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Ravinia

Titel: Ravinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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unternehmen.«
    Francesco bekam große Augen.
    Â»Das meinst du nicht ernst, oder?«
    Â»Natürlich.«
    Marcion holte etwas aus der Tasche, das aussah wie eine Kugel aus rotem Glas. Sie war durchscheinend und etwa so groß wie eine Billardkugel.
    Â»Weißt du, was das ist?«
    Francesco runzelte die Stirn.
    Â»Ein Kristall?«, fragte er.
    Marcion nickte eifrig.
    Â»Ein hörender Kristall. Ich habe Berrie nicht ganz die Wahrheit gesagt darüber, wie ich die junge Miss McLane gefunden habe.«
    Â»Du hast uns belauscht?«
    Francesco klang immer noch tonlos. So als grübele er während des Sprechens noch darüber, was Marcion ihm da erzählt hatte.
    Marcion hingegen lachte. Und plötzlich klang es wie eine gefährliche Mischung aus Triumph und Verzweiflung. Lara hätte später nicht mehr sagen können, ob es der Irrsinn oder die Tränen waren, die in seinen Augen aufflackerten. Sie wusste aber mit Sicherheit, dass sie Marcion dafür noch eine ziemlich lange Zeit hasste.
    Â»Ich hatte eigentlich keine Wahl«, meinte Marcion. Seine Stimme zitterte.
    Lee zog Lara unwillkürlich an einem Ärmel zu sich heran, aber Lara nahm es kaum wahr. Sie hatte nur Augen für Marcion, der mit den Schultern zuckte und hektisch um sich blickte. Lee begann, sich vorsichtig in alle Richtungen umzusehen.
    Â»Lara«, schallte es über den Hof. Erleichterung und Angst klangen in dem Ruf mit und noch so viel mehr.
    Sie kannte diese Stimme. So viel besser als jede andere.
    Â»Großvater!«
    Alle Blicke richteten sich auf das große Tor der ehemaligen Fabrikhalle, in dessen Rahmen Henry McLane stand. Nur der Mond ließ sein weißes Licht auf den alten Mann fallen, der selbst als Schemen keine wirklich gute Figur machte.
    Lee versuchte in der Drehbewegung noch Laras Ärmel zu erwischen, aber er war zu spät. Seine Intuition hatte eine halbe Sekunde zu spät eingesetzt, wofür er sich innerlich verfluchte. Und so lief Lara völlig ungehemmt in Richtung des großen Tores, dessen Flügel schon seit Jahrzehnten nicht mehr in ihren Angeln hingen.
    Doch sie hatte nicht einmal die halbe Strecke bis zu ihrem matten Großvater zurückgelegt, da kam ein Schatten und nahm die Welt mit sich. Er riss Henry McLane einfach um, auf der Stelle und mit entsetzlicher Wucht. Henry McLane wurde nach hinten geschleudert und hart aufgefangen von einer graziösen und furchtbar athletischen Figur.
    Der Mann, der Lara und Tom durch den Londoner Underground verfolgt hatte, hielt Laras Großvater in einem eisernen, unbarmherzigen Griff und schleifte ihn ein paar Schritte in Richtung Hofmitte.
    Lara ging mit einem markerschütternden Schrei, teils Schmerz, teils Schreck, teils Wut in die Knie. Der Schock saß tief. Augenblicke später war Lee bei ihr und hockte sich neben sie.
    Â»Was wollen Sie?«, fauchte er den Schatten an.
    Â»Lara McLane«, sagte der düstere Mann mit den langen schwarzen Haaren, ohne überhaupt auf Lee zu achten.
    In den Ecken des Hofes wurden helle Feuer in alten Tonnen entzündet. Alles wirkte wie eine geplante Inszenierung.
    Â»Sieh an, sieh an«, sagte eine süffisante Stimme, die wie Wüstenwind klang.
    Ein weiterer Mann trat hinter dem ersten hervor. Auch er hatte lange schwarze Haare, die ihm in feinen Korkenzieherlocken bis auf die Brust hingen. Außerdem hatte er eine lange, hakenförmige Nase und einen mediterranen Teint. Die Hände hatte er hinter seinem Rücken gefaltet, und ein langer schwarzer Mantel, behängt mit allerlei silbernem Schmuck, Talismanen und verschnörkelten Verzierungen, wehte hinter ihm her, als er langsam über den Hof auf die heulende Lara zuschritt.
    Â»Sieh an. Das ist also die Tochter der McLanes? Interessant.«
    Und Lara schrie all ihre Verzweiflung hinaus, während sich das diabolische Grinsen des zweiten Mannes unauslöschlich in ihr Gedächtnis einbrannte. Bereit, auf jedem Albtraum aller kommenden Nächte zu reiten wie der Sturm auf dem Meer.

8. Kapitel, in dem Verrat, neue und alte, richtige und falsche Freunde eine Rolle spielen.
    Dann haben des eigenen Rechts
    Und gewiss des himmlischen Feuers
    Gespottet die Trotzigen, dann erst
    Die sterblichen Pfade verachtend
    Verwegnes erwählt
    Und den Göttern gleich zu werden getrachtet.
    Â  Friedrich Hölderlin
    Der gute Wille ist ein Verräter.
    Nein, der gute Wille verrät sich nur selbst. Das Gegenteil von

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