Raven - Schattenreiter (6 Romane)
seinen Gedanken hoch. Er drehte sich herum, lauschte und blickte dann zur Tür. Das Geräusch kam vom Flur her oder, besser gesagt, von der Wohnungstür.
Jemand machte sich am Schloss zu schaffen ...
Raven sah hastig zum Wandsafe hinüber, in dem seine Pistole lag. Aber es würde zu lange dauern, die Waffe hervorzuholen. Er umrundete vorsichtig seinen Schreibtisch, schlich auf Zehenspitzen durch den Raum und presste sich dicht neben der Tür an die Wand. Die Geräusche waren jetzt deutlicher zu hören - ein leises Klirren und Kratzen, hinter dem er unterdrücktes Stimmengemurmel wahrzunehmen glaubte. Dann klackte es hörbar, und die Tür schwang wenige Zentimeter nach innen. Der bleiche Lichtkreis einer Taschenlampe tastete über den Teppich und die Möbel, blieb einen Moment lang an der geschlossenen Durchgangstür zum Schlafzimmer hängen und erlosch dann.
Die Tür wurde weiter aufgeschoben, und erst eine, dann zwei und schließlich drei Gestalten schoben sich in die Wohnung.
»Scheint zu schlafen, unser Vögelchen«, vernahm Raven eine flüsternde Stimme.
»Still!«, zischte einer der beiden anderen. »Du musst ja nicht gleich das ganze Haus wecken.«
»Oh, das macht nichts«, sagte Raven laut. Er drückte die Tür hinter sich ins Schloss und schaltete das Licht ein. »Fühlt euch wie zu Hause, Jungs. Ich freue mich immer, wenn unerwartet Besuch kommt.«
Die drei Männer fuhren in einer einzigen, synchronen Bewegung herum und starrten Raven verblüfft an.
Raven kannte die drei Eindringlinge nicht, aber er wusste sofort, dass er es hier mit Berufsverbrechern zu tun hatte. Zwei von ihnen sahen genauso aus, wie man sich einen typischen Gorilla vorzustellen pflegt: groß, breitschultrig und mit einem Gesicht, das alles andere als intelligent wirkte. Der Dritte war kleiner, glatzköpfig und untersetzt bis fett.
»Dreht nicht gleich durch, Jungs«, sagte Raven ruhig. »Wenn ihr mit mir sprechen wollt - bitte. Aber macht keinen Lärm. Im Haus sind eine Menge Leute, die schlafen wollen.«
Einer der beiden Gorillas machte einen Schritt auf Raven zu, aber der kleine Dicke hielt ihn mit einer raschen Bewegung zurück. »Warte, Mallory«, sagte er hastig. »Hör dir erst an, was er zu sagen hat! Mr. Raven sieht aus wie jemand, der vernünftig genug ist zu erkennen, wann er verloren hat.«
Raven lächelte humorlos. »Freut mich, dass ihr meinen Namen kennt.«
»Es gibt nicht viele Schnüffler in der Stadt mit einem so auffälligen Wagen«, sagte der Gangster grinsend. »Allerdings wirst du nicht mehr lange Freude daran haben, wenn du Schwierigkeiten machst.«
Raven seufzte, stieß sich von der Tür ab und ging an den drei Ganoven vorbei zu seinem Schreibtisch. »Also, meine Herren - was kann ich für Sie tun? Die Zeit ist zwar ein wenig ungewöhnlich, aber ich bin für meine Klienten jederzeit zu sprechen.«
»Hör mit dem Blödsinn auf, Raven«, knurrte der Gangsterboss.
»Wieso Blödsinn? Ihr wolltet doch etwas von mir, oder?«
Chuck machte ein paar schnelle Schritte und baute sich drohend vor Raven auf. Zumindest versuchte er es.
Aber die Tatsache, dass er den Kopf in den Nacken legen musste, um Raven ins Gesicht zu schauen, verdarb ihm irgendwie den Effekt.
»Lasst mich raten«, sagte Raven mit einer Ruhe, die er ganz und gar nicht empfand. »Ihr gehört zu dem gleichen Verein wie die beiden, die meinen Freund Wilburn besucht haben.«
»Was weißt du davon?«, schnappte Mallory.
»Wahrscheinlich weniger als ihr«, sagte Raven. »Aber wenn ihr wegen des Buches gekommen seid, könnt ihr gleich wieder gehen. Ich habe es nicht.«
Chuck atmete hörbar ein. »Scheinst doch nicht so klug zu sein, wie ich dachte«, sinnierte er. »Sollte dir Wilburns Schicksal wirklich nicht gezeigt haben, was dir passieren kann, wenn du uns ins Handwerk pfuschst?«
Raven schüttelte den Kopf. »Kaum«, antwortete er. »Ich glaube kaum, dass ich vor Schreck einen Herzschlag bekomme.« Er grinste unverschämt, schob den Ganoven beiseite und ging zur Regalwand hinüber. »Aber ich mache euch einen Vorschlag«, sagte er, während er Flasche und Gläser vom Brett nahm. »Wir sind anscheinend alle an dem Buch interessiert. Arbeiten wir zusammen statt gegeneinander.« Er stellte vier frische Gläser auf den Tisch und goss ein.
»Warum überlässt du den Burschen nicht uns, Boss?«, fragte einer der beiden Gorillas. »Die blöden Sprüche werden ihm schon vergehen.«
Chuck winkte ärgerlich ab. »Warte einen Moment! Vielleicht hat
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