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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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zu uns. Ein Arbeiter zieht sie hoch. Dann rattern die
Räder unter dem Gewieher der galoppierenden Pferde auch schon weiter.
    Babette krabbelt auf allen Vieren zu mir rüber.
    »Geht es dir gut?«, rufe ich ihr zu.
    Sie nickt. »Ich habe mich unter einem Berg aus
Stroh versteckt.«
    »Wie klug von dir.«
    »Findest du?«
    »Ja! Ich war zu blöd dazu.«
    Sie zupft kokett an ihren Haaren. Ganz die
elegante Barbie, wie ich sie an meinem ersten Tag in der Erziehungsanstalt
kennengelernt habe.
    »Bei mir juckt alles vom Heu«, sagt sie.
    »Und ich verpasse Sport bei Erikson.«
    »Freu dich doch!«
    »Tue ich auch«, lüge ich.
    »Wollen wir gleich …?« Die letzten Worte
verschluckt das laute Rumpeln der Räder.
    »Waaas?«
    »Essen gehen?«
    »Geht nicht. Ich bin mit Connor verabredet.«
    Barbie grinst vielsagend.
    »Neiiin«, brülle ich und schüttele den Kopf. »Nicht
das, was du denkst.«
    Die Pferdehufe donnern über einen Steinweg, laut
knackend holpert der Erntewagen über die Schlaglöcher und rüttelt uns hin und
her. Den Rest der Rückfahrt schweigen wir.
    Endlich brüllt der Kutscher sein kräftiges »Hoho«
und die Rappen stehen still.
    »Brrr«, ruft jemand hinter uns und auch dieses
Gespann stoppt unter lautem Gewieher der Pferde. Das Fuhrwerk schlingert,
aufwirbelnder Staub raubt mir den Atem.
    Hustend springe ich vom aufgetürmten Heuhaufen und
laufe sofort los. Barbie folgt mir.
    »Ob ich die Sachen wohl behalten darf?«, rätselt
sie.
    »Gefallen sie dir so gut?«, mime ich die
Gleichgültige und zucke mit den Schultern.
    »Ja, vor allem die Lederhose ist echt cool.«
    Mir liegt auf der Zunge, sie zu fragen, ob sie
damit angeben will. Aber ich nicke brav. »Siehst wirklich cool darin aus.«
    »Vielleicht ist dein Verlobter endlich da«,
wechselt sie spontan das Thema.
    An Pa:ris habe ich seit Stunden nicht gedacht.
Überrascht huste ich. »Ja, das wäre schön«, heuchele ich und fühle mich
plötzlich elend. Ich hasse mich für meine Lügerei, aber ich kann nicht anders.
Niemand darf wissen, was ich denke. Dann bin ich verloren.
    »Barbie, ich muss dann los!«, rufe ich, biege ab
und laufe im Galopp zur Sporthalle. Ich trage keine passende Trainingskleidung
und bin verschwitzt und voller Staub, doch das alles ist mir egal – auch
Eriksons Schimpftirade, die gleich auf mich niederprasseln wird. Hauptsache,
ich kann Kill wenigstens ganz kurz sehen. Das würde mir den Tag retten.
    Vor der Tür atme ich einmal tief durch und
versuche vergeblich, mein zerzaustes Haar glatt zu streichen. Dann lege ich die
Hand auf den Türscanner. Das Lämpchen schaltet von Rot auf Grün und die Türen
rauschen zur Seite. Ich sprinte drei Schritte vor und pralle im nächsten Moment
irritiert zurück.
    Gefühlt sind es etwa hundert Gills, hundert
Augenpaare, die mich anstarren – vielleicht sogar tausend. In der Halle ist es
für zwei Sekunden still, dann drehen sich die Köpfe desinteressiert weg. Ein
Offizier kommt mir entgegen.
    »Ähm, entschuldigen Sie«, stottere ich. »Ich
dachte … ich habe normalerweise hier Training.«
    »Um wie viel Uhr?«
    »Sieben bis acht Uhr.«
    Der Mann zieht eine Augenbraue hoch. »Schon mal
was von Pünktlichkeit gehört?«
    »Ja, aber …«
    »Unterbrechen Sie mich nicht! Sie haben zu
schweigen, wenn Ihnen ein General etwas zu sagen hat.«
    Ach du
Scheiße, schießt es mir durch den Kopf. Ein
General. Betreten nicke ich und starre auf die vier Sterne, die auf seinen
Schulterstücken prangen und ihn als Befehlshaber der Kompanie ausweisen.
Ranghöher sind nur noch die Fünf-Sterne-Generäle, von denen jeder Stadtbezirk
einen hat.
    »Bei uns heißt das »Ja, Sir«, schreit der General mich
an.
    »Ja, Sir!«, antworte ich und mache mich steif.
    »Wären Sie pünktlich gewesen, dann hätte man Ihnen
sicher sagen können, dass die Halle vorübergehend für Spezialtraining besetzt
ist.«
    »Ah, ja … ähm … ja, Sir!«
    »Wie heißen Sie, Kadett?«
    »Ähm ich bin kein …«
    »Ihren Namen!«, brüllt der General und läuft im
Gesicht zornesrot an.
    Ich wage es nicht, ihm zu widersprechen. »Soraya
Mistral, Sir.«
    »Kadett Mistral, schreiben Sie sich das hinter die
Ohren: Der Feind wartet nicht auf Sie.«
    »Ja, Sir.« Automatisch, nein eher vor Schreck,
schlage ich die Hacken zusammen und lege die Hand an meinen Brustkorb. Mein
Herz klopft so heftig, als wolle es zwischen den Rippen herausspringen.
    »Wegtreten!«
    Mit angehaltenem Atem gehe ich zwei Schritte
rückwärts, drehe mich um

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