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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einem feinen Nieselregen bedeckte Scheibe in die Nacht hinaus, ohne etwas erkennen zu können. Lundgrens Antwort entmutigte ihn, aber er hatte mit einem Mal das Gefühl, trotzdem nicht mit seiner Geschichte hinter dem Berg halten zu dürfen. Er konnte diese Männer nicht auf Godsby landen lassen, ohne dass sie wenigstens in groben Umrissen wussten, was dort an Schrecklichem auf sie wartete.
    Das wäre so gewesen, als hätte er ein kleines Kind wissentlich mit verbundenen Augen in eine Maschinengewehrgarbe hineingeschickt.
    Langsam drehte sich der Detektiv wieder zu Stig Lundgren um und blickte ihm voll ins Gesicht. »Bist du denn wenigstens bereit, dich vom Gegenteil überzeugen zu lassen?«, erkundigte er sich tonlos.
    Sein plötzlicher Ernst schien den Chef von Riksmordkommissionen zu beeindrucken.
    »Du scheinst tatsächlich zu glauben, dass wir mit übernatürlichen Phänomenen konfrontiert werden könnten?«, fragte er.
    Als Raven düster nickte, legte sich ein ungläubiger Zug über sein Gesicht, und er schüttelte langsam den Kopf.
    »Vielleicht ist einer von uns beiden verrückt«, sagte er dann. »Versuch es.«
    Und Raven begann.
    »Barholm voraus!«
    Mit einer raschen Handbewegung unterbrach Stig Lundgren Raven mitten in seinem Redefluss. Ein langer Schritt brachte ihn zur Funkbude des Polizeiboots. Verwirrt verfolgte Raven, wie der Kommissar nach dem Mikro griff und es an den Mund hob.
    »Einsatzleiter an alle«, sagte Lundgren mit gedämpfter Stimme. »Wir haben Barholm erreicht, die Schäre, die Godsby unmittelbar vorgelagert ist. Scheinwerfer, Kabinenbeleuchtung und Zigaretten aus! Sobald wir Barholm umfahren haben, kann man uns sonst von Godsby aus trotz des Nebels so gut erkennen wie eine schwimmende Jul- Tanne . Und keine Gespräche an Deck, sofern es nicht dienstlich notwendig ist! Ich möchte, dass die Kerle erst von unserer Anwesenheit erfahren, wenn wir an ihre Haustür klopfen und ihnen den Durchsuchungsbefehl unter die Nase halten. Ich hoffe, wir haben uns verstanden. Einsatzleiter Ende.«
    Durch die Fenster der Rudergängerkabine konnte Raven verfolgen, wie auf dem eigenen Boot und an Bord der begleitenden Einheiten die Lichter erloschen. Ein Leichentuch aus Nacht und schmutzigtrübem Nebel legte sich über die kleine Flottille, und die beiden anderen Boote verschwanden wie Schemen in der Düsternis. Die Welt schien nun genau mit der Reling des Polizeiboots zu enden. Dass sie sich auf dem Wasser befanden und nicht schwerelos in einem unendlichen Nebelkosmos schwebten, ließ sich nur noch an dem sanften Glucksen der Wellen und dem leichten Schaukeln des Bootskörpers erkennen. Das einzige Licht an Bord stammte von den glosenden Instrumenten des Rudergängers. Der grüne und rote Schein der Kontrolllämpchen war gespenstisch fahl, und Raven fröstelte es erneut.
    Unmittelbar vor ihm tauchte eine dunkle Gestalt aus dem trüben Nebeldunst auf, der jetzt auch die Steuerkabine zu durchdringen begann, und verdeckte die Instrumente. Raven zuckte unwillkürlich zusammen, aber dann vernahm er die ruhige Stimme Stig Lundgrens an seinem Ohr: »So, jetzt kannst du weitererzählen. Entschuldige die Unterbrechung.«
    Ravens Augen hatten sich inzwischen an die abgeschwächte Beleuchtung gewöhnt, und er vermochte Stig Lundgrens Gesicht nun als vagen, hellen Fleck wenige Zentimeter vor seinem eigenen Gesicht zu erkennen. Welche Gefühle den Chef von Riksmordkommissionen allerdings bewegten, ließ sich von diesem Fleck nicht ablesen.
    »Ich war sowieso fast fertig«, sagte Raven langsam. »Ich wollte nur noch einmal mit besonderem Nachdruck darauf hinweisen, dass uns auf Godsby Phänomene begegnen könnten, die den normalen Erfahrungsbereich deiner Männer bei Weitem überschreiten. Und unseren auch. Deswegen wollte ich dich darum bitten, sie auf die möglichen Gefahren eines übersinnlichen Angriffs hinzuweisen, damit sie sich ...«
    Plötzlich konnte er sich nicht mehr dazu durchringen, den angefangenen Satz auch zu vollenden. Eigentlich hatte er sagen wollen: »... damit sie sich darauf vorbereiten können« - aber wie bereitete man sich auf einen mit übermenschlicher Macht geführten Angriff Schwarzer Magie vor?
    Stig Lundgren schien instinktiv zu begreifen, warum Raven nicht weitergesprochen hatte. In einer spontanen Geste legte er die Hand auf seine Schulter. Oder wollte er Raven durch diese Berührung nur beruhigen, weil er glaubte, die Nerven des Privatdetektivs seien überreizt, und er sehe daher

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