Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
Vom Netzwerk:
kommt. Ich gehe jede Wette ein,
dass die herzallerliebste Becky Fetty mal wieder das gesamte heiße Wasser aus
dem Boiler aufgebraucht hat und die arme Alice kalt duschen muss.
    Gleich lässt Becky bestimmt ihr Handtuch mitten im
Raum fallen. Ich rolle vorsorglich mit den Augen. Von meinem erhöhten Bettplatz
kann ich sie gut beobachten. Natürlich macht sie es – schlurft zum Spind und
kramt ihre Sachen hervor.
    Ich will mich nicht provozieren lassen, drehe den
Kopf in die andere Richtung und tue so, als sei die Kuh unsichtbar. Eigentlich
müsste ich mich für meine Gedanken schämen, aber meine wohlerzogene Seite
schläft an diesem Morgen wohl noch.
    Ausgiebig kämme ich meine verknotete Mähne. Ich
nehme ein langes, schwarzes Seidenband und flechte es mitsamt dem Haar zum
Zopf. Am Ende umwickle ich die widerspenstigen Locken mit den Zipfeln des
Stoffstreifens und ziehe den Knoten fest.
    Becky kommt vom Spind zurück. Sie wirft Hemd und
Hose aufs Bett. Als sähe sie mich gerade zum ersten Mal, legt sie den Kopf in
den Nacken und blinzelt mich an. »Was glotzt du so?«
    »Tue ich nicht.« Ich springe mit der Bürste in der
Hand vom Bett und lande direkt vor ihr. Becky ist einen Kopf kleiner als ich
und im selben Verhältnis fetter. Ich bin kurz davor, sie auf diesen Unterschied
hinzuweisen, beiße mir aber zu meiner Erleichterung im letzten Moment auf die
Lippe. Um keinen Preis will ich bei irgendwem auffallen. Schon mal gar nicht
bei diesem schrecklichen Mädchen. Dazu habe ich zu viel zu verbergen und zu
verlieren.
    Alice ist fertig mit Duschen und kommt raus. »Wasser
ist kalt«, sagt sie beinahe entschuldigend und hält mir die Tür auf.
    »Kein Problem.«
    Als ich im Bad verschwinde, huscht Kiki plötzlich
hinterher und schließt die Tür.
    »Soraya, isch will dir keine Angst machen, aber wo
hascht du dat Medaillon her, dat du Becky gegeben hascht?«, flüstert sie,
während sie Zahnpasta aus der Tube drückt.
    Im ersten Moment begreife ich den Ernst in ihrer
Stimme nicht. »Gegeben?« Ich verziehe das Gesicht. »So nennt man neuerdings
stehlen? Sehr witzig.«
    »Soraya, nüscht albern werden. Wichtig dat.« Sie
schiebt die Augenbrauen zusammen.
    In mir steigt Hitze auf, perlt in meinem Blut wie der
zu schnell getrunkene Prosecco an Pa:ris’ letzter Geburtstagsfeier. Das
Durcheinander in meinem Kopf lässt mich schwindeln. Schlagartig bin ich
hellwach. Zitternd greife ich nach der Waschbeckenkante. »Ich habe es geschenkt
bekommen.«
    »Geht esch genauer?« Kiki tritt näher und greift
nach meiner Schulter. »Isch will dir nüscht Böses, aber ehrlich, woher hascht
du dat Teil?«
    »Von meiner Mutter.« Ich zucke mit den Schultern. »Sie
hat es auf dem Trödelmarkt erstanden.«
    »Dann hat sie vermutlich nüscht davon gewuscht.«
    »Wovon?«
    An der Tür klopft es. »Seid ihr bald fertig?«,
ruft Alice. »Wir müssen in zwei Minuten zum Speisesaal.«
    Sie öffnet die Tür und sieht unsere ernsten Gesichter.
Wortlos wirft sie unsere Kleidung ins Bad und schließt die Tür. Gute Alice.
Ohne sich etwas anmerken zu lassen, wird sie Becky beschäftigen, damit wir in
Ruhe reden können.
    »Bitte nüscht falsch verstehen«, wispert Kiki und
ihr Augen wirken plötzlich tellergroß.
    Bei allen
Göttern, ein Ruck fährt mir durch die Glieder, Kiki hat Angst.
    »Tue ich nicht«, antworte ich und schlüpfe in die
Hose. Meine Hände zittern. Hoffentlich sieht Kiki das nicht. Kann sie nicht,
denn sie ist selbst mit Anziehen beschäftigt. Während sie das Hemd zuknöpft,
redet sie mit der Zahnbürste im Mund weiter.
    »Isch brauchte mal einen Unterschlupf … irgendwo.
Da habe isch nüscht gefragt, wer die
waren. Sie hatten Bilder von … toten Demoganiern … haben die Rebellen verehrt,
und …«
    Kiki macht eine Pause, tritt ans Waschbecken und
spuckt aus. »Isch bin mir sischer, dat Teil da gesehen zu haben … tut mir leid,
isch brauchte eine Weile, bisch mir dat wieder einfiel.«
    Die Tür fliegt auf. Reisle stemmt die Hände in die
Hüften. »Meine Damen. Braucht ihr heute eine Extraeinladung? Raus hier! Aber
dalli«, schnauzt sie uns an.
    Im Laufschritt folgen wir ihr. »Entschuldigung,
Frau Reisle«, rufe ich. »Alles meine Schuld. Ich habe vom Kampftraining
Muskelkater und kann mich kaum bewegen.«
    Reisle mustert mich. Sie runzelt die Stirn. »Erikson
ist ein Tier. Er findet jede Muskelfaser, auch die, von denen Sie bis gestern nichts
wussten. Ich lege Ihnen Salbe aufs Bett.«
    »Danke, sehr nett«, heuchele ich

Weitere Kostenlose Bücher