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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schwarm tödlicher Hornissen zu entgehen.
    Es wäre nicht nötig gewesen. Das Schicksal hatte den Kugeln ein völlig anderes Opfer zugedacht.
    Die Salve zersiebte die Couch, auf der Lefty lag.
    Und Lefty ebenfalls!
    Das Stakkatohämmern der Salve verklang. An seine Stelle trat ein anderes, nicht weniger Nerven zerfetzendes Geräusch - das Wimmern Jazz'.
    Der Anführer der Gangster hatte die Maschinenpistole losgelassen und kroch jetzt auf allen vieren zu dem hinüber, was von seinem Bruder übrig geblieben war. Sein Wimmern wurde immer verzweifelter, während er in einem untauglichen Versuch, die Blutungen zu stillen, über Leftys Körper tastete.
    Raven glaubte förmlich zu hören, wie etwas in Jazz' Gehirn auseinander brach. Er musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht selbst loszuschreien. Stattdessen konzentrierte er sich in einer schier übermenschlichen Anstrengung darauf, mit den Beinen nach der MPi zu angeln, die Jazz fallen gelassen hatte. Auch ein wahnsinniger Jazz konnte immer noch gefährlich werden, wenn er sein kleines »Spielzeug« zurückbekam.
    Raven schaffte es nicht. Die Maschinenpistole lag knapp außerhalb seiner Reichweite - um Zentimeter nur, aber diese Zentimeter hätten ebenso gut Kilometer sein können.
    Vielleicht, wenn er sich noch ein bisschen streckte und die Handgelenke ein kleines Stück in ihren Fesseln dehnte ...
    Aber zu diesem zweiten Versuch sollte es nicht mehr kommen. Der Privatdetektiv erstarrte mitten in der Bewegung, als sich die Tür des Wohnzimmers öffnete.
    Drei Gestalten traten hinein - zwei Untote, allem Anschein nach ein Mann und eine Frau - und Janice Land.
    Und hinter ihnen kroch etwas über die Schwelle, das auf albtraumhafte Weise einer mumifizierten menschlichen Hand ähnelte. Es war eine Hand - und erst jetzt bemerkte Raven, dass der untoten Frau die linke Hand fehlte. Sie war am Handgelenk abgebrochen!
    »Raven!«
    Mit einem glücklichen Aufschrei löste sich Janice aus dem stützenden Griff der beiden Untoten und humpelte zu dem Privatdetektiv hinüber, ohne darauf zu achten, dass sie dabei ihren dick angeschwollenen Knöchel über Gebühr belastete. Ein ungeheures Glücksgefühl überschwemmte Raven. Janice sah ziemlich mitgenommen aus, aber jetzt konnte es keinen Zweifel mehr geben: Sie lebte!
    Und sie war nach wie vor ein Mensch, keines jener Schattenwesen, in deren Mitte sie nach Hillcrest Manor gekommen war.
    Im nächsten Augenblick schlangen sich Janice' Arme um Ravens Nacken.
    »Oh Raven. Raven!«, schluchzte die junge Frau, als sich die Nervenanspannung der letzten Stunde mit einem Schlag entlud. »Ich hatte gedacht, du wärest tot! Oh, das war so schrecklich, so wahnsinnig schrecklich ...« Sie bedeckte Ravens schweißfeuchtes Gesicht mit unzähligen zärtlichen Küssen. »Und dann haben die Leute aus Stratton den Mann, der mich verfolgte, getötet ... Ich dachte schon, sie würden mich auch umbringen, aber stattdessen haben sie mir geholfen, mich gestützt, weil ich nicht richtig gehen konnte ... Und sie sind ganz zielstrebig nach Hillcrest Manor marschiert ... Raven, ich habe Angst, was hier und jetzt passieren wird ... Sie wollen Rache nehmen an irgendjemandem, so viel habe ich verstanden ...«
    In Ravens Kopf begannen die Gedanken zu wirbeln. Die Armee der Untoten stellte nach wie vor eine Bedrohung dar, auch wenn sie Janice nichts angetan hatte, soviel war klar. Aber da war auch noch eine andere Bedrohung, eine, die für Raven im Augenblick viel greifbarer war als jene der Schattenwesen.
    »Die Maschinenpistole«, flüsterte er heiser, damit Jazz' ihn ja nicht hörte. »Hol die Maschinenpistole, Janice!«
    »Ich denke, das wird nicht mehr nötig sein«, ertönte eine Stimme von der Tür her.
    Mit einem kleinen Laut der Angst drehte sich Janice um. Dadurch gab sie auch Raven den Blick auf die beiden Männer frei, die unter dem Türrahmen erschienen waren.
    Der Privatdetektiv sog ungläubig die Luft durch die Zähne ein. Einer der beiden Männer war alt, uralt sogar - ein gichtgebeugter Greis mit verwittertem Gesicht und wallenden weißen Haaren, dessen arthritische Finger sich wie Raubvogelklauen um den Griff eines handgeschnitzten Knotenstocks krallten. Er trug einen grauen Umhang, der aus grobem Stoff gewebt war und ihm die Erscheinung eines mittelalterlichen Pilgers verlieh. Auf keinen Fall gehörte er an diesen Ort - und in diese Zeit.
    Und er war blind.
    Für ihn schien sein Begleiter - eher noch ein Junge - mit seinen braunen, freundlichen

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