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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Thul Saduum.
    Der Ruf war erfolgt!
    Und sie hatten ihn gehört ...
    »Und wenn Sie mir hundert Pfund bieten, Mister«, sagte Macgillycaddy ernsthaft, »würde ich nicht mit Ihnen dorthinausgehen. Nicht einmal bei Tage, und erst recht nicht bei Nacht.« Er schüttelte den Kopf, trank einen mächtigen Schluck Ale und wischte sich mit dem Ärmel seiner Jacke den Schaum vom Mund. »Ich bin doch nicht verrückt!«
    Raven gab dem Wirt einen verstohlenen Wink, und ein neues Glas Ale erschien vor Macgillycaddy. »Aber es sind doch nur ein paar Steine, noch dazu in der Nähe von zwei Hauptverkehrsstraßen«, sagte Raven lächelnd. »Die tun doch keinem was, oder?« Er lachte. »Ich dachte immer, ihr lebt davon, Touristen nachts auf romantischen Fußpfaden hinauszuführen und ihnen dabei Schauergeschichten zu erzählen?«
    Macgillycaddy griente. »Stimmt schon, Mister, stimmt schon«, sagte er, durch die acht Glas Ale, die der komische Tourist aus London ihm in den letzten anderthalb Stunden spendiert hatte, redselig geworden. »Bloß ischt es ein Unterschied, ob man Schauergeschischten erschält, oder ob schie wirklisch paschieren!«
    Raven lächelte sanft. Macgillycaddy bekam offensichtlich langsam aber sicher die Wirkung des Alkohols zu spüren. Aber genau das wollte Raven ja erreichen. Er hatte so seine Methoden, wortkargen britischen Landsleuten die Zunge zu lösen.
    »Wirklich passieren?«, fragte er harmlos.
    »Aber schischer«, lallte Macgillycaddy. »Misch kriegen jedenfallsch keine schehn Pferde mehr da rausch. Nischt scheit der Schache mit Betty.« Er griff nach seinem Glas, leerte es in einem Zug und wehrte mit einer fahrigen Bewegung ab, als Raven automatisch nachbestellen wollte.
    »Wischen Schie, Mischter«, lallte er, »esch geht misch schwar nischt an, aber ... wasch intereschiert Schie eigentlisch scho an dieschem Trümmerhaufen, dasch Schie Ihr Leben dafür rischkieren? Schie können in jedem Probschlekt ... ups ... 'tschuldigung ... Proschpekt nachleschen, wasch esch da gibt. Ischt viel sch-schschischerer scho.«
    Macgillycaddy schwankte und hielt sich krampfhaft an der Theke fest, um nicht umzufallen. Seine Augen begannen allmählich glasig zu werden, und Raven hatte Mühe, seinem Gesicht den nötigen Ernst zu verleihen. Er hatte den Alten fast da, wo er ihn haben wollte. Er hob die Hand und bestellte ein weiteres Ale, ohne auf Macgillycaddys Protest zu achten.
    »Sind Sie sicher, dass Sie dem alten Säufer noch einen ausgeben wollen?«, fragte der Wirt, ohne daran zu denken, dass er damit sein eigenes Geschäft schädigte. »So voll, wie der ist, bringt der Sie sowieso nicht mehr nach Stonehenge. Und erst recht nicht zu Fuß. Der einzige Nachtmarsch, den der heute noch macht, ist nach Hause in sein Bett.« Er lachte dröhnend, als habe er einen besonders guten *Witz gemacht.
    »Wer sagt denn, dass ich heute Nacht da hin will?«, gab Raven trocken zurück.
    Der Wirt verschluckte sich fast an seinem Bier und starrte Raven aus großen, runden Augen an. »Ah?«, machte er schließlich.
    Raven lächelte. »So sehr«, sagte er, abrupt die Taktik wechselnd, »interessieren mich diese paar alten Steine auch wieder nicht.«
    Zufrieden registrierte er die Verblüffung auf dem Gesicht des Wirtes. Seine Taktik schien funktioniert zu haben. Raven hatte reichlich Erfahrung darin, wie man am besten Kontakt zu Menschen aufnimmt. Ein, zwei Stunden in einer Dorfkneipe, ein paar Freibier und eine zwanglose Unterhaltung (wobei es manchmal nicht das Schlechteste war, ab und an eine mysteriöse Bemerkung fallen zu lassen) waren immer noch die wirksamsten Methoden, das Eis zu brechen.
    »Was - was wollen Sie denn eigentlich?«, sagte der Wirt schließlich.
    »Informationen«, sagte Raven.
    Auf dem Gesicht des Wirts erschien ein misstrauischer Ausdruck. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Was sind Sie eigentlich, Mister?«, fragte er lauernd. »'n Schnüffler?«
    Wenn er diese Klippe nahm, das wusste Raven, dann war alles gelaufen.
    Er zuckte die Achseln. »Wenn Sie so wollen. Aber nicht so, wie Sie jetzt vielleicht denken. Trinken Sie ein Bier mit mir?«
    Der Wirt nickte, zapfte zwei neue Ale und nippte vorsichtig an seinem Glas. »Also?«
    »Vor zwei Wochen ist hier eine junge Frau ums Leben gekommen«, sagte Raven im Plauderton.
    »Und was geht Sie das an?«
    Raven legte eine genau bemessene Pause ein - nicht zu lange, um das Misstrauen des Wirtes nicht noch mehr zu schüren, aber gerade lang genug, um seine

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