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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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folgte, war fast noch schrecklicher.
    »Dort ist er!«, brüllte Card. Er hetzte an Raven vorbei und zog im Laufen seinen Revolver.
    »Card!«, schrie Raven. »Bleiben Sie stehen! Er wird Sie umbringen!«
    Aber der Inspektor reagierte nicht. Mit einer Behändigkeit, die Raven ihm niemals zugetraut hätte, stürmte er auf die riesige weiß gekleidete Gestalt los.
    Und das Unglaubliche geschah: Lance erblickte den Inspektor, musterte ihn einen Herzschlag lang nachdenklich - und wandte sich zur Flucht!
    »Hinterher!«, brüllte Card. Er lief im Zickzack über den mit Steinen und Werkzeug übersäten Boden und flankte über eine Balkonbrüstung, als Lance das Gebäude verließ. Raven folgte ihm keuchend.
    Lance blieb einen Moment lang stehen, sah sich wild um und rannte dann in südlicher Richtung los. Card war keine zwanzig Meter mehr hinter ihm.
    Aber der Abstand vergrößerte sich zusehends. Lance schien den aufgeweichten Boden gar nicht zu berühren, sondern darüber hinwegzugleiten, während sich Card und Raven mühsam durch den zähen Schlamm vorwärtskämpfen mussten.
    Der Inspektor blieb schließlich schwer atmend stehen, spreizte die Beine und zielte mit dem Revolver auf den Rücken des Fliehenden. »Biggs!«, brüllte er. »Das ist die letzte Warnung! Bleiben Sie stehen!«
    Lance schlug einen Haken, rannte im Zickzack weiter und verschwand schließlich hinter einem aufgeworfenen Erdhügel.
    Card fluchte lauthals und rannte hinterher, so schnell es der aufgeweichte Boden zuließ. »Laufen Sie anders herum, Raven!«, brüllte er über die Schulter zurück. »Wir nehmen ihn in die Zange!«
    Raven wechselte den Kurs und spurtete los. Er hätte den Inspektor gerne gefragt, wie er Lance in die Zange nehmen wollte - Raven wurde das unbehagliche Gefühl nicht los, dass herkömmliche Waffen gegen den Unheimlichen nutzlos waren ...
    Raven umrundete den Erdhügel, stolperte über einen Balken, den er übersehen hatte, und schlug lang hin. Der weiche Boden dämpfte den Aufprall, aber Mund, Augen und Nase waren für einen Moment so mit Schlamm verschmiert, dass Raven zunächst damit beschäftigt war, nach Luft zu schnappen und sich den feuchtkalten Morast aus dem Gesicht zu wischen.
    Als er wieder einigermaßen zu Atem gekommen war, hörte er Cards wütenden Aufschrei. Er sprang auf, tastete im Laufen nach seinem Revolver und hetzte weiter.
    Card stand allein auf der anderen Seite des Hügels. Vor ihm gähnte ein schwarzes, kreisrundes Loch in der Erde.
    »Der Kerl ist in die Kanalisation geflohen«, sagte er wütend.
    Raven grinste. »Eins zu null für ihn.«
    »Meinen Sie?« Card funkelte ihn wütend an, ließ sich auf Hände und Knie niedersinken und kramte eine winzige Taschenlampe aus der Manteltasche. Ein dünner, zitternder Lichtstrahl fiel in den Schacht hinab.
    »Dort drüben ist eine Leiter«, knurrte der Inspektor. »Auf Ihrer Seite.« Er sprang auf, eilte um die Öffnung herum und tastete mit dem Fuß nach der obersten Sprosse.
    »Sie - Sie wollen doch nicht im Ernst da runter?!«, sagte Raven.
    »Aber selbstverständlich. Und Sie werden mich begleiten.« Card langte nach Ravens Arm, hielt sich daran fest und verschwand Stufe für Stufe in der Öffnung.
    Raven folgte ihm zögernd. Die Metallsprossen, die Card optimistisch als Leiter bezeichnet hatte, waren glitschig und feucht; einige knarrten vernehmlich unter seinem Gewicht. Unter ihnen rauschte es. Raven schielte flüchtig nach unten und sah träges, zäh fließendes Wasser im dünnen Schein von Cards Lampe aufblitzen.
    Nach einer Ewigkeit endete der Abstieg. Raven stand bis zu den Knien im Wasser, aber er war trotzdem froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Seine Hände schmerzten von dem rauen, rostzerfressenen Metall, an dem er sich festgeklammert hatte.
    Sie standen in einer niedrigen, runden Kammer. Aus Dutzenden von Zuflüssen sprudelte brackiges Abwasser zu ihnen hinein, aber es gab nur einen einzigen Gang, der groß genug war, einen Menschen aufzunehmen. Card leuchtete vorsichtig mit seiner Lampe hinein. Feuchte Ziegelsteinwände und schleimiger weißer Schimmelpilz erstrahlten im gelben Licht der Lampe. Ein durchdringender, süßlicher Verwesungsgeruch schlug ihnen entgegen.
    Raven verzog das Gesicht. »Genau das, was mir mein Arzt empfohlen hat«, murrte er. »Erst Schlammbäder, dann kalt duschen ...«
    Card grinste wortlos, zog den Kopf ein und drang mit vorgehaltener Lampe in den Stollen ein. Das Wasser war hier noch kälter und

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