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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Verrückten?«, fragte Freeland, plötzlich hellhörig geworden. Natürlich hatten sie, ebenso wie alle anderen Streifenwagen der Stadt, Anweisung erhalten, auf einen Mann in einem weißen Kittel zu achten, der aus dem gerichtsmedizinischen Institut geflohen war und dabei einen Menschen getötet und vier weitere schwer verletzt hatte. Aber Freeland hatte nicht im Ernst damit gerechnet, den geheimnisvollen Killer wirklich zu Gesicht zu bekommen. Jemand, der so etwas fertigbrachte, würde nicht so dumm sein, in aller Gemütsruhe auf der Straße herumzuspazieren, während die halbe Stadt nach ihm suchte.
    »Also«, drängte er, als die Antwort ausblieb, »nun sag schon - war er es?«
    »Wir ...«
    »Das wissen wir nicht, Constabler Freeland«, drängte sich eine andere Stimme in die Funkverbindung. »Wir wissen nur, dass die Verbindung mit Wagen neununddreißig seit vier Minuten abgebrochen ist. Also führen Sie Ihren Befehl aus, und heben Sie sich weitere Fragen für später auf.«
    Freeland schluckte und nahm den Finger von der Sprechtaste, als hätte er ihn sich verbrannt. Sanders grinste eine halbe Sekunde lang schadenfroh und wurde übergangslos wieder ernst, als ihn Freelands bohrender Blick traf.
    »Wer war das?«, fragte er. »Diese andere Stimme?«
    »Sie kennen ihn nicht?«, fragte Freeland, während er bereits den Motor anließ und Beleuchtung und Blaulicht einschaltete. »Dann sind Sie der Einzige, der noch nie von Inspektor Card gehört hat. Er ist so etwas wie das private Schreckgespenst des Yards.« Er gab Gas und jagte den Wagen mit quietschenden Reifen die Straße hinunter.
    Es war nicht weit bis zur Kreuzung Kensington und Sorrow Lane, aber Freeland fuhr trotzdem, als wäre der Teufel höchstpersönlich hinter ihnen her. Zu Sanders' Verwunderung nahm er bereits eine Querstraße vor ihrem Ziel den Fuß vom Gas, schaltete das Blaulicht aus und ließ den Wagen langsamer weiterrollen.
    »Achten Sie auf die rechte Seite«, sagte er ruhig. »Ich nehme die andere.«
    Er nahm noch mehr Gas weg, und der Wagen kroch fast im Schritttempo über die menschenleere Straße, als sie endlich die Kensington Lane erreichten. Irgendwo, weit entfernt, klang das Heulen einer weiteren Polizeisirene auf.
    »Sieht so aus, als bekämen wir Verstärkung«, murmelte Freeland. »Card scheint wirklich mit dem Schlimmsten zu rechnen.«
    »Wegen eines einzelnen Mannes?«, zweifelte Sanders.
    »Eines Mannes?«, wiederholte Freeland. »Immerhin ist dieser Wilburn mit fünf Männern gleichzeitig fertig geworden«, erinnerte er. »Nicht schlecht für einen sechzigjährigen Bibliothekar, nicht?«
    Sanders wurde unter seiner künstlichen Sonnenbräune merklich blass und zog es vor, nichts mehr zu sagen.
    Freeland umklammerte das Lenkrad des Polizeiwagens fester und starrte aus zusammengekniffenen Augen nach draußen. Die Kensington Lane war eine typische Londoner Einkaufsstraße. Auf den beiden Straßenseiten drängte sich Geschäft an Geschäft, und wenn auch in den Fenstern darüber längst alle Lichter erloschen waren, so waren die Gehsteige durch die eingeschaltete Beleuchtung der Schaufenster trotzdem beinahe taghell erleuchtet.
    »Dort!«, sagte Sanders plötzlich. »Was ist das?«
    Freeland trat unwillkürlich auf die Bremse. Der Polizeiwagen kam mit einem harten Ruck zum Stehen, während Freeland angestrengt zu dem dunklen Gegenstand hinüberstarrte, auf den Sanders gedeutet hatte.
    »Ich - ich kann es nicht richtig erkennen«, murmelte er. Seine Hand tastete nach dem Schalthebel. Er legte den ersten Gang ein, lenkte den Wagen auf die rechte Fahrspur hinüber und ließ ihn langsam auf den massigen Gegenstand zurollen.
    Die beiden Männer schrien gleichzeitig auf, als Freeland das Fernlicht einschaltete. Die grellen Lichtbündel der Halogenscheinwerfer rissen gnadenlos jede noch so winzige Einzelheit aus dem Dunkel.
    Der Wagen sah aus, als stünde er seit zwanzig Jahren am Straßenrand und rostete unbeachtet vor sich hin. Die Fenster waren zerbrochen und mit einer dicken, festgebackenen Schmutzschicht überzogen, der Lack zerschrammt und von großen braunroten Rostflecken aufgesprengt. Die Räder hatten an einer Seite Luft verloren, was dem Fahrzeug eine merkliche Schräglage verlieh. Aber das blaue Blinklicht auf dem Dach und die aufgemalte Zahl neununddreißig waren noch deutlich zu erkennen.
    Sie - und die beiden mumifizierten Leichen hinter dem Steuer.
    Raven warf sich mit einer verzweifelten Anstrengung herum, zog die Knie an

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