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Raven (Shadow Force) (German Edition)

Raven (Shadow Force) (German Edition)

Titel: Raven (Shadow Force) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Mertz
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Er hatte weder Kraft noch Nerven für Diskussionen und seine Logik hatte sich längst verabschiedet.
    „Das ist kein Grund. Wie weit ist es noch?“
    „Einige Meilen musst du noch mit mir aushalten.“
    „Oder du mit mir.“ Sie grinste kurz.
    Die Sorge um ihn schien sie deutlich redseliger und lebhafter werden zu lassen. Wenigstens hatte sie kein Trauma erlitten, denn sonst hätte sie keinen Anteil an ihrer Umwelt und ihm genommen, geschweige denn frech grinsen können. Er würde ihre Hilfe bald benötigen, das stand momentan außer Frage.  
    „Soll ich nicht besser fahren? Dann kannst du dich ausruhen.“
    „Geht schon, ich fahre die Strecke selbst im Schlaf. Erwarte aber keinen Palast.“
    „Ich erwarte gar nichts“, konterte sie erstaunlich bissig.
    Wahrscheinlich nahm sie an, dass er in einer dunklen Kaschemme hauste und fette Ratten seine tierischen Nachbarn waren. Wirkte er so heruntergekommen auf sie? Okay, er konnte ganz sicher eine Rasur gebrauchen und das Fieber zehrte ihn aus. Er hatte bessere Tage erlebt.
    „Beim Camping ist´s auch nicht feudal.“
    „Du gehst campen ?“
    „Klar, ich nehme sogar Fische aus. Davor hat sich selbst Frank geekelt.“
    „Dicke Fische aus einem Bach oder Zweibeinige?“
    Ihre Lippen verzogen sich leicht, doch sie antwortete nicht und schenkte ihm einen betont würdevollen Blick, als stünde sie über diesen Dingen. Er spürte, dass seine Wangenmuskeln zuckten.
    Wie sie wohl aussah, wenn sie einen glitschigen Fisch ausnahm und auf Campingtour war? In einem Schlafsack nächtigte und sich in einem Wildbach badete? Er hatte angenommen, sie wäre eine Großstadtpflanze durch und durch, aber diese Vorstellung hatte was. Sein erotisches Kopfkino reagierte augenblicklich.
    „Deine Kräfte sind übrigens … bemerkenswert“, fuhr Lianne nach einer Weile fort.
    Raven versteifte sich, aber er konnte keine Spur von Ablehnung oder Sarkasmus in ihrer Stimme entdecken. Im Gegenteil. Er fühlte sich erleichtert. Warum auch immer. Wahrscheinlich lag es daran, dass er sich nicht verstellen musste und sie ihn so nahm, wie er war. Er war kein Außenseiter, wurde nicht abgeurteilt. Beinahe so wie im Team.
    „Eine nette Umschreibung.“
    „Danke, dass du mein Leben gerettet hast.“
    „Gern geschehen. Du hast dich revanchiert.“
    „Das ist kein Vergleich. Das werde ich dir jedenfalls nie vergessen, Raven.“ Jetzt lächelte sie sogar.
    Wie sie seinen Namen aussprach, klang verdammt gut. Da war etwas in ihrer Stimme, das ihm durch und durch ging. Ihn anrührte und zu fesseln vermochte.
    „Du kannst deine Schulden später … abarbeiten.“
    „Abarbeiten?“ Ihr Blick flackerte unstet und ihre Zunge fuhr kurz über ihre Lippen.
    Eine kleine Geste, die ihre Gedanken und innere Unruhe verriet. Er zwinkerte Lianne vielsagend zu, dann konzentrierte er sich wieder auf die Straße. Wahrscheinlich würde er genau so lange durchhalten, bis sie angekommen waren.
     
    *

Lianne hatte ganz sicher keinen Palast erwartet, aber auch nicht diese trostlose, heruntergekommene Fabrikhalle, in die Raven den Wagen steuerte. Noch immer brannten tausend Fragen auf ihrer Seele, aber sie hatte ihn möglichst in Ruhe gelassen und mit weiteren Fragen verschont. Das würde sie nachholen, sobald er sich ausgeruht hatte und wieder ansprechbar war. Sie spürte, dass er kurz vor dem körperlichen Zusammenbruch stand und sich mit großer Anstrengung bei Bewusstsein hielt. Vielleicht trug er das Fieber schon tagelang mit sich herum. Stur genug schien er zu sein, beratungs resistent dazu. Und so anziehend dabei, sie seufzte innerlich.
    Das große Rolltor öffnete sich mit einem protestierenden Quietschen wie von Geisterhand und sie ahnte, dass er über ähnlich e Kräfte verfügte wie ihr Bruder und diese gerade nutzte. So wie schon beim BMW ihrer Verfolger, den er mit einer einfachen Handbewegung aus der Bahn geworfen und in sein Verderben gelenkt hatte. Es erschreckte sie nicht und sein Geheimnis würde bei ihr sicher sein. Sie wusste, dass besonders begabte Menschen ihre Fähigkeiten lieber verborgen hielten. Mit gutem Grund. Andersartigkeit wurde in einer Gesellschaft aus rückgratlosen Lemmingen überkritisch gesehen und zumeist abgelehnt oder sogar gefürchtet.
    „Wir sind da“, kommentierte er überflüssigerweise und fuhr den Wagen durch das Tor und bis zum Ende der Halle.
    Dort standen zwei weitere Fahrzeuge, von denen eines ein original Thunderbird High-Back Oldtimer war. In Schwarz. Wow. Eine tolle

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