Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze
wenigen
Sekunden in Stücke reißen.
»Soraya Mistral, ich habe für Sie noch ein Bett im
Gefangenen-Saal 12 frei.« Die Frau bleibt stehen und blickt auf ihren
Tablett-PC.
Ich räuspere mich. »Ähm, ich bin keine Gefangene.«
»So?« Sie dreht sich auf dem spitzen Hacken ihres
Schuhs in meine Richtung, hebt den Kopf und zieht eine dünne Augenbraue hoch. »Was
sind Sie dann? Arbeiterin wohl nicht.« Feindselig blickt sie mich mit ihren
eisgrauen Augen an, die so farblos wirken wie ihr aschfarbenes Haar, das sie zu
einem festen Knoten im Nacken zusammengebunden hat.
»Ich bin aus Erziehungsgründen hier«, piepse ich.
Die Frau klopft mit dem Zeigefinger auf das
Tablett, das sie in ihrer Hand hält. »Also eine aufmüpfige Schwererziehbare.«
»N-nein«, stottere ich.
»Nein?«, schnauzt sie mich an. »Sehr wohl. Sonst
wären Sie wohl nicht hier. Ich verspreche Ihnen, wir kriegen Sie klein. Es ist
immer dasselbe mit diesen Emporkömmlingen. Kaum geht es ihnen besser…«, sie
mustert mich abschätzig, »weil ein hochverdientes Mitglied unserer Gemeinschaft
einen Blick auf sie geworfen hat, dann werden sie auch schon unverschämt.«
»Wie können Sie das wissen?«
»Ich sehe es an Ihrem Blick, an Ihrer Haltung und
an Ihrer ganzen Art. Wollen wir doch mal sehen, was Sie gemacht haben.« Sie klackert
mit dem Fingernagel erneut auf die Platte. »Aha«, sagt sie gedehnt. »Da haben
wir es: Hochverrat!«
»Das Urteil wurde abgemildert. Damit ist es kein
Hoch…ver…«
Die Frau bohrt ihren spitzen Zeigefinger in die
Luft und zeigt dabei auf mich. Ich verstumme.
»Sie können froh sein, dass der Statthalter Cesare
Liberius höchstpersönlich seine schützende Hand über Sie hält. Zeigen Sie mehr
Dankbarkeit! Sein Sohn bürgt sogar für Sie und bezahlt Unterkunft und
Verpflegung.«
»Sicher wird er auch wollen, dass seine
Anweisungen eingehalten werden«, probiere ich zaghaft, auf meinen Beschützer
hinzuweisen.
»Schläft er mit Ihnen?«
Ich reiße die Augen auf. Was für eine unverschämte Frage.
»Hat es Sie die Sprache verschlagen? Fickt er sie?«
Grauenvoll, denke ich. So ein ordinäres Weib. Fick dich selbst!, möchte ich sie am
liebsten anbrüllen. Aber ich ahne, worauf sie hinaus will. Dann kann sie
behaupten, ich sei aufmüpfig, und wird mir eine gepfefferte Strafe verpassen.
Das hier ist schließlich ein Erziehungslager.
»Nein«, hauche ich und spüre wie meine Lippen und
meine Fingerspitzen vor Empörung zittern. »Wir sind erst frisch verlobt.«
Sie tritt näher, fasst mit einer Hand um meinen
Rücken und mit der anderen ungeniert auf meinen Bauch.
»Schwanger?«
Ich halte die Luft an und schüttele den Kopf.
Die Frau drückt noch einmal zu. Mir schießen die
Tränen in die Augen, denn mich holen die Schmerzen am Rücken wieder ein. Ich
darf mir nichts anmerken lassen, jagen mir die Gedanken durch den Kopf. Ruhig
bleiben!
»Verdammt. Können Sie nicht antworten?« Ein feiner
Spuckefaden landet auf meinem Gesicht.
»Nein, ich bin nicht schwanger«, zische ich und
bebe innerlich und äußerlich so sehr, dass ihre knorrige Hexenhand es sicher
fühlen kann.
Sie lässt mich los und baut sich vor mir auf. »Also
gut. Wenn der Bauch dick wird, werde ich es ja sehen. Ich notiere mir hier Ihre
Antwort. Gnade Ihnen Gott, der Allmächtige, wenn Sie mich belogen haben. Dann
werde ich höchstpersönlich dafür sorgen, dass Sie doch noch im Straflager
landen. Vorerst bringe ich Sie im Erziehungstrakt auf Station zwei unter.
Zimmer 23. Das teilen Sie sich mit drei weiteren Mädchen. Hier steht zwar, dass
Sie Erziehungsstufe Premium bekommen
sollen, aber im Stationsbereich eins ist gerade kein Zimmer frei.« Sie grinst
hinterhältig. »Lassen Sie sich nicht einfallen, sich bei ihrem Verlobten zu
beschweren. Stufe Standard ist gut
genug für Sie. Und glauben Sie mir, ich kann Ihnen das Leben hier zur Hölle
machen.«
Dessen bin ich mir sicher, und deshalb nicke ich
und senke den Blick. Mit einem flauen Gefühl im Magen folge ich ihr zur Station
zwei. Die Unterkunft liegt im Anbau in westlicher Richtung vom Hauptgebäude.
Wir bleiben vor einer Doppelflügeltür aus Eisen stehen.
»So, da sind wir. Luise Reisle wird sich um den
Rest kümmern.« Die Frau drückt eine Klingel, öffnet die Tür und schiebt mich in
einen menschenleeren Korridor. Hinter mir schlägt die Tür zu und ich stehe in
einem breiten Flur mit weißen Wänden und grauem, ölig riechendem Fußboden.
Links und rechts vom Gang befinden
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