Raven (Shadow Force) (German Edition)
finden. Vielleicht würde Frank sie hören, wenn sie ihn telepathisch rief. Aber sie war viel zu durcheinander, um sich wirklich konzentrieren zu können. Immer wieder schickte sie ihm Gedanken und Worte, die bestenfalls als Nachrichtenfetzen bei ihm ankommen würden. Wenn überhaupt. Sie versagte, wenn es darauf ankam. Die Schmerzen in ihrem Kopf verstärkten sich. Egal. Sie kroch ein Stück in den Wagen hinein auf der Suche nach dem Handy. Mitten in der Suche spürte Lianne eine gefährliche Kälte in ihrem Inneren wie ein warnendes Vibrieren. Ihr Körper spannte sich augenblicklich an und schaltete auf Abwehr. Sie waren nicht allein. Irgendwer beobachtete sie und dieser Jemand schien nichts Gutes im Schilde zu führen. Erst jetzt kamen die Erinnerungen zurück. Buzz und sie waren eine Landstraße entlanggefahren auf dem Weg zum nächstgelegenen Bahnhof. Sie hatten sich unterhalten und Buzz hatte einen aktuellen Song am Radio lauter gedreht. In diesem Moment hatte wie aus dem Nichts kommend eine dunkel gekleidete Gestalt auf der Straße gestanden. Direkt vor dem Wagen. Sie erinnerte sich, dass Buzz aufgeschrien und vor Schreck das Lenkrad verrissen hatte. Sie erinnerte sich allerdings auch daran, dass sich der Wagen wie von Geisterhand getragen in die Luft gehoben und überschlagen hatte. Das war nicht mit rechten Dingen zugegangen. Sie hatten es hier mit einer übermenschlichen Kraft zu tun, die ihnen aufgelauert hatte. Hatte Buzz ihr nicht erklärt, dass die Gefahr gebannt sei? Die Hauptverdächtigen das Land verlassen hatten und der Bereichsleiter der früheren Shadow Force tot aufgefunden worden war? Anscheinend hatten sie und die anderen Agenten die Situation falsch eingeschätzt. Wer Wind sät, wird Sturm ernten. So hieß es schon in der Bibel. Irgendjemand schien mächtig verärgert und auf Rache aus zu sein. Und dieser Jemand musste sich ganz in der Nähe befinden.
In diesem Moment fühlte sie eine Bewegung hinter ihrem Rücken. Ruckartig fuhr sie herum und spürte den festen Griff einer Hand an ihrer Kehle. Sie bekam kaum noch Luft und wurde brutal einige Zentimeter in die Luft gehoben. Die Handfläche war eiskalt. Sie rang um Atem und blinzelte, weil die Sonne sie blendete. Grundgütiger, wer konnte so stark und blitzschnell wie ein Schatten sein?
Der Mann vor ihr war groß und sein hageres Gesicht bleich. Sein Haar wirkte farblos und gab ihm ein mysteriöses und abstraktes Äußeres. Er war nicht hässlich, keinesfalls, beinahe wie eine Manga Figur aus einem japanischen Comic. Aber seine Augen wirkten unheimlich und anteilnahmslos wie die Augen eines weißen Hais. Tödlich.
„Ich kriege … keine Luft mehr“ , brachte sie keuchend hervor.
Keine Antwort, keine Mimik. Aalglatt war dieser Typ. Würde er sie töten? Sie kannte diesen Menschen nicht. Er konnte keinen Grund haben, ihr wehzutun. Oder doch? In diesem Moment verzogen sich seine schmalen Lippen und er setzte sie wieder auf die Füße. Gierig sog sie Luft in ihre Lungen.
„Hallo , Lianne Morgan“ , begrüßte sie der Mann und ließ seine Hand auf ihrer Schulter liegen. „Schön, dass wir uns treffen.“
„Sollte ich Sie kennen?“, krächzte Lianne.
„Wir wurden uns bisher leider noch nicht vorgestellt. Mein Name ist Zoran.“ Er deutete eine Verbeugung an. „Zoran Balakov , der Erste.“
„Sie sind Zoran Balakov?“
„In voller Pracht.“ Jetzt lachte er sogar. „Und nein, ich habe das Land noch nicht verlassen. Das werde ich allerdings heute nachholen. Meine Schwester, ein paar Freunde und Mitarbeiter sind bereits vorgeflogen. Hier wurde es uns zu … explosiv. Das ist mehr als unerfreulich.“
Lianne war verblüfft und irritiert. Er plauderte in freundlichem Ton mit ihr, als sei das die normalste Sache der Welt. Sie konnte seine Hand nicht abschütteln, die auf ihrer Schulter lag und sie massierte. Das Schlimmste war allerdings die einnehmende Wirkung, die er auf sie erzielen konnte. Der Klang seiner Stimme war nuanciert und angenehm, sein Blick wirkte plötzlich nicht mehr eiskalt, sondern belustigt, interessiert und beinahe weich. Er hatte etwas Faszinierendes an sich. Etwas Fesselndes. Oder war es gar Hypnose? Manipulation auf jeden Fall, denn wie konnte sie einen Mann, der all das getan hatte, in ihrer unmittelbaren Nähe ertragen? Dieser Mann war ein Monster.
„Ich bin kein Monster, Lianne.“ Er war also in ihren Gedanken. Na toll.
Wieder lachte er. „Du bist irgendwie niedlich. Kein Wunder, dass sich Raven in dich
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