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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unmittelbar über dem Meer zu schweben. Graue, bauchige Regenwolken trieben vom Ozean her über die Insel, ließen die Trennlinie zwischen Himmel und Erde verschwimmen und tauchten die Landschaft in graues, dämmriges Licht.
    Janice seufzte. Vielleicht wäre es das Beste gewesen, Belders die Wahrheit zu erzählen. Aber wahrscheinlich hätte er ihnen kein Wort geglaubt. Ihr selbst fiel es ja manchmal noch schwer, an die Existenz von Geistern und Dämonen zu glauben, obwohl sie die Unheimlichen selbst gesehen hatte.
    Sie verließ das Zimmer, ging über die breite, geschwungene Treppe ins Erdgeschoss hinunter.
    Die Stille im Haus fiel ihr auf. Vorhin, als sie zurückgekommen war, hatte sie ein paar Worte mit dem Besitzer der Pension und seiner Frau gewechselt. Aus der Küche war das Klappern von Geschirr zu hören gewesen, und in dem kleinen Garten hinter dem Haus hatten zwei Kinder lärmend mit dem Haushund gespielt. Von alldem war jetzt nichts mehr zu hören.
    Und es war nicht nur die Stille.
    Janice spürte einfach, dass sie allein war. Das Haus war regelrecht mit Leere angefüllt.
    Sie schauderte. Der große, gemütlich eingerichtete Aufenthaltsraum erschien ihr plötzlich kalt und abstoßend, eine holzvertäfelte Gruft, die von klammer Feuchtigkeit erfüllt zu sein schien.
    Janice rief zweimal den Namen des Wirtes. Aber sie erhielt keine Antwort. Im Gegenteil - die Stille schien eher noch tiefer zu werden. Es war, als halte das Haus den Atem an und warte darauf, dass irgendetwas Unfassbares geschah.
    Janice schüttelte ärgerlich den Kopf. Wenn sie jetzt auch noch anfing, sich selbst verrückt zu machen ...
    Sie atmete tief ein, streckte die Hand nach der Klinke einer Tür aus und öffnete sie.
    Der Anblick der großen, peinlich aufgeräumten Küche enttäuschte sie fast. Durch die große, fast vollständig verglaste Südwand fiel trübes Zwielicht in den Raum, spiegelte sich auf den blank polierten Töpfen und Pfannen, die ringsum an Haken von den Wänden hingen, und zauberte weiche graue Schatten.
    Janice rief noch einmal nach dem Wirt, aber auch diesmal erhielt sie keine Antwort.
    Irgendwo auf dem Hof wieherte ein Pferd.
    Ein - Pferd?
    Janice blieb wie angewurzelt stehen. Die Angst sprang sie an wie ein wütendes Raubtier, schlug ihre Krallen in ihren Verstand und ließ sie aufstöhnen. Sie fuhr herum, blieb einen Moment lang wie gelähmt stehen und streckte dann die Hand nach der Klinke aus.
    Die Tür schlug wie von Geisterhänden bewegt zu.
    Janice stolperte entsetzt zurück. In der hohen, aufgerauten Glasscheibe spiegelte sich der Umriss ihres Körpers verzerrt wider. Aber nicht nur ihr eigener Körper. Hinter ihr bewegte sich ein gigantischer, grotesk verzerrter Schatten!
    Das Pferd wieherte erneut. Das Geräusch klang wie diabolisches Hohngelächter in ihren Ohren. Janice starrte den verzerrten Schatten in der Glasscheibe für zehn, fünfzehn Sekunden lang an, nahm dann allen Mut zusammen und drehte sich mit einem Ruck herum.
    Die Küche war leer.
    Und trotzdem spürte sie, dass sie nicht allein war. Etwas war hier im Raum, etwas Körperloses und Böses. Sie fühlte, dass sie von unsichtbaren Augen beobachtet wurde.
    Ein eisiger Schauer lief über ihren Rücken. Sie machte einen zögernden Schritt, blieb stehen und ging abermals weiter. Der Raum kam ihr plötzlich wie ein Gefängnis vor, eine enge, sterile Gefängniszelle, aus der es nur scheinbar ein Entkommen gab.
    Sie sah sich hastig nach einer Waffe um. Über dem Herd hingen Dutzende von blank polierten Messern, Fleischerbeilen und langen, an Degen erinnernden Fleischspießen. Sie ging zum Herd hinüber und streckte zögernd die Hand danach aus.
    Hinter ihr ertönte ein leises, böses Lachen.
    Janice erstarrte.
    »Närrin«, sagte eine Stimme. »Glaubst du wirklich, dich gegen uns wehren zu können?«
    Janice fuhr mit einem unterdrückten Aufschrei herum.
    Die Luft hinter ihr ballte sich zu schwarzen, wallenden Schwaden zusammen, formte Umrisse und bizarre Konturen, die kamen und wieder vergingen, immer wieder auseinandertrieben und sich neu formierten.
    Die Schattenreiter!, zuckte es durch Janice' Hirn. Sie sind hier!
    »Wie Recht du hast!«
    Das Wallen verdichtete sich, bildete einen hohen, mehr als sechs Fuß großen Umriss und schien endlich stabil zu werden. Nach einer Ewigkeit stand Janice der breitschultrigen Gestalt eines Schattenreiters gegenüber.
    Auch ohne sein Tier bildete der Reiter eine imposante Erscheinung. Seine Größe war schlecht zu

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