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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ein Kampf bevor, wie du ihn noch nie in deinem Leben gekämpft hast. Boraas, ich rufe dich durch die Abgründe der Zeit, des Raumes und der Dimensionen. Bei deinem Namen, der mir Macht über dich gibt. Boraas! Boraas! Boraas! Drei Mal spreche ich den Namen, und du kannst nicht widerstehen. Komm herbei und sei mein Paladin gegen die Thul Saduum! Boraas! Boraas! Boraas!«
    War da nicht etwas, eine kaum merkliche Präsenz, gar nicht weit entfernt? Ein schwarzes, gestaltloses Wallen, beinahe wie der Umhang eines Schattenreiters? Und schnaubte dort nicht ein Pferd, trappelten da nicht Hufe über felsigen Untergrund?
    Eine Wagentür schlug zu. Unten auf der Auffahrt zu Sir Anthonys Haus wurden Stimmen laut, redeten wirr durcheinander. Die Reifen eines zweiten Wagens knirschten über den Kies, und dann trat jemand aus der Haustür und sagte ein paar Worte der Begrüßung.
    Aus seiner Trance gerissen, setzte sich Raven auf. Er kam sich mit einem mal unsagbar albern vor. Verwirrt schüttelte er den Kopf. Hatte er wirklich geglaubt, die Anwesenheit Boraas' zu spüren? Oder war er bloß einer Selbsttäuschung erlegen?
    Wie dem auch sein mochte, mit seiner Konzentration war es jetzt jedenfalls vorbei. Die Ankunft der beiden Wagen hatte ihn so nachhaltig in die Alltagswirklichkeit zurückgeholt, dass er sich kaum noch daran erinnern konnte, mit welchen Worten er Boraas anzurufen versucht hatte, geschweige denn, wie real seine Wahrnehmungen während der Beschwörung gewesen waren.
    Die Ankunft der beiden Wagen ...
    Jetzt erst begriff der Privatdetektiv, was die Stimmen bedeuteten, die er da unten vor dem Haus gehört hatte. Mit einem Satz war er aus dem Bett und lief auf bloßen Füßen zum Fenster.
    Die kalte Luft traf seinen nackten Körper wie ein Guss Eiswasser, als er die Scheibe hochschob und sich über das Fensterbrett beugte. Draußen herrschte der übliche Londoner Smog, sodass er kaum etwas zu erkennen vermochte, aber er meinte, trotzdem die eindrucksvolle Gestalt Jeff Targets auszumachen, die gerade unter dem Vordach der Veranda verschwand. Die anderen Besucher schienen sich bereits ins Innere des Hauses begeben zu haben, denn der kiesbestreute Platz lag wieder still und verlassen da - bis auf die beiden Polizeifahrzeuge, die mit brennenden Nebelleuchten auf dem Grunde des milchigen Sees kauerten.
    Bei den Neuankömmlingen handelte es sich um Card und seine Begleiter, daran konnte kein Zweifel bestehen. Und offenbar hatte Card seine Ankündigung wahr gemacht und Jeff Target vom Flughafen abgeholt. Aber war es ihm auch gelungen, Janice ausfindig zu machen und hierher zu bringen?
    Es gab nur eine Möglichkeit, diese Frage zu beantworten.
    Mit schnellen Schritten eilte Raven zu dem Stuhl, auf dem er in der Nacht seine Kleidung deponiert hatte, und zog sich in fieberhafter Hast an.
    Er war noch dabei, das Hemd in die Hose zu stopfen und den Gürtel zu schließen, da stürmte er auch schon hinaus auf den Flur und die Treppe hinunter. Seine Füße hämmerten ein ängstliches Ja-nice, Ja-nice auf dem Teppichbelag der Empfangshalle, als er an dem sichtlich indignierten Hives vorbeirannte und auf den Eingang zum kleinen Salon zustürzte, wo er Sir Anthony und seine Besucher vermutete.
    Seltsamerweise drang ihm durch die offen stehende Tür kein Stimmengewirr entgegen, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre, aber in seiner Aufregung achtete er nicht weiter darauf. Mit klopfendem Herzen blieb er im Türrahmen stehen und spähte hinein.
    In der Mitte des Raums standen acht Menschen und blickten ihm aufmerksam entgegen.
    Da waren der große, massige Sir Anthony, ihr Gastgeber, und die zierliche Hillary, seine Tochter.
    Da war Card, der kleine, kugelrunde, glatzköpfige Inspektor, mit dem ihn so etwas wie eine widerwillige Freundschaft verband.
    Da war Jeff Target, der hünenhafte Reporter aus den Vereinigten Staaten, der seinen Arm wie beschützend um eine Blondine gelegt hatte, die wie eine Mischung aus Marilyn Monroe und germanischer Reckin aussah und bestimmt einen halben Kopf größer war als Raven - wahrscheinlich jene Begleiterin, von der Card am Telefon schon gesprochen hatte.
    Da war ein farbloses Pärchen, das er nicht kannte und das wie die Fleisch gewordene Verkörperung des englischen Mittelstandes aussah.
    Und da war eine blond gelockte junge Frau, die beinahe verloren zwischen den anderen stand und ihn aus wasserblauen Augen so sehnsüchtig ansah, dass sein Mund trocken wurde und er zwischen Nasenflügeln und

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