Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze
Bleistiftabsätze.
»Hi Soraya.« Sie haucht mir Küsschen auf beide
Wangen.
»Hallo Babette.«
»Darf ich mich setzen?«
»Gerne.« Ich bin ein wenig sprachlos über ihre
höfliche Frage. Wirke ich so abweisend auf andere?
»Hast du es gehört?«, beginnt sie das Gespräch.
»Was denn?«
»Die Gills sind endlich angekommen. Kai hat es mir
gerade erzählt.«
»Woher weiß er das denn?«
»Sein Bruder ist dabei.«
»Uppsala.« Ich unterdrücke ein Grinsen. »Was macht
Kai dann hier bei den Erziehungszöglingen? Ist er das schwarze Schaf in der
Familie?«
»Nein.« Sie lacht. »Er hat Medikamente
geschmuggelt. Aber behalte das bloß für dich.«
»Ehrenwort. Ich schweige wie ein Grab. Konnte sein
Bruder da nichts für ihn tun?«
»Doch, konnte er.« Sie senkt die Stimme. »Er hat
alle Kontakte genutzt, die er hatte. Bis rauf zum Statthalter von Bezirk zwei.
»Wow. Du meinst Torare Kanzilus?«
Sie nickt. »Aber dummerweise hat Kai ausversehen
Medikamente an einen Demoganier verkauft.«
Sie tippt sich an die Stirn. »Saublöd gelaufen. Was?«
Ich muss husten und bin kurzzeitig nicht fähig zu
sprechen. Hektisch greife ich nach dem Saft und trinke. Verdammte Rebellen. Gibt es denn kein anderes Thema hier?
»Alles in Ordnung?« Babette runzelt die Stirn.
Ich nicke. »Steht auf Kollaboration mit dem Feind
nicht die Todesstrafe?«
»Ja, aber … wie gesagt … es war ein bedauerliches
Versehen, und das konnte er dem Richter klarmachen … seine Familie hatte
glücklicherweise allerbeste Kontakte und Reverenzen. Er hängt hier ein halbes
Jahr ab, und dann ist die Sache vergessen.«
Am liebsten möchte ich mich auf der Stelle übergeben,
so wütend bin ich. Kai Superschnösel
hängt hier ein wenig ab – sicher hat er keine zwanzig Hiebe mit dem
Familiensiegel des Statthalters kassiert.
Babette knetet ihre Finger. »Soraya, ehrlich,
denke nicht schlecht von ihm! Es war wirklich nur ein bedauerliches Versehen.
Kai war absolut ahnungslos.«
Glücklicherweise interpretiert Babette meinen wütenden
Blick falsch. Offenbar glaubt sie, ich sei sauer auf Kai, weil er mit Rebellen Geschäfte
gemacht hat.
Gut so. Falls mir Connor jemals
hinterherspionieren sollte, wird Barbie Stein und Bein schwören, dass ich eine
Rebellenhasserin bin. Und irgendwie bin ich das auch. Wenn ich könnte, würde
ich den Makel aus mir herausschneiden, er macht mir das Leben schwer, er hat
mich hierher ins Lager gebracht, und er bringt mich immer wieder in
Schwierigkeiten …
»Ja, sicher war Kai ahnungslos«, lenke ich ein und
zwinge mich zu einem Lächeln. »Wer kennt schon einen Demoganier?«
Endlich lehnt Babette sich wieder entspannt im
Stuhl zurück.
»Und? Stehst du auf ihn?«, versuche ich das Thema
zu wechseln.
Babettes Blick verfinstert sich. »Kai? Nein.
Machen wir uns nichts vor, diese Sache wird ihm wie ein Schatten ewig
nachhängen, wenn es um gewisse Posten geht. So was lässt sich nicht
abschütteln.«
Mir bleibt die Spucke weg. Barbie ist gar nicht so
blöd wie sie tut. Während ich auf dem tranigen Fleisch kaue, muss ich an Pa:ris
denken. Versaue ich ihm womöglich auch die Karriere, wenn ich seine Frau werde?
Bisher hat er das offenbar nicht bedacht, sonst hätte er sich von mir
abgewendet. Aber in der Zwischenzeit hatte sein Vater sehr wohl die
Gelegenheit, ihn darauf aufmerksam zu machen und auf ihn einzureden. Sicherlich
würde es die Sache zwischen uns vereinfachen, wenn Pa:ris plötzlich Abstand von
der Verlobung nähme. Ich könnte ein wenig schmollen und danach wären wir wieder
beste Freunde.
Endlich habe ich das zähe Fleisch heruntergewürgt.
Ich erhebe mich mit einem entschuldigenden Lächeln. »Babette, dieses
Zusatztraining bei Erikson, das schlaucht megamäßig. Du kennst ihn ja. Seine
Muskeln kennen keinen Schmerz, und er glaubt, anderen müsse es ebenso gehen.«
Babette wirkt enttäuscht. »Du willst schon gehen?«
Jetzt erst begreife ich, was sie eigentlich von
mir wollte. Ich beuge mich zu ihr hinunter und flüstere. »Sollte Pa:ris bei den
Gills dabei sein, wird es bestimmt eine Gelegenheit geben, die anderen
Elite-Gills kennenzulernen.« Ich zwinkere. »Natürlich mache ich euch bekannt.«
»Danke.« Sie lächelt erleichtert.
***
Am nächsten Morgen wälzt sich Kiki von einer auf
die andere Seite. Sie gähnt und murmelt, sie sei noch zu müde, um aufzustehen.
Alice hüpft von der Bettkante und verschwindet ausnahmsweise allein im Bad, aus
dem endlich unsere blonde Seekuh getrampelt
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