Raylan (German Edition)
in seine Richtung zu schauen, und schoss ihn, bäng, von der Treppe, sah, wie er, als er nach dem Geländer griff, den Revolver fallen ließ und die neun Stufen bis ganz nach unten stürzte. Cuba wartete ab, ob der nackte Mann sich noch bewegte, er lag mit merkwürdig abgeknicktem rechtem Arm, wahrscheinlich gebrochen, bäuchlings auf dem Flickenteppich, der sich mit seinem Blut vollsog. Cuba wartete geraume Zeit, wandte sich dann zum Flur, der zur Küche führte, und rief: »Rita ...?« Wartete und rief erneut: »Wo steckst du, Mädchen?«
Sie kam aus der Küche und trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. Cuba sah, wie sie die Augen auf die quer über das Sofa gefallenen Brüder richtete; wie sie sich über den alten Mann stellte. Cubas Blick heftete sich auf ihren Arsch, den weißen Minirock auf ihrer schwarzen Haut. Sie hatte diese aufreizende Sorte Arsch, die schlanke schwarze Mädchen gerne betont herausstrecken. Cuba sah, wie sie sich hinabbeugte, um dem alten Mann auf dem Fußboden das Geschirrtuch aufs Gesicht zu legen, und befahl sich, sie zu erschießen, die Sache zu Ende zu bringen. Stattdessen verspürte er das Bedürfnis, etwas zu sagen, und sagte: »Ich glaube, er hat sich den Arm gebrochen.«
»Oh«, sagte Rita, »ist das alles? Ich hätte geschworen, Sie haben den Mister und die Jungs erschossen. Eine Kugel für jeden – ziemlich gut. Keine Ahnung, warum Sie den Alten umgelegt haben, wahrscheinlich hat Ihnen jemand gutes Geld bezahlt. Falls Sie einfach nur scheiß Laune haben, hätten Sie’s auch bei den Jungs belassen können.« Dann sagte sie: »Hören Sie auf, dieses Ding auf mich zu richten. Stecken Sie’s weg. Ich kenne Sie nicht und Sie kennen mich nicht, in Ordnung?«
Cuba fragte: »Wie soll ich wissen, ob du nicht die Polizei rufst?«, und fühlte sich richtig dämlich dabei.
»Klar, ich ruf da an und sage, ich möchte drei Morde melden. Der Mann am anderen Ende will wissen, wer dran ist. Und ich sage, ich bin’s, die, die sich in euern Apotheken Stoff beschafft, auf Rezepte, die ein Arzt gegen Sex ausstellt. Ich sage zu ihm, sehen Sie sich einfach das Bild von mir an, das bei Ihnen an der Wand hängt.« Sie sagte: »Süßer, der Mister war mein Retter, aber er ist tot, und wir sind quitt.«
»Musstest du mit ihm schlafen?«
»Nur ein Mal pro Woche, häufiger hat der keinen hochgekriegt. Sie hätten ihn ächzen hören sollen, klang, als würde er einen festgefahrenen Wagen aus dem Schlamm schieben.«
»Aber du hast ja was dafür bekommen«, sagte Cuba. »Ich weiß, der Alte hat dir jeden Tag einen Hunderter ausbezahlt, ob mit oder ohne Ficken. Drei Jahre lang. Wie viel ist da zusammengekommen?«
Rita sagte: »Sie können eine Autotür zuschlagen, während meine Hand drinsteckt, ich werde nicht sagen, wo die Kohle ist. Sie können mich höchstens als Geisel nehmen. Aber dann wissen Sie’s immer noch nicht. Ich will mein Geld behalten, scheiß drauf, was Sie machen.«
Cuba sagte: »Hey, wir sind Freunde, wir vertrauen einander. Ich hab zwar schon was laufen mit einer klasse Frau. Aber ich würde nicht behaupten, dass du mich nicht in Versuchung führst.«
»Ihr seid richtig zusammen?«
»Wir stehen uns nah.«
»Sie ist weiß, oder? Sind Sie einer von denen, die sich für was ganz Besonderes halten, wenn sie eine weiße Tussi dazu kriegen, sie zu ficken?«
»Ach, leck mich doch«, sagte Cuba, und sie mussten beide lachen.
»Sie ist toll, sie ist cool ...«
»Hat Kohle?«
»Kohle verdienen wir zusammen.«
»Drogen?«
»Nein, Nieren«, sagte Cuba, um sie zum Schweigen zu bringen.
Aber Rita sagte, jetzt ernst und nachdenklich: »Schräg. Sie nehmen also Leuten die Nieren raus und lassen sie sterben?«
»Wir verkaufen sie ihnen am nächsten Tag zurück.«
»Cool. Für wie viel?«
Cuba sagte: »Ich muss los, sollte mal langsam sehen, dass ich hier wegkomme. Solltest du auch, wenn es stimmt, dass du gesucht wirst.«
»Weiß ich nicht so genau«, sagte Rita. »Ich denk mir was aus. Schicken Sie mir doch mal eine Postkarte und schreiben, wasSie so treiben, ja?« Sie küsste ihn, alles andere als schlecht. Sie wusste, wie man’s macht.
Rita machte die Tür hinter ihm zu und schloss ab, eilte zu ihrem Mister, hielt ihr Gesicht nah an seins und hörte ihn atmen. Sie hatte es gewusst. Niemand brachte diesen zähen Hund mit nur einem Schuss um. Rita sagte zu ihm: »Liebling, beweg dich nicht. Ich bring dich ins Krankenhaus.«
Das Knox County Hospital holte die
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