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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bemessenen Nicken. Er war wirklich ein perfekter Butler. »Wünschen Sie Ihr Frühstück gemeinsam mit Sir Anthony und seiner Tochter einzunehmen? Ich soll es um zehn Uhr dreißig im kleinen Salon servieren. Miss Hillary ist ebenfalls gerade erst erwacht.«
    Jetzt brachte Raven doch so etwas wie ein Lächeln zustande. »Danke, Hives«, sagte er. »Ich denke, ich werde dann auch fertig sein. Legen Sie also ein drittes Gedeck für mich auf.«
    »Sehr wohl, Sir.« Der massige Kopf des Butlers verschwand wieder, und die Tür schloss sich fast lautlos hinter ihm.
    Raven stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus und strich sich das schweißverklebte Haar aus der Stirn. Er fühlte sich immer noch völlig aufgelöst.
    Der Albtraum hatte ihn vor allem deswegen so mitgenommen, weil er auf realen Ereignissen basierte, nämlich auf einer der lebensgefährlichen Begegnungen mit jenem Schattenreiter, der damals nach London gekommen war, um die Einhaltung eines magischen Paktes zu erzwingen, den er im Orient mit den beiden Engländern Jeffrey Candley und Paul Pendrose geschlossen hatte. Pendrose hatte den Bruch seines Versprechens mit dem Leben bezahlt, aber Jeffrey Candley war in letzter Sekunde von Raven vor seinem dämonischen Verfolger gerettet worden.
    Aus Dank dafür hatte der junge Geschäftsmann Raven jenen kunstvoll ziselierten orientalischen Dolch geschenkt, mit dem er dem Schattenreiter Menschenopfer hätte darbringen sollen. Das erste seiner potentiellen Opfer, Carolynn Marten, hieß inzwischen übrigens Carolynn Candley, und die beiden waren sehr glücklich miteinander. Der Dolch hing unterdessen an einem Ehrenplatz in Ravens Büro.
    Aber was hat Boraas in diesem Traum zu suchen gehabt?, überlegte Raven verwirrt. Boraas, der abtrünnige Schattenreiter, der Janice, Card, Kemmler und mich bei unserem Kampf gegen den Assassinen unterstützt und uns dann aus dem Schattenreich des Alten vom Berg zum Chat-el-Arab gebracht hat? Boraas, über den wir Macht hatten, weil er uns seinen wirklichen Namen genannt hatte, etwas, was Dämonen unweigerlich in die Hände von Sterblichen gibt?
    Vielleicht war es ja unsinnig, sich so lange mit diesem Traum zu beschäftigen, der auf den ersten Blick rein gar nichts mit der gegenwärtigen Situation zu tun hatte, aber etwas in Raven - ein Instinkt, den er in langen Jahren seiner beruflichen Tätigkeit als Detektiv kultiviert hatte - sagte ihm, dass der Traum von ungeheurer Wichtigkeit war.
    Ohne Boraas, erinnerte er sich, wäre es ihnen nie gelungen, den Assassinen zu besiegen. Ein Dämon hatte ihnen geholfen, einen anderen Dämon niederzuringen.
    Und plötzlich sah Raven Sir Anthony Giffords Gesicht vor sich, hörte noch einmal, was der Diplomat gestern bei ihrer Unterredung im Rauchzimmer gesagt hatte.
    » Wenn die Thul Saduum wirklich so mächtig sind, wie Sie behaupten - wer außer einem anderen Dämon hätte dann überhaupt noch eine Chance, sie zu besiegen?«
    Mit einem Mal wurde Ravens Mund ganz trocken.
    »Natürlich«, flüsterte er zu sich selbst. »Boraas. Das ist es.«
    Wenn es ihnen gelang, Boraas herbeizurufen, dann hatten sie vielleicht einen Verbündeten in ihrem schier aussichtslosen Kampf gegen die Thul Saduum.
    Aber sofort schlug Ravens Euphorie wieder in düstere Verzweiflung um. Hatte Boraas denn damals nicht verkündet, dass sie ihn nie wieder sehen würden? Bestand überhaupt eine Möglichkeit, dass er auf ihren Ruf antwortete?
    Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden: Raven musste es versuchen.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, ließ er sich wieder auf das Bett zurücksinken und schloss die Augen. Obwohl er sich nun schon seit einiger Zeit mit Eindringlingen aus dem Reich der Geister und Dämonen herumschlug - eine Folge des Fluches, der wegen der Missetaten seines Vorfahren Nehemiah Oldham auf ihm lastete -, hatte er sich nie besonders intensiv mit den klassischen Beschwörungsritualen beschäftigt, und er bezweifelte auch stark, dass ein einfaches Pentagramm bei einem Schattenreiter sehr viel genutzt hätte. Nein, wenn er Kontakt mit Boraas aufnehmen wollte, dann musste er sich allein darauf verlassen, dass er durch seine Kenntnis des wirklichen Namens immer noch Macht über Boraas hatte.
    Und darum begann er nun, diesen Namen wieder und wieder auszusprechen, verbunden durch Worte, die ihm wie von selbst in den Sinn kamen.
    »Boraas!«, flüsterte Raven. »Boraas, ich befehle dir, komm herbei! Ich, Raven, brauche deine Hilfe. Komm herbei, und dir steht

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