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Ravinia

Titel: Ravinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Gonzales? Walter Gonzales?«, rief der wolfartige Kommissar, während er sich durch einen mit alten Andenken von einem Leben auf See vollgestopften Flur bewegte.
    Der Genannte stürzte sich auf ihn, etwas, das Hermann Falter nicht besonders überraschte, dennoch ging er zu Boden, als er über eine Truhe stolperte.
    Walter Gonzales versetzte ihm einen Tritt und rappelte sich selbst wieder hoch, während er einen Schlüsselbund aus der Tasche zog.
    Er türmte in seine gute Seemannsstube und steckte mit bebenden Fingern einen Schlüssel in die Küchentür.
    Diesmal war es der Kommissar, der den anderen zu Boden warf. Der Schlüssel brach ab, was ein verzweifeltes Heulen des alten Seemanns zur Folge hatte.
    Der Jack Russel eilte zu seinem gestürzten Herrchen und leckte dem Verzweifelten die Hand in dem erbitterten Versuch, ihn irgendwie zu trösten.
    Falter richtete den Revolver auf den Alten.
    Â»Ich muss mit Ihnen reden«, wiederholte er ruhig, nicht im Mindesten außer Atem, was sein Gegenüber noch mehr zu erschrecken schien.
    Â»Nein«, schüttelte dieser den Kopf, den Tränen nahe. »Nein, nein. Sie werden von mir nichts erfahren. Die Konsequenzen … wissen Sie, die Konsequenzen wären …«
    Ein erneuter Tritt, und Falters Beine wurden weggefegt.
    Diesmal hatte er ihn überrascht.
    Nun gut.
    Er rollte sich ab, kam gerade wieder auf die Beine, als er eines seltsamen Geruchs gewahr wurde.
    Der Seemann überschüttete seinen breiten Brustkorb mit Petroleum aus einer alten Sturmlampe.
    Â»Nein!«, schrie Falter. »Nein!«
    Hastig steckte er den Revolver weg, der ihm nun auch nicht helfen würde. Ein Funke und …
    Â»Sie verstehen gar nichts«, hustete der Seemann, griff das Feuerzeug und zündete.
    Â»Halt!«, brüllte Falter aus Leibeskräften, doch zu spät. Der Mann ging in all seiner Verzweiflung in Flammen auf. Der Hund heulte auf, Angst um sein Herrchen in der Stimme.
    Das Fenster barst, als Walter Gonzales sich brennend hindurchwarf und auf die Straße polterte. Draußen waren Schreie zu vernehmen.
    Verflucht! Das war gründlich schiefgegangen.
    Walter Gonzales rannte panisch, von den Schmerzen des Feuers gejagt, in den Ort hinein. Weit würde er nicht kommen, so viel war klar. Die Chance war vertan.
    Verwirrt und verärgert schlug Falter die Wohnzimmertür zu und schloss sie mit einem eigenen Schlüssel wieder auf.
    Vor ihm lag Ravinia, dessen Gassen ein etwas freundlicheres und wärmeres Wetter zu bieten hatten als die schottische Westküste.
    Grübelnd und sich selbst verfluchend trat er hindurch, als ihn ein Geräusch innehalten ließ.
    Ein Fiepen.
    Er drehte sich um.
    Da saß der nun einsame Jack Russel Terrier und gab leise Töne der Trauer von sich.
    Ihre Blicke trafen sich. Und Hermann Falter war genug Wolf, um zu wissen, was in dem kleinen Hund vorging.
    Obwohl er wusste, dass ihm kaum Zeit blieb, bis jemand ins Haus kommen mochte, um nach dem Rechten zu sehen, hockte er sich hin, auf das Kopfsteinpflaster von Ravinia, und blickte nach Schottland hinüber in die Augen des verzweifelten kleinen Hundes.
    Â»Spot, richtig?«, erinnerte Falter sich laut an den Namen des Tiers. Der Kleine horchte auf.
    Â»Na komm her, Spot!«, überwand der Kommissar sich.
    Vorsichtig, etwas tapsig setzte der verwirrte Hund eine Pfote vor die nächste und gesellte sich unsicher zu dem wolfartigen Mann in die düstergoldene Stadt.
    Falter fuhr dem Tier mit der Hand über den Kopf, und der verwirrte und verängstigte Terrier wimmerte, während er sich an die Beine des Kommissars drückte.
    Spot.
    Jeder Mensch – oder jede Seele, in der es menschelt – braucht irgendwann in seinem Leben einmal Begleiter. In den bitteren Stunden besonders. Sie hatten beide gerade jemanden verloren, der sie ein Stück des Weges begleitet hatte. Vielleicht war dies ein guter Neuanfang.
    Falter gab der Tür einen Stoß, und sie fiel ins Schloss.
    Was für ein unangenehmer Tag.
    Er ließ seine Hand wieder über das Fell des Terriers gleiten.
    Spot.

11. Kapitel, in dem ein Licht angezündet wird, um die Vergangenheit ein wenig zu erhellen.
    Die Welt ist alles, was der Fall ist.
    Â  Ludwig Wittgenstein
    â€“ Erneuter Szenenwechsel.
    Wirklichkeit liegt in der Tat. So hatte Jean-Paul Sartre geschrieben. Welche schmerzliche Wahrheit darin lag, erfuhr Marcion nun in allen

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