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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Universitätsbibliothek hinaus.
    Die Bibliothek befand sich in einem großen, wuchtigen Sandsteingebäude, das noch aus der Epoche König Richards zu stammen schien. Mächtige Säulen trugen das weit ausladende Dach, und der breite, fast vier Meter hohe Eingang wurde von zwei steinernen Löwen flankiert, die Raven missbilligend zu mustern schienen, als er seinen Sportwagen direkt vor der Freitreppe abstellte und ausstieg.
    Drinnen herrschte eine Atmosphäre von Ruhe und Beschaulichkeit. Zwischen den deckenhohen Bücherregalen flitzten Dutzende von Menschen geschäftig umher, andere saßen, hinter Bergen von aufgeschlagenen Büchern und Folianten verborgen, an Tischen oder auf einfachen Sitzbänken. Ravens Mut sank, als er die endlosen Reihen säuberlich geordneter Bände sah. Und dies war nur einer von zahlreichen Räumen der Bibliothek.
    Aber schließlich gab es ja noch die Auskunft. Raven sah sich suchend um, entdeckte die lange, auf Hochglanz polierte Holztheke im Hintergrund des Raumes und steuerte zielbewusst darauf zu. Eine vielleicht vierzigjährige Frau sah von ihrer Arbeit auf, als Raven sich auf die Theke lehnte.
    »Sie wünschen?«, fragte sie.
    Raven zog das Buch aus der Tasche und legte es vor sich auf den Tisch.
    »Sie wollen ein Buch zurückbringen?«
    »Nein. Der Band gehört mir - beziehungsweise einem Bekannten von mir. Ich hätte nur gerne eine Auskunft.«
    In den Augen der Bibliothekarin glomm gelindes Interesse auf. »Und welche Art von Auskunft wünschen Sie?«
    Raven lächelte unsicher. Zwischen all dem komprimierten Wissen hier fühlte er sich plötzlich klein und unbeholfen. »Es geht um ... äh ... die Sprache.«
    »Sprache?«
    »Nun, das Buch scheint in einer alten Sprache abgefasst zu sein.«
    »Und Sie wünschen eine Übersetzung.« Sie schüttelte den Kopf. Eine steile Falte erschien zwischen ihren Brauen. Ohne die dickrandige Hornbrille, dachte Raven, würde sie vielleicht ganz gut aussehen. »Dafür sind wir hier leider nicht zuständig. Vielleicht wenden Sie sich an ...«
    Raven winkte hastig ab. »Sie verstehen mich falsch. Ich will keine Übersetzung. Mich interessiert im Grunde nur, um welche Sprache es sich überhaupt handelt. Sehen Sie, das Buch ist sehr alt, und ...«
    Die Bibliothekarin griff nach dem Band, blätterte ihn flüchtig durch und sah Raven dann nachdenklich an. »Sie scheinen Recht zu haben. Der Band ist sehr alt - eine Kostbarkeit. Sie sollten ihn nicht so achtlos in der Jackentasche mit sich herumtragen.« Sie überlegte einen Moment. »Vielleicht kann Ihnen Mr. Wilburn weiterhelfen.« Sie gab Raven den Band zurück und deutete tiefer in das Labyrinth aus Regalen und Büchergestellen hinein. »Den vierten Quergang rechts.«
    Raven bedankte sich, nahm den Band an sich und ging in die angegebene Richtung. Ein durchdringender, seltsamer Geruch schlug ihm entgegen, als er tiefer in die Bibliothek eindrang, jener seltsame Geruch, den alte Bücher ausströmen und den man in so konzentrierter Form nur in Bibliotheken antrifft. Den gleichen Geruch hatte er auch in Biggs' Wohnzimmer wahrgenommen.
    Er fand Wilburn auf Anhieb. Der Mann schien der Prototyp eines Bibliothekars zu sein - klein, schmächtig, mit grauem Haar und kleinen, ständig blinzelnden Augen.
    Raven erklärte ihm sein Problem und reichte ihm den Band.
    Der Ausdruck auf Wilburns Gesicht veränderte sich, als er das Buch aufschlug.
    »Wo - wo haben Sie den Band her?«, fragte er stockend.
    »Von Professor Biggs. Er ist ...«
    »Ich kenne ihn«, unterbrach ihn Wilburn hastig. »Und er hat Ihnen das Buch freiwillig gegeben?«
    »Warum nicht?«, sagte Raven. »Schließlich ist es nur eine alte Schwarte.«
    »Schwarte?«, kreischte Wilburn. »Sie haben ja keine Ahnung, wie wertvoll das Buch ist. Verkaufen Sie es?«
    Die Direktheit der Frage verblüffte Raven einen Moment lang. »Es gehört mir nicht«, sagte er schließlich. »Und außerdem - eigentlich wollte ich nur eine Auskunft, wissen Sie.«
    Wilburn nickte betrübt. Er hielt das Buch fast ehrfürchtig in der Hand und blätterte Seite um Seite um.
    »Ich fürchte, ich werde Ihnen nicht helfen können«, sagte er leise. »Ich weiß nicht, was für eine Sprache das ist. Die Schreibweise ist Altenglisch, sicher - aber die Worte ergeben keinen Sinn.«
    »Vielleicht ist es Keltisch oder so etwas«, vermutete Raven.
    Wilburn lächelte. »Seltsam, welche Vorstellungen manche Laien von alten Sprachen haben«, murmelte er. Raven hatte den Eindruck, dass die Worte

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