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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Geschichte ausgelöscht worden.
    Andere waren gekommen und irgendwann untergegangen und in Vergessenheit geraten; zuletzt der kleine Kirchenorden, der mit erstaunlicher Beharrlichkeit über mehrere Jahrhunderte hinweg seine Wächterfunktion erfüllt und all SEINEN Verlockungen widerstanden hatte.
    Bis zu dem großen Feuer.
    Seither war ES einsam.
    Der bitteren Ironie dieses Ereignisses war ES erst zu spät bewusst geworden. ES war frei, wurde nicht länger bewacht - und war dennoch hilflos. Dieselben, die IHM vorher seine Freiheit geraubt hatten, hatten ES auch über die lange Zeit SEINER Gefangenschaft hinweg mit einem winzigen Teil ihrer Lebensenergie gespeist. Nach ihrem Tod war auch ES schwächer und immer schwächer geworden.
    Wieder waren Jahrzehnte verstrichen, die ES nur in einem Dämmerzustand zwischen Tod und Leben verbracht hatte, aber was niemals gelebt hatte, konnte auch nicht sterben. Irgendwann würden wieder andere Zeiten kommen. ES kannte keine Ungeduld.
    Weltreiche stiegen auf und gingen wieder unter - und irgendwann spürte ES wieder Leben in seiner Nähe. ES fühlte, wie es von neuer Kraft erfüllt wurde, die die Menschen ihm verliehen. Die Zeit des Dämmerschlafes war vorüber.
    ES erwachte.
    »Verdammtes Gemäuer!«, fluchte Wilbur Cunningham und ließ seinen Blick missmutig zum Haus hinüberwandern. Noch einmal durchsuchte er alle seine Taschen, aber der Schlüsselbund blieb verschwunden.
    Er seufzt. Was hatte er erwartet? Er war noch nicht so verkalkt, dass ihm bei den beiden Malen, die er seine Taschen bereits vorher durchsucht hatte, der dicke Bund entgangen wäre, und die Schlüssel würden ihm auch kaum den Gefallen tun, auf wundersame Weise von allein in seine Taschen zurückzukehren. Irgendwo musste er den Bund verloren haben.
    »Verdammtes Drecksgemäuer!«, bekräftigte er noch einmal, aber alles Fluchen nutzte nichts, und im Grunde konnte auch das Haus nichts für sein Missgeschick.
    Trotzdem - was waren das bloß für Leute, die sich so einen riesigen, uralten und zum Teil ausgebrannten Klotz kauften und für vermutlich mehr Geld, als er im Laufe seines gesamten Lebens verdienen würde, renovierten, statt sich direkt eine chice, moderne Villa zu bauen? Ein Haus, das heutigem Standard entsprach, und in dem alles reibungslos funktionierte? Mit Häusern wie diesem hingegen, ganz egal, wie gründlich die Renovierung auch sein mochte, gab es immer Ärger.
    Nun, im Grunde sollte es ihm egal sein. Genau genommen sollte es ihm sogar nur Recht sein. Der Auftrag, sich um die Elektroinstallation des Hauses zu kümmern, war für seine kleine Firma genau zur richtigen Zeit gekommen und ziemlich lukrativ. Lukrativ genug, dass er zumindest für die nächste Zeit um den Bankrott wohl doch noch herumkam.
    Was ihn ärgerte, war nur die mit der Größe des Hauses verbundene Vielzahl an Plätzen, wo er den Schlüsselbund verloren haben konnte. Seine Arbeit war so gut wie abgeschlossen. Gerade an diesem Tag hatte er hauptsächlich Kontrollen durchgeführt. Hier eine Verteilerdose richtig befestigt, dort eine Steckdose oder eine Lampe - er war praktisch in jedem einzelnen Raum gewesen, und um fertig zu werden, hatte er noch ein paar Überstunden dran gehängt. Alle anderen genossen inzwischen längst ihren mehr oder weniger verdienten Feierabend.
    Verdrossen stapfte Wilbur auf die Tür zum Hauptflügel zu und trat in die große Eingangshalle. Es half nichts, er brauchte den Schlüssel, um seinen Wagen zu starten, und er brauchte ihn schnell, wenn er noch rechtzeitig zum Beginn von Godzilla zu Hause sein wollte.
    Er mochte Horrorfilme. Vor ein paar Tagen erst hatte er sich einen furchtbar schlechten alten Schinken um blutrünstige Skelette gesehen, die auf einer Insel zu neuem Leben erwachten und über die Menschen herfielen. Er hatte sich königlich amüsiert.
    Godzilla jedoch war ein anderes Kaliber. Schon als Kind war er ein Riesenfan japanischer Monsterfilme gewesen, war gewissermaßen mit ihnen aufgewachsen, und obwohl die schlechten Tricks und die meist erbärmliche Handlung mittlerweile niemanden mehr vom Hocker rissen, sah er sie sich aus Nostalgie immer noch gerne immer wieder mal an.
    An diesem Tag wurde jedoch nicht die hundertste Wiederholung eines der alten Schinken im Fernsehen ausgestrahlt, sondern die Godzilla-Neuverfilmung von Roland Emmerich. Zwar hatte er nicht allzu viel Positives darüber gehört, weshalb ihm das Geld bislang zu schade gewesen war, sich den Film auszuleihen, trotzdem

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