinem Herrn ein paar eilige Worte zu.
    »Ah, wie ich höre, sind jetzt alle hier versammelt«, fuhr der Greis mit weithin hallender Stimme fort. »Ich grüße Euch, Ihr Damen und Herren - und ganz besonders Euch, Amos und Marian Prynn!« Er drehte sich zu den Untoten um und berührte die verweste Brust des Mannes leicht mit seinem Knotenstock. »Der erste Teil des Versprechens, das ich dir vor fünfhundert Jahren gab«, sagte er freundlich, »ist nun erfüllt. Du bist zum Turm gegangen und hast Marian wiedergefunden, getrieben von deiner unendlichen Liebe. Auch der zweite Teil des Versprechens - dass euch Gerechtigkeit werden soll - wird erfüllt werden, zusammen mit jenem Fluch, den ich am Teufelsturm über Nehemiah Oldham, den Hexenjäger, und seine Schergen legte.«
    Von Seymour Devlin kam ein ersticktes Keuchen. Zum ersten Mal seit vielen Minuten schien er wieder bewusst an dem teilzunehmen, was rings um ihn geschah. »Nehemiah Oldham? Der berüchtigte Mordbrenner, der unter dem Vorwand christlichen Tuns ganze Dörfer ausrottete?«
    Der Greis nickte. »Ihr habt Eure Hausaufgaben gut gemacht, Meister Seymour«, sagte er anerkennend. »Ja, von jenem Nehemiah Oldham spreche ich hier.«
    »Aber dieser Mann ist seit fünfhundert Jahren tot!«, stöhnte der Schriftsteller. »Was haben wir denn mit ihm zu schaffen? Und Sie nennen seinen Namen, als hätten Sie ihn persönlich gekannt! Wer - wer sind Sie?«
    Ein leises Lächeln stahl sich auf die raubvogelhaften Züge des Blinden. »Viele Fragen auf einmal«, sagte er mit sanftem Spott in der Stimme. »So wisset, Meister Seymour: Mein Name ist Ahasver, und man nennt mich den Ewigen Wanderer. Lest in den Legenden der Völker über mich nach, aber scheidet fein säuberlich Wahrheit und Irrtum!« Er hielt einen Herzschlag lang inne. »Und was Nehemiah Oldham angeht und Eure Verbindung mit ihm, so werde ich Euch zeigen, was damals geschah ...«
    Mit diesen Worten hob er den Knotenstock und vollführte eine seltsam kreisende Bewegung damit.
    Das Wissen legte sich über sie wie der herabsinkende Nebel über das Land.
    Nehemiah Oldham. William und Simon.
    Die Morde. Die Folterungen. Amos' Auspeitschung. Die Vergewaltigung Marian Prynns. Das Sterben ihres Kindes im Feuer. Das Einmauern im Teufelsturm. Das Setzen des Schlusssteins ...
    ... und der Fluch des Ewigen Wanderers!
    »Euer Geschlecht wird verflucht sein bis ins zwei Dutzendste Glied. Fünfhundert Jahre lang.«
    Die fünf Jahrhunderte waren vorüber.
    »Wir sind die Erben von Nehemiah Oldham, William und Simon?«, fragte Seymour Devlin in jähem Entsetzen.
    »Nicht alle«, sagte Ahasver. »Nicht alle.«
    »Aber - wer denn?« Dieser verzweifelte Aufschrei kam von Janice Land. »Bitte sagt es uns endlich!«
    »So sei es.« Ahasver stützte sich schwer auf seinen Knotenstock. »Der Fluch setzte sich immer über das Erstgeborene fort, ganz gleich, ob Junge oder Mädchen. Williams und Simons Linie endete in Spider und Billy-Boy, die ihren verdienten Tod bereits gefunden haben, der eine von der Hand Marians, der andere durch die Bewohner des Dorfes, das die Hexenjäger auslöschten. Nehemiah Oldhams Linie aber endet in Euch ... in Euch - und in Euch!«
    Und damit wies er ...
    ... auf den am Boden kauernden Jazz.
    ... auf Raven.
    ... auf Anne Devlin.
    »Drei?«, flüsterte die schwangere junge Frau. »Aber Ihr sagtet doch, immer das Erstgeborene! Wie ...?« Ihre Stimme erstarb.
    Ahasver erklärte: »Bald nach der Ausrottung des Dorfes Stratton-on-Thayne nahm sich Nehemiah Oldham ein Weib. Sie ward schwanger von ihm, doch bevor sie gebären konnte, starb sie im Fieber. Der Doktor schnitt ihr den Bauch auf und brachte so ihre Kinder zur Welt. Es waren Drillinge, und da sie alle drei genau zur selben Zeit das Licht der Welt erblickten, waren sie alle drei Erstgeborene. Und so spaltete sich die Linie des Fluches in drei Äste auf.«
    Atemloses Schweigen lag über dem Raum, nur unterbrochen von dem tierischen Knurren Jazz', bis schließlich Raven all seinen Mut zusammennahm und zu fragen wagte: »Und welches ist unsere Strafe dafür, dass wir die Urenkel eines Mörders sind?«
    Ahasver lächelte leicht. »Der hier«, dabei deutete er auf Jazz, »ist schon gerichtet. Er wird bis an sein unseliges Ende in einem jener Häuser leben, die Ihr Heilanstalten nennt, verfolgt

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