Raylan (German Edition)
ihren Bonus gegeben.«
Raylan hörte, wie von innen gegen das Autofenster geklopft wurde.
»Dann will ich sie mal rauslassen«, sagte Reggie. »Der Mann ist zu reich, um die Tür selbst aufzumachen. Irgendwer muss ihm erzählt haben, dass jemand mit so viel Geld nichts selbst tun muss, wenn er nicht will. Dumm wie Brot ist er trotzdem. Manchmal frage ich mich, ob er nur so naiv tut.«
Reggie öffnete den Wagenschlag, und der kleine Casper Mott stieg aus und grinste Raylan an. »Mensch, Junge, gut sehen Sie aus. Ms. Conlan hat uns erzählt, dass Sie ihr Leibwächter sind.« Ohne den Mund zu bewegen, fügte er hinzu: »Ich würde so nah wie möglich an Carol dranbleiben, aber ihr kein einziges Wort glauben.« Er streckte die Hände nach oben und zogRaylan in eine Umarmung. »Hey, ich habe einen Gast dabei, der ein alter Freund von Ihnen ist.«
Er drehte sich zum Auto, und mit eingezogenem Kopf stieg jemand aus, von dem Raylan zuerst nur das immer gleich gescheitelte Toupet sah.
»Mr. Pervis Crowe«, sagte Casper.
Und da war er tatsächlich, trug ein Jackett mit breitem Revers, eine Krawatte und sein Toupet. Jetzt war er also ein alter Freund? Pervis griff nach Raylans Hand und sagte: »Über manches waren wir vielleicht nicht einer Meinung, aber ich habe Sie immer für einen guten Mann gehalten. Sogar, als Sie mir erzählt haben, dass meine Jungs mit Nieren handeln. Sie sind immer Sie selbst geblieben und haben nie an die große Glocke gehängt, wie schlau Sie sind.«
Raylan sagte: »Das mit Ihren Söhnen tut mir leid.«
Pervis hob abwehrend die Hand. »Ich war es, der zugelassen hat, dass sie solche Schwachköpfe geworden sind. Sie hatten mehr als genug Zeit, um ihr Leben auf die Reihe zu kriegen, ich nehme also niemandem etwas übel. Ich schwöre, ich konnte es kaum aushalten, sie um mich zu haben.«
»Ich habe Pervis für heute mitgenommen«, sagte Casper. »Morgen muss er wieder zu Hause sein – Rita kommt. Alle zwei Wochen kommt sie ihn besuchen, man kann die Uhr danach stellen.«
Raylan warf einen Blick auf Pervis, der alles gehört hatte, sich aber nicht daran zu stören schien.
»Dann zieht sie sich ihre Hausmädchenuniform an«, sagte Casper, »und sie und Pervis spielen den ganzen Tag Vater-Mutter-Kind.«
Raylan sah zu Pervis. »Ist es in Ordnung für Sie, dass er so viel Privates ausplaudert?«
»Wenn er so redet, klingt er wie eine Frau. Jeder weiß, dass sie jahrelang bei mir gewohnt hat. Ich habe sie ins Geschäft gebracht.« Und fügte hinzu: »Rita ist die klügste Dealerin im ganzen Land.«
»Ich«, sagte Casper zu Raylan, »will meinem alten Kumpel hier nur zeigen, wie man reich wird.«
»Ich«, sagte Pervis, »habe genug, auch ohne dass ich meinen Grundbesitz verkaufe.«
Jetzt stieg Carol ebenfalls aus dem Wagen.
Raylan hörte sie zu Casper sagen: »Ich bin nicht hier, um Mr. Crowe ein Angebot zu machen. Das habe ich dir doch gesagt. Meine Aufgabe ist es, Beschwerden entgegenzunehmen und Konflikte zu bereinigen. Mir anzuhören, was die Bergleute gegen das Unternehmen haben, das ihnen Arbeit gibt.«
Casper grinste. »Süße, ich kenne dich, schließlich habe ich dir schon am Verhandlungstisch gegenübergesessen. Du wirst alle Waffen einer Frau gegen Mr. Crowe auffahren und ihn dazu bringen, dass er verkauft.«
»Dürfte ich fragen«, sagte Raylan, »worum es hier eigentlich geht?«
»Um den Black Mountain«, sagte Casper, »den höchsten Berg in Kentucky. Er gehört Pervis.«
Achtzehntes Kapitel
A ls sie die Schule betreten hatten und Leute auf dem Korridor sich nach ihnen umdrehten, sagte Raylan nah an ihrem Ohr: »Ich hatte mich schon gefragt, was Sie da im Auto machen. Sie haben eine andere Hose angezogen.«
Carol sagte: »Das hat außer Ihnen niemand bemerkt.«
»Den Unterschied zwischen einer Leinenhose und einer Levi’s für neunundvierzig Dollar kann ich gerade noch erkennen.«
Die Jeans hatte sie in einer Tüte mitgebracht gehabt; sie saß wie angegossen. Erst behielt Raylan die Beobachtung noch für sich, aber dann konnte er sich doch nicht verkneifen zu sagen: »So ein Riss über dem Knie ist ja gerade sehr angesagt.«
»Sie können einen ganz schön nerven«, sagte Carol, »aber ich lasse Sie trotzdem nicht gehen. Ich möchte, dass Sie seitlich an der Bühne stehen, da, wo ich Sie sehen kann. Ich werde Sie brauchen, Raylan, Sie sind hier sehr beliebt. Mit Ihnen werde ich einen Treffer landen, das wird fast noch zum Heimspiel.«
»Ich habe also meine Zeit als
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